Eigentumsverhältnisse des Jaczotürmchens
Hier meine Erkenntnisse über die für den „Jaczoturm“ bzw. dessen Bau relevanten Grundstückseigentumsverhältnisse in chronologischer Reihenfolge:
09.04.2014: Was hat Herr Pomplum 1964 wirklich geschrieben?
Herr Nehls hat 1999 Herrn Pomplum mit der Aussage:
„Ein bislang anonym gebliebener Spandauer Bürger ließ ihn laut Angabe des bekannten Heimatforschers Kurt Pomplun (1910–1977) 1914 auf eigene Kosten errichten.„
nur unzureichend wiedergegeben. Ich habe mir die Erstausgabe „Kurt Pomplum, Berlins alte Sagen, Berlin 1964 besorgt. Herr Pomplum schreibt auf Seite 77:
„Ein zweites Schildhorn-Denkmal in Spandau-Weinmeisterhöhe, Gatower Straße 227, ist weithin unbekannt, weil es auf eingezäuntem und der Allgemeinheit nicht zugänglichem Gelände der Berliner Stadtentwässerung steht. Ein 1914 von dem Vorbesitzer des Grundstücks errichteter, zinnengeschmückter Rundturm des Grundstücks trägt ein Relief…“
Damit hat Herr Pomplum zwei Fakten auf den Tisch gelegt:
- Das Baujahr – nämlich „1914„!
- Den Bauherren. Und hier nämlich nicht eine gänzlich unbekannte Person und auch nicht irgendjemanden aus Spandau, sondern ganz konkret
„dem Vorbesitzer des Grundstücks“ (und im übrigen auch nicht „von einem der Vorbesitzer, sondern eben von „dem Vorbesitzer“).
Die Frage lautet, woher oder besser von wem er diese Information hat? Hat er vielleicht sogar mit Frau Karin Hahn-Hissink gesprochen? Er macht nicht die Angabe, dass der Vorbesitzer „unbekannt“ sei, sondern er nennt nur schlichtweg keinen Namen. Aber egal, ich gehe davon aus, dass Herr Pomplum damals ordentlich recherchiert hat. Ich gehe ferner davon aus, das seiner Ortsangabe „Gatower Straße 227“ auf einen Irrtum beruht, was nicht verwunderlich ist, wenn man an der Straße steht und sich den Geländezuschnitt anschaut.
Zur Sicherheit müssten jetzt noch die Grundbücher der Grundstücke Gatower Straße 199, 219 und 227 eingesehen und ausgewertet werden, wofür mir aber die Möglichkeit fehlt.
Zunächst gehe ich aber weiterhin davon aus, dass die Familie Hissink bzw. Jacobus („Jack“) Hissink als Erbauer des „Jaczo-Turms“ anzusehen ist!
11.04.2014: Gatower Straße 199
Ich habe jetzt eine Anfrage an den Landkreis Havelland gestellt und hoffe, dass dort noch Unterlagen aus der Zeit vor 1949 existieren.
26.04.2014: Eigentümer 1902 – 1946/49 – Familie Beringer/Hissink
Demnach befindet sich das Flurstück 49/10 mit der Bezeichnung „An der Gatower Grenze“ (vermutlich Gatower Straße 191/219) seit 1901/1902 im Eigentum der Familie Beringer/Hissink.
- Eigentümer war zunächst Herr „Emil Beringer, Kommerzienrath zu Charlottenburg, Sophienstraße 18„. Herr Emil Beringer war ein Sohn von Herrn Christian August Beringer und verstarb am 13.01.1920. Er ist im Familiengrab auf dem evangelischen Luisenfriedfhof II in Westend beerdigt. Laut der Edition Luisenstadt war er „von 1876 bis 1903 unbesoldeter Stadtrat. Er wohnte um 1880 im Beringerschen Haus Marchstraße 12 und ab 1885 Sophienstraße 1 a“, welche damals „von der damaligen Berliner Straße zum Charlottenburger Ufer, heute Otto-Suhr-Allee bzw. Einsteinufer“ verlief. 1901 wohnte er dann offenbar in der Sophienstraße 18.
- Ab 1925 ging das Grundstück bei Weinmeisterhorn formal auf die Familie Hissink über und zwar maßgeblich auf die Tochter Hertha und später auch auf ihren Ehemann Jack und dann auf die Tochter Katrin, welche 1946 scheinbar bereits in Frankfurt am Main lebte.
- Die einzelnen formalen Eigentumsübergänge halte ich jetzt nicht für so entscheidend, so ist der Eigentümerwechsel von 1925 sogar erst 5 Jahre nach dem Tod von Emil Beringer vorgenommen worden. Wichtig in Bezug auf den Turm und den Wasserfall in der Schlucht ist vielmehr, dass sich das Grundstück eben im Besitz der Familie Beringer/Hissink befand.
