Ausflugslokale rund um den Pichelswerder

1901-08-19 Koeniggraetzer Karten klein aRund um den Pichelswerder gab es im letzten Jahrhundert zahlreiche Ausflugslokale. Davon ist heute leider (fast) nichts mehr übriggeblieben. Heute ist das Gebiet am Pichelssee und am Stößensee von Wassersportvereinen und Kleingärten geprägt. Hinzu kommen inzwischen auch einige kommerzielle Fereinhausbootvermieter.

Mit den Aufkommen der zahlreichen Ausflugslokale begann aber leider auch die Urbansierung des Gebietes rund um den Pichelswerder, welches dann durch die Zerschneidung des Stößensees durch einen künstlich geschaffenen Damms für die Heerstraße über die Jahrzehnte hinweg selbst Opfer derselbigen wurde, siehe auch Seite „Verkehr„. Spandau wurde 1920 in „Groß-Berlin“ eingemeinndet. Um 1900 war der Pichelsberger jwd, für Ausflügler eigentlich zu erreichen nur über Dampfer, heute ist er ein Durchgangsgebiet in den westlichen Speckgürtel und nur wenige Teile des Stößensees sind für Wandernde frei zugänglich, der nördliche Seeteil ist für Wandernde sogar völlig verschlossen.

Die Geschichte der ehemaligen zahlreichen Lokale ist zum Teil sehr wechselhaft. Gebeäudekörper stehen heute zum Teil nicht mehr oder wurden verändert und werden heute anders genutzt. Zum Teil lagen die Lokale auch nebeneinander, so dass es im nachhinein schwierig ist, sie im Detail abzugrenzen.

Historische Beschreibungen:

