Jagd und Wilderei
Nach einer langen Pause (unter Friedrich Wilhelm I. lässt sich nur eine einzige Parforcejagd für das Jahr 1714 nachweisen, welche kurioserweise jedoch einem Steinbock aus der Menagerie exotischer Tiere galt und welcher nach nur zehn Minuten erfolgreich im Dickicht des Waldes verschwand, woraufhin der König durch ein Fuchsprellen im Schlosshof aufgeheitert werden musste), lebte ab 1828 im Grunewald das Jagdwesen wieder auf. Zu diesem Zweck wurde die Saubucht angelegt.
In den folgenden rund 70 Jahren wurden dann 638 Parforcejagden abgehalten.
Interessant sind die Hinweise 1902 von Berdrow, das es wohl Schwierigkeiten gab, die alljährliche Saujagd am Hubertustag (03. November) aufrecht zu erhalten, weil es zunehmend Störungen durch einen Teil der Berliner Bevölkerung gab, so dass die Hubertusjagd ab 1900 im Grunewald eingestellt und ins Umland verlegt wurde. 1927 schildern Wolter, Sommer, Klotz, dass die Wildjagden „wirklich nicht als ein weidmännisches Jagen bezeichnet werden“ konnten. Bei den Lappjagden wurden die Tiere „zu hunderten niedergeknallt“ und mussten, wenn sie dann noch lebten, bis zum Ende der Jagd auf den Fangschuss warten. Bei den Jagden vom Pirschwagen aus liefen die Tiere nicht einmal mehr weg, weil sie an den Menschen gewöhnt waren.
Letztendlich stellen sich die Jagden im Grunewald aus heutiger Sicht so zuletzt scheinbar als verachtenswertes Gemetzel dar.
Auch von (Schlingen-)Wilderei, insbesondere an Kleinwild, berichten die Quellen.
Auch heute noch wird im Grunewald gejagt. So erfolgte zum Beispiel am 26.11.2015 in Revier Eichkamp eine große Treibjagt. Ca. 20 Fahrzeuge von Jägern parkten am der Revierförsterei Eichkamp und rund um den Bereich der Kiesgrube am Teufelssee waren zahlreiche Hinweiswarnschilder „Jagdbetrieb“ aufgestellt. Treiber gehen durch den Wald und Klopfen an die Bäume um das Wild in eine bestimmte Richtung zu treiben, wo es dann erschossen werden kann. Auf unbedarfte Waldbesucher wirken die an die Bäume schlagenden Treiber etwas wirr, aber es ist eben Teil dieser Jagdform. Auch sind im Grunewald vielfach kleine Hochsitze aufgestellt und Salzlecken sollen an diesen Stellen das Wild anlocken. Das Wild braucht diese Salzlecken übrigens nicht, denn lebensnotwendige Mineralien finden die Tiere in Kräutern und Knospen. Nachteil der mehr oder weniger konzentrierten Salzaufnahme kann sogar sein, dass die Tiere mangels sofortiger Wasseraufnahmemöglichkeit über einen Bach oder Tümpel (im Grunewald gibt es keine Bäche und die offenen Wasserstellen sind überschaubar bzw. manchmal sogar eingezäunt, wie das NSG Pechsee/Barschsee), anfangen feuchte Baumrinde von den lebenden Stämmen abzuziehen. Ob letzteres aber auch im Grunewald konkret so der Fall ist, kann ich nicht beurteilen.
- 1894 Fontane, Seiten 27-29:
Spoiler„Wir gehen, dem Wegweiser nach Saubucht weiter folgend, den Berg hinab und sehen bald darauf auf der vor uns liegenden Anhöhe das Häuschen des Sauwärters, den Zielpunkt unserer Wanderung…
Zum Beginn des Herbstes werden aus der Königs-Wusterhausener- und Hammer´schen Forst ungefähr 40 Wildschweine in Kästen per Achse hierher transportiert, um bei den am 03. November, dem Hubertustage, beginnenden Parforcejagden zur Verwendung zu gelangen. Häufig nehmen diese Jagden auch schon zeitiger (im September) ihren Anfang, doch bildet die Hubertusjagd die eigentliche offizielle Feier, da dann auch der Kaiser und die Kaiserin mit großem Jagdgefolge daran Theil nehmen.