- Aus der Biografie von Frau Bettina Beer über Frau Katrin Hahn-Hissink in Verbindung mit dem Katasterauszug schließe ich folgendes:
- Herr Emil Beringer hatte seine Charlottenburger Stadtwohnung in der Sophienstraße 18. Diese Wohnung wurde nach seinem Tod von einer der beiden Töchter, Frau Charlotte Löffler, geborene Beringer, entweder beibehalten oder übernommen. Die Tochter Charlotte wurde später zu 1/5 auch Miteigentümerin an dem Grundstück an der Gatower Straße.
- Seine Tochter Hertha Hissink, geborene Beringer, wurde mit 4/5 Haupterbin des Grundstücks „An der Gatower Grenze“, bewohnte aber noch 1925 mit ihrer Familie eine Stadtwohnung am „Kaiserdamm 36″ (heute). Sofern die heutige Lage der Hausnummer mit der damaligen übereinstimmt, macht dies auch Sinn, denn ihre Tochter Katrin verbrachte laut Frau Beer „die ersten fünf Jahre ihrer Schulzeit in der Privatschule Tanneck, am Reichskanzlerplatz in Westend“ bzw. dann am Westend-Gymnasium, also nahe der Stadtwohnung.
- Das Grundstück an der Gatower Straße mit einer Fläche von insgesamt 5,98 Hektar, also 59.800 m², wurde als Hof bewirtschaftet und diente der Familie vermutlich auch als Landwohnsitz neben der Stadtwohnung (1915: 800 m² als „Hofraum“ und 1931: 2.000 m² als „Hof etc.„). Im weiteren Verlauf dann aber wohl als Hauptwohnsitz, denn für 1936 ist für die Eigentümer als Wohnanschrift in dem Katasterblatt „Berlin-Spandau, Gatower Straße 191/219)“ eingetragen.
- Der letzte Eintrag für Herrn Jack Hissink bzw. für seine Familie findet sich im Berliner Stadtadressbuch für das Jahr 1932. Ab 1932/33 dürfe also die Aufgabe der Wohnung am Kaiserdamm 36 und der Umzug nach „Gatow“ erfolgt sein.
- Das Grundstück gehörte zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu (Berlin-)Spandau und auch nicht zu Gatow, sondern formal gebietsmäßig zum sog. „Seeburger-Zipfel„. Das Grundstück Gatower Straße 199 gehörte erst am 31. August
19491945 als Folge des Gebietstausches Westaaken/Gatow zu Berlin-Spandau.
- Ich habe jetzt noch einmal das Katasteramt im Havelland angeschrieben, um in Erfahrung zu bringen, ob aus der damaligen Zeit auch noch eine Flurkarte vorliegt und ob bekannt ist, wer vor 1901/1902 Eigentümer des Grundstücks war.
Leider liegen dem Katasteramt keine Aufzeichnungen aus der Zeit vor 1865 vor und leider verfügt das Amt auch über keinerlei Flurkarten.
„Der Gutshof war Bestandteil der Gemarkung Seeburg. Erstmals wurde hier ein „Etablisse- Carolinenhöhe“ in einem Amtsblatt der Regierung Potsdam des Jahres 1844 erwähnt. Aus dem Etablissement entstand noch vor 1860 ein Gut. Der erste Besitzer hatte zwei Bauerngüter in der Gemarkung Seeburg aufgekauft und zu einem Gut vereinigt. Vermutlich handelte es sich beim ersten Gutsbesitzer um Otto Wolffenstein. Dieser ließ von 1870 an den Gutshof Karolinenhöhe ausbauen…Mit dem Bau der Mauer im August 1961 begann das Ende des Gutes Karolinenhöhe, welches nun, mitten im Grenzgebiet liegend, kaum noch zugänglich war. Schon 1964 forderten die Grenztruppen die Stillegung des Gutsbetriebes und den Abriß der 1958 erbauten Wohnhäuser. Doch so schnell erfüllten sich die Wünsche der Grenztruppen nicht, denn Karolinenhöhe hatte „wichtige volkswirtschaftliche Aufgaben“ zu erfüllen. Erst als 1977 der Grenzabschnitt Karolinenhöhe ausgebaut wurde, konnten die Grenztruppen ihr Vorhaben verwirklichen. Zunächst wurde zum 1. März 1977 das Volksgut Karolinenhöhe aufgelöst. Die Baulichkeiten und die Ländereien übernahm das volkseigene Gut Satzkorn. Dieses nutzte die Stallanlagen zur Bullenmast. Fünf Arbeiter waren hier beschäftigt. Entsprechend waren auch noch fünf Wohnungen in den beiden Wohnhäusern beim Gutshof bewohnt.
1979 erfolgte die endgültige Stillegung des Betriebes auf Karolinenhöhe. Die Grenztruppen forderten nun den Abriß aller Gebäude auf dem ehemaligen Gutsgelände, da diese gute Versteckmöglichkeiten für „Grenzverletzer“ boten. Da jedoch nicht sofort Einigkeit über die Finanzierung der Abrißarbeiten erzielt werden konnte, zog sich deren Beginn bis Februar 1980 hin.