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Die ehemalige Gastwirtschaft Königgrätzer Garten ist in ein Bootshaus der Siemenswerke umgewandelt worden. Das Restaurant war ursprünglich ein Wohnhaus für den Floßwärter und gehörte zur Schmiede, die am Westufer des Werders, am Pichelssee, stand (heutige Lokale). In ihr wurden die großen Äxte, Floßnägel, Floßketten, Krammen, Klammern und Eisenteile geschmiedet, die zum Befestigen der großen Baumflöße dienten, denn von 1675 ab waren der Pichelssee und der Stößensee Hauptablageplätze des preußischen Holzhandels. Hier lagerten im Wasser oft viele Jahre hindurch ungeheure Mengen Floßholz, das von hier aus auf dem Wasserwege weiter verfrachtet wurde. Zum Schmiedebetrieb gehörten 4 Floßwärter, von denen einer im gebäude des Königgrätzer Gartens wohnte. Ende des 18. Jahrhunderts wurde durch den Forstfiskus das Holzmonopol aufgegeben und der staatliche Holzhandel ging durch Kauf an den letzten Direktor des Monopols Baron von Gröditzberg über. Auch die Schmiede mit den Flößwärterhäusern kam in seinen Besitz. Gröditzberg verkaufte diese Grundstücke, und auf ihnen haben sich seit 1850 die jetzigen Gasthäuser entwickelt. Beim Herausbaggern des Schlammes aus dem Stößensee, der durch den Dammbau (Anmerkung: Bau der Heerstraße) an die Wasseroberfläche kam, fand man lange Floßnägel und Klammern, deren Herkunft man sich anfänglich nicht recht erklären konnte. Sie stammen aus der Zeit, in der auf dem Stößensee die Holzflößerei noch lebhaft betrieben wurde. Während der Besetzung Berlins durch die Franzosen nach 1806 soll sich folgendes zugetragen haben: Eines Tages kam zu dem damaligen Kommandanten v. Hullin (Pierre Augustin Hullin) ein Deutscher und meldete heimlich, daß der König von Preußen noch den ganzen Stößensee voll Holz zu liegen habe. Hullin soll dem Verräter geantwortet haben: “Wir wissen, daß der König von Preußen viel Holz im Stößensee liegen hat, aber er muß es behalten, damit er Galgen bauen kann, an denen er solche Schufte wie Sie aufhängen kann”.An den Stellen am Südende, wo durch Regen und Frost Absturzmassen sich lösten, wurde man auf vorgeschichtliche Siedlungen aufmerksam…. (es folgt eine Aufzählung der Funde)…Der Pichelswerder ist archöologisch wenig erforscht. Er hat aber im Haveltal als vorgeschichtliche Siedlung infolge seiner orographischen Verhältnisse gewiß große Bedeutung. Als Insel rings um Wasser und Sumpf umgeben, darum ein schwer zugänglicher Ort, konnte der Werder von seinen jeweiligen Bewohnern leicht an den gefährdeten Stellen mit geringen Kräften verteidigt werden. – Der Fischreichtum des Wassers ringsum und die Jagd des Grunewald-Urwaldes boten reiche Nahrung.Vorzeitfunde der näeren und weiteren Umgebung (Boxfelde, Götelwiesen, Grimnitzsee, Burgwall, Stresow, Gebäude bei Charlottenburger Wasserwerke (Teufelssee?) usw.) beweisen die verhältnismäßig dichte Besiedlung dieser Gegend zu den verschiedenen Zeiten.
  • 1958, 29. Januar – Namensgebung der Straße „Siemenswerderweg“. Namenserläuterung:  Siemenswerder, Name eines Grundstücks am südlichen Ende der Straße, welches die Firma Siemens als Erholungsstätte für ihre Mitarbeiter ausgebaut hat. Vorher war es das Ausflugslokal „Königgrätzer Garten“. Davor war es ein Wohnhaus für Floßwärter. Heute befindet sich auf dem Gelände die Seegelclub der Privatschule Schele.
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Doch zurück zum Pichelswerder: Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts erfreute er sich immer größerer beliebtheit als Ausflusgziel. Die Floßwärterhäuser, die im 18. Jahrundert errichtet worden waren, entwickelten sich aus primitiven Anfängen zu großen Garten- und Schanklokalen. Die bekanntesten Lokale auf dem Werder sind RACKWITZ, INSELGARTEN ZUM FREUND, der KÖNIGGRÄTZER GARTEN und WILHELMSHÖHE.Um 1850 erwarb der Holfflößer Kretzschmer das später als RACKWITZ bekannte Ausflugslokal. 1856 erhielt er die Konzession als Gastwirt. Im Anzeiger für das Havelland vom 8.7.1868 wirbt dann bereits ein W. Pirovius für die gatswirtschaft. 1871 übernahm Rackwitz das Etablissement, das noch lange unter dem alten Namen Teidicke bekannt war. Bereits zu Beginn der 80er Jahre legten die ersten Ausflugsdampfer bei RACKWITZ an. 1882 ließ er eine Pontonbrücke vom Rupenhorn über den Stößensee zum Pichelswerder errichten, die im Volksmund „Sechserbrücke“ genannt wurde, da jeder, der sie benutzte, eine Gebühr zu entrichten hatte. Ein angelegter Weg führte direkt zu dem Lokal.Neben RACKWITZ erfreute sich der INSELGARTEN ZUM FREUND besonderer Beliebtheit. Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts hatte Karl Freund die Waldwirtschaft, die ab 1860 im Besitz der Familien Teudicke gewesen war, übernommen. Sie diente nicht nur als Gartenlokal für die Ausflügler, die dort ihr Bier tranken oder Kaffee kochten, sondern auch als heimlicher Treffpunkt für die Sozialdemokraten, die aufgrund der Sozialistengesetzte von 1878 ihre Veranstaltungen geheim abhalten mußten. Sie waren dann als Gesangsverein oder Kaffekränzchen und Skatclub getarnt.Im Süden des Werders, gegenüber den Pichelsberger, lag das Restaurant KÖNIGGRÄTZER GARTEN. Um 1886 war W. Pallaesch der Betreiber des Lokals.

Dieses durch seiner herrliche Lage sich auszeichnende, am schönsten Theile des Pichelswerders, direkt am See und links der Pontonbrücke gelegene Restaurant nebst Glaspavillon und herrlicher Aussicht auf die schönsten Parthieen der Havel, hält sich dem geehrten Publikum bestens empfohlen. Schönste Gelegenheit für Gesellschaften und Vereine zu Landparthieen. Boote und Kähne stehen dem Publikum zur Verfügung.