Schon Tags vorher werden zwei Sauen (die männlichen Thiere werden Keiler genannt) vom Sauwärter in die Fangkammern und aus diesen in die mit Auslaßthüren versehenen Auslaßräume getrieben, aus denen am nächsten Tage eine Sau freigelassen wird, nachdem ihr vorher die gefährlichen Hauer (zwei vorstehende Seitenzähne) abgefeilt worden sind.
Gegen Mittag des 3. November treffen der Kaiser (Wilhelm II) und die Kaiserin (Auguste Viktoria) im Jagdschloß Grunewald ein, woselbst das Jagdgefolge sich bereits versammelt hat. Doch wo es etwas Interessantes zu sehen gibt, darf auch der schaulustige Berliner nicht fehlen. In hellen Schaaren ziehen die Neugierigen heran und die vierzig Gensdarmen, unterstützt durch ein Militäraufgebot, haben große Mühe, die zum Theil übermütige Menge in angemessener Entfernung vom Schlosse zu halten. Die Schuld an der gegen früher erweiterten Absperrungen trägt der Janhagel Berlins, welcher sich in den letzten Jahren bei den Hubertusjagden immer gröbere Ausschreitungen zu Schulden kommen ließ. Doch der von Hause aus gutmütige Berliner weiß sich auch mit den Absperrungsmaßregeln ganz gut abzufinden; noch immer herrscht eine ausgelassene Fröhlichkeit bei der Hubertusjagd und immer noch wird hierbei mancher gute Witz verbrochen, der bald in aller Munde ist.
Nachdem der Kaiser das Zeichen zum Aufbruch zur Jagd gegeben hat, setzt sich der Zug unter dem Geschmetter der Signalhörner in folgender Reihenfolge nach der Saubucht zu in Bewegung: Voran reitet ein rothröckiger Piqueur mit der gut dressierten, aus 24 Koppeln bestehenden Meute; alsdann folgt ein Zug Kavallerie (im Jahre 1893 waren es Garde-Dragoner). Hierauf kommt der Kaiser und die Kaiserin (die Kaiserin ritt im Jahre 1893 zum ersten Male die Parforcejagd mit) und zum Schluß das übrige rothe Feld, d. i. der Hof und das sonstige Jagdgefolge von ungefähr 200 Herren. Am Rendezvous-Platz beim Pech-See, nahe bei der Saubucht, wird halt gemacht. Alsdann wird die Sau freigelassen und vom Piqueur in den Wald getrieben. Nach Verlauf von ungefähr 10 Min. wird die Meute losgelassen und es beginnt dann die eigentliche Jagd. Ueber Stock und Stein, über Berg und Thal, durch Dick und Dünn wird in wilder Hetzjagd dem Wildschwein nachgesetzt. Wird die Sau von der Meute erreicht, so beißt sich der erste Hund am linken Ohr der Sau fest und schwingt sich zugleich auf die rechte Seite des Thieres, während der zweite Hund das rechte Ohr erfaßt und sich auf die linke Seite der Sau wirft. Auf diese Weise bringen die Hunde das Thier zum Stehen und verharren in ihrer Lage, bis demsleben der Fang gegeben ist. Bei der Hubertusjagd im Jahre 1893 kam der Kaiser als dritter Reiter bei dem gestellten Thiere an. Die beiden ersten Reiter hatten das Schwein an den Hinterfüßen ausgehoben.; der Kaiser selbst gab sofort den Fang. Hierauf vertheilte derselbe die üblichen Brüche (Tannen bzw. Kiefernzweige) 110 an der Zahl, an die sich nach und nach einfindende übrige Jagdgesellschaft. Damit hat die Jagd, welche übrigens an die Reitkunst der Herren nicht geringe Anforderungen stellt, ihr Ende erreicht. Das Halali ist geblasen und der Zug ordnet sich von Neuem; unter fröhlichem Hörnerklang geht es zum Jagdschloß Grunewald zurück, woselbst ein heiteres Mahl das Jagdfest beendet.