Danach ging es dann aber recht schnell, so daß bis zum April 1982 der gesamte Gutshof mit dem Gutshaus und allen Nebengebäuden verschwunden war. Am 1. April 1985 konnte schließlich der Abschluß der Abrißarbeiten an den beiden Wohnhäusern gemeldet werden. Damit waren alle Gebäude des ehemaligen Gutshofes Karolinenhöhe verschwunden.„
01.06.2014: Ergebnisse der Schülerprojektgruppe der Paul-Moor-Schule
für den Standortbereich des „Jaczo-Turms“ und des Wasserfalls in der „Jaczo-Schlucht“, mit herzlichen Dank an die Mitarbeiter/innen der Katasterämter des Landkreis Havelland und Spandau.
1844 | Meißner (ohne Vorname), Lieutenant | Amtsblatt | „Einem, dem Lieutenant Meißner gehörigen, unweit des Dorfes Seeburg bei Spandow belegenen Etablissement ist der Name: „Carolinenhöhe“ beigelegt worden, was wir mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis bringen, daß hierdurch in den polizeilichen und Kommunal-Verhältnissen dieses Ebablissements nichts geändert wird. Potsdam, den 8. Mai 1844„ | |
Joachim Friedrich „Christian“ Kühne | berechnet 19.11.1769 – 22.01.1852, Amtmann Seeburg „der Sohn machte die Todesanzeige; hinterläßt 1 majorenen Sohn und 4 minorene Enkel“ Quelle |
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Joachim Kühne | Nahm teil an den Befreiungskriegen 1813, 1814, 1815, Bildtafel, Quelle | |||
Ich habe den Verdacht, dass sich die Ortsbezeichnung „Carolinenhöhe“ aus dem weiblichen Vornamen „Caroline“ ableitet. | ||||
Bernau, Wilhelm Friedrich aus Bredow Pate bei: |… | Maria Emilie Caroline Engel, * 11.06.1843, ~ 02.07.1843 in Seeburg, Vater: Bauer Johann Friedrich Engel, Mutter: Caroline Wilhelmine Henriette Schrobsdorf | Quelle |
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Adolph „Richard“ Alexander Kühne Elise Victoria „Helene“ Caroline Kühne |
28.01.1854 – 1900 – „Carolinenhöhe, _NICHT_LOKALISIERT_, _KLÄRUNGSBEDARF_“ Quelle 18.05.1857 – 1900 – „Carolinenhöhe, _NICHT_LOKALISIERT_, _KLÄRUNGSBEDARF_“ Quelle |
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1854 Landbuch der Mark Brandenburg, Seite 272, Kapitel die Thon- und Lehm-Ablagerungen, Ost-Havelland: „Seeburg und Carolinenhöhe (Stellen-Weise Ziegelerde)“ |
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1860 Die Territorien der Mark Brandenburg, Band III, Seeburg (Seborg, Seeberg und Carolinenhöhe) insb. Seiten 48, 49, und 62 | ||||
1845 – 1864 unbekannt. Beim Kataster- und Vermessungsamt des Landkreis Havelland beginnen die Aufzeichungen erst 1865. | ||||
1865 | Otto Reinhard Eisleben, Rentier zu Carolinenhöhe (1867 nach Caselow) |
Mutterrolle Artikel Nr. 19 | Flurstücke 11, 12a, 12b, 13 | (1879 General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer, Seite 149: Caselow, Eigentümer Königliche Domaine, Pächter Ober-Amtmann Eisleben) |
1866 | Salomon Ludwig Cohen |
Mutterrolle Artikel Nr. 19 | Flurstücke 11, 12a, 12b, 13 | |
1871 | Otto Wolffenstein Gutshofbesitzer |
Mutterrolle Artikel 19 |
Flurstücke 11, 12a, 12b, 13 | |
1873 | Markus NEUMANN (Ingenieur ? zu Berlin) |
Mutterrolle Artikel Nr. 25 | Flurstücke 11, 12a, 12b, 13 | (1879 General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer: Carolinenhöhe, Cohen, Neumann, Wolffenstein nicht erfasst!) |
1892/3 | Gottlob Albert WETZEL, Fabrikbesitzer | Mutterrolle Artikel Nr. 25 | Flurstücke 11, 12a, 12b, 13 1901 Flurstück 49/10 |
Gut Carolinenhöhe An der Gatower Grenze |
1902 | Emil BERINGER, Kommerzienrath zu Charlottenburg | Mutterrolle Artikel Nr. 43 | Flurstück 49/10 | An der Gatower Grenze |
„1920 verlor das Osthavelland einige Landstriche, darunter Spandau, Kladow, Gatow und Staaken durch Eingliederung in das Berliner Stadtgebiet.“ (Quelle, Seite 9) | ||||
1925 bis mindestens zum Tod von Frau Karin Hahn-Hissink im Jahre 1981 |
Familie Hissink (Beringer) (Loeffler?) | Mutterrolle Artikel Nr. 43 | Flurstück 49/10 | An der Gatower Grenze |
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