So umwirbt er die Ausflügler. In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts wurde der KÖNIGGRÄTZER GARTEN von Siemens erworben und beherbergt den Bootsklub und das Vereinshaus der Siemenswerke. Nach 1945 wurde der Garten von einem Pächter bewirtschaftet und ist „wieder eine vorbildliche Erholungsstätte für alle Siemens-Mitarbeiter und ihre Familien geworden.“

WILHELMSHÖHE, das im Zuge der Umwandlung von der Waldwirtschaft zum Gartenlokal bereits 1856 konzessioniert worden war, war seit 1869 im Besitz der Familie Krull. Nach der Reichsgründung 1871 erhielt es den Namen WILHELMSHÖHE. 1886 ist es im Besitzvon Adolf Winkel, der „seine auf’s Komfortabelste eingerichteten höchst romantisch gelegenen Garten-Restaurations-Lokalitäten, herrlicher und schönster Aufenthaltsort von Berlins Umgebung, romantisch am Wald und Wasser gelegen, dem geehrten Publikum unter Versicherung aufmerksamer Bedienung  ergebenst“ empfiehlt. 1903 schließlich geht WILHELMSHÖHE in den Besitz der Familie Hermann Brüder & Söhne über. Unter verschiedenen Namen wie KLEIN SANSSOUCI, TERRASSEN AM STÖSSENSEE ist das neue Etablissement noch heute bekannt. Im täglichen Programm waren Konzerte und Tanz, „jeden Donnerstag spielte die ganz vorzügliche Spandauer Schützenkapelle, sonntags Regimentsmusik und Feuerwerk.“ 1943 wurde die WILHELMSHÖHE ausgebombt, bereits 1945 wurde der Restaurationsbetrieb wieder aufgenommen. 1952 erschien eine Festschrift mit dem Titel

„Amüsantes aus der fast 50-jährigen Geschichte des Hauses (1903-1952). – Selbstverständlich brühten die Sonntags-Familien aus Berlin und Spandau auch bei „Brüders“ ihren Kafee selbst – Für die größte Kanne – man nannte sie wohlwollend „1-Lieter Kanne“, aber sie enthielt sage und schreibe 12 Tassen! – nahm man 1 Mark, wobei nicht weniger als ein halber Liter Milch und ein ganzer Berg Würfelzucker mitgegeben wurden. Jährlich mußte das Geschirr der Kaffeeküchen, wo später zu Pfingsten mehr als ein ganzer Zentner Kaffee vermahlen wurde, mit 500 neuen Tassen und ebenso vielen Kännchen ergänzt werden.“

Es sind aber nicht nur Darstellungen in Wanderführern oder Werbeschriften, die das Leben in den Gärten beschreiben, sondern Zeitungsberichte, die einen speziellen Blick auf Konkurrenzängste, Unglücksfalle etc. werfen lassen wie auch wiederholt publizierte Polizeiverordnungen Einblick gewähren in die damit verbundenen und entstehenden Probleme. Der Anzeiger für das Havelland berichtet im Mai 1897 von einem Einsturz der Dampferlandungsbrücke am KÖNIGGRÄTZER GARTEN. Personen, die einen Schaden erlitten haben, sollten sich bei dem zuständigen Behörden melden. Interessanter ist die Mitteilung eines Unfalls ebenfalls auf Pichelswerder. An der Landungsstelle INSELGARTEN ZUM FREUND wurde das vollbesetzte Fährboot fast versenkt. Bei den Fahrgästen entstand Panik. Recherchen ergaben, daß ein vermutlich neidischer Fährmann den Unfall herbeigeführt hat, indem er mit dem Ruder das Boot so weit in das Wasser drückte bis es vollief. In dem allgemeinen Tumult entfernte er sich und konnte auch nicht mehr ermittelt werden. Zurückzuführen ist das sicherlich auf das generelle Anlegeverbot für Boote. Lediglich die Restaurateure verfügten über einen Anlegesteg und Kähne, mit denen sie ihre Gäste befördern konnten. Wie stark der Konkurrenzdruck auch gerade in der Personenbeförderung für die Unternehmer war, ersieht man an den Werbemaßnahmen eines Brandenburger Fuhrherren, seinen Omnibus durch folgende Annonce im Spandauer Tageblatt vom 9. Februar 1892 besonders zu empfehlen. „Da meine Konkurrenz jetzt billiger fährt, zeige (ich) an, daß auch ich jetzt billiger fahre. Außerdem erhält jeder Fahrgast ein Glas Punsch und einen Pfannkuchen gratis!“…

  •  1956 Papenheim – Das Belvédère auf dem Pichelsberg (mit ergänzenden Hinweisen zur Ausflugsgastronomie auf dem Pichelswerder und Pichelsberge)
    ACHTUNG: Siehe auch Seite: Judenberg mit Spukschloss.

1956 Papenheim Das Belvedere auf dem Pichelsberg - Bild

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Örtlich gab (oder gibt) es auf dem Pichelswerder und seiner Umgebung folgende Lokalitäten:

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Galerie 1 – Am Pichelssee:

  • Cafe Rackwitz: Heute Bootshaus
  • Inselgarten zum Freund: Heute Bootshaus
  • Heute gibt es am Rand der Bootshäuser einen kleinen Imbiss mit einigen Sitzplätzen am Pichelssee bzw. zur Fahrrinne = Dirk’s Werft Casino

Galerie 2 – Am Havelkanal:

  • Brauereigarten „Pichelbräu“Pichelsdorfer GartenPIWA /Havel-Pavillon (Pichelsdorfer Wassersportpark): Heute Bootshäuser
  • Havel-Pavillon: Heute Kleingartenanlage

Galerie 3 – Am nördlichen Stößensee, Westufer:

  • WilhelmshöheTerrassen am Stössensee – Klein Sans-Souci: Heute Büronutzung
  • BVG Tageserholungsstätte

Galerie 4 – Am nördlichen Stößensee, Ostufer – Pichelsberge „Judenberg„:

  • Wildgrube – Reichsgarten: Heute nicht mehr existent (bzw. kleines Wohnhaus?), evtl. noch kleine Mauerreste vorhanden.
  • Försterei Pichelsberge (1902 Berdrow: „bescheidene Erfrischungen„): Heute nicht mehr existent – Hochhauswohnanlage
  • Kaisergarten: Heute Privathaus und Fischereiamt Berlin
  • Seeschloss Pichelsberge: Heute Havelstudios
  • Brückenpavillon: Heute nicht mehr existent.

Galerie 5 – Am südlicher Stößensee

  • Gebäude der Nutzholzadministration mit angegliedertem Wirtshaus, 1956 Papenheim, Seite 26:
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    Vom Pichelswerder selbst, auf dessen Plateau damals ein Gebäude der „Nutzholzadministration“ stand, das mit einem Wirtshause verbunden war, stellte „die Aussicht einem hier den Rückblick auf die jenseitige Anhöhe und den Pavillon und die bewachsenen Anhöhen dar“. (Dieses „Haus, auf dem zum Teltowischen Forst gehörigen [Pichelsdorfischen] Werder in der Havel, von einem Aufseher über die Königliche Nutzholz-Niederlage bewohnt“, notiert Bratring [1805] im Besitz des Domänen-Amtes Spandau.) Nach einer Schilderung des Werders und seiner sonntäglichen Besucher („erstere Klassen des Mittelstandes“) hören wir, daß diese sich auf ihren Wagen möglichst alles, auch an Lebensmitteln, mitbringen, da man auf dem Werder außer Bier und einem Gericht Fische wenig erhalten könne.
  • Königgrätzer GartenSiemenswerder: Heute Seegelclub Privatschule Scheele

Restaurantschiffe

 

  • Kiefern Galerie 03: Schildhorn
Pichelswerder - Ausflugslokale - Galerie 1

Cafe Rackwitz und Inselgarten zum Freund

Pichelswerder - Ausflugslokale - Galerie 2

Brauereigarten “Pichelbräu” – Pichelsdorfer Garten – PIWA (Pichelsdorfer Wassersportpark) und Havel-Pavillon

Pichelswerder - Ausflugslokale - Galerie 3

Wilhelmshöhe – Terrassen am Stössensee – Klein Sans-Souci und BVG Tageserholungsstätte

Pichelswerder - Ausflugslokale - Galerie 4

Wildgrube - Reichsgarten - Kaisergarten - Seeschloss Pichelsberge - Brückenpavillon

Pichelswerder - Ausflugslokale - Galerie 5

Gebäude der Nutzholzadministration, Königgrätzer Garten und Siemenswerder