Außer der Hubertusjagd und den sogen. Parforcejagden wird noch alljährlich, gewöhnlich in der ersten Hälfte des Monats Januar, eine große Hofjagd abgehalten, auf der ein großer Theil des Dammwildes abgeschossen wird.“
- 1902 Bedrow, Kapitel „Das Weidwerk im Grunewald, Seiten 81-94:
SpoilerBerdrow widmet einer Beschreibung der „weitberühmten Hubertusjagden“ und dem Jagdwesen (Parforcejagden) im Grunewald ein ganzes Kapitel, dessen Wiedergabe hier zu umfangreich wäre. Es endet wie folgt:
„Ein gewisser Teil des Publikums ist in den letzten Jahren leider auf das eifrigste bestrebt gewesen, dem kaiserlichen Jadgherrn und seinen Gästen den Aufenthalt im Grunewald zu verleiden. Diese edlen Seelen, denen das Organ für den Unterschied zwischen einen kräftigen Spaß und einer plumpen Rohheit fehlt, haben´s dann auch endlich dahin gebracht, daß der Kaiser, der dieses Volksfest sicherlich gern erhalten hätte, Befehl gab, die Hubertusjagd in entfernte Reviere zu verlegen, die zu erreichen den Störenfrieden nicht so leicht gemacht ist. Im Jahre 1900 fand die Jagd im Havellande in der Nähe des Döberitzer Uebungsplatzes statt, während die übrigen, wöchentlich ein- bis zweimal stattfindenden Parforcejagden noch im Grunewald abgehalten wurden.“Offen bleiben in dieser Beschreibung die Beweggründe der Störer. Handelte es sich um gegen die Obrigkeit gerichtete Störungen oder schon um eine Bewegung zum Schutze der Tiere? Aus der Beschreibung könnte man den Schluss ziehen, dass letzteres der Fall war? Ganz abwegig erscheint dies auch nicht, wenn man bedenkt, dass in Berlin bereits 1841 von dem preußischen Beamten (Schulleiter?) C. J. Gerlach 1841 der „Verein gegen Tierquälerei“ gegründet wurde, nachdem er auf dem Mühlendamm Zeuge der Misshandlung eines Kutschpferdes geworden war. Gerlach fand 90 Mitstreiter. 1872 wurde der Verein zum „Deutschen Tierschutzverein zu Berlin“, seit 1874 unterhielt er eine Hundefang-Station an der Stralauer Brücke. 1901 wurde auf einem großzügigen Gelände an der Dessauerstraße Deutschlands erstes Tierheim, das Tierheim Lankwitz, eingeweiht. (Quellen: Berliner Kurier 25.06.2001/Tierschutzverein für Berlin und Umgebung Corporation e.V./Geschichte). 1898 erschien vom Berliner Tierschutz-Verein eine Preisschrift mit dem Titel „Tierschutz in Schule und Gemeinde“, dort wird gleich auf der Umschlagseite der Tierquälerei eine „entsittlichende Wirkung“ zugeschrieben. Ich weiß nicht, ob dieses Werk sich auch mit der Jagd auseinandersetzt. Aber wenn man etwa die Aussage von „Friedrich Wilhelm I. „… ich habe die größte Lust von der Welt gehabt.“ nach einer Sauhatz bei Oranienburg bedenkt, liegt es eigentlich auf der Hand, dass sich die damalige Tierschutzbewegung sicher auch so ihre Gedanken über die königliche Jagden gemacht hat, und dies dann möglicherweise gerade auch bei der alljährlichen Hubertusjagd im Grunewald zum Ausdruck gebracht hat? Fontane verwendet 1894 für die Störer den Begriff „Janhagel„, Berdrow schreibt 1902 von „edlen Seelen„. Vielleicht war damals auch nicht mehr Kritik in einem Buch möglich, denn immerhin richtet sich diese dann doch ganz direkt an Kaiser Wilhelm II. und den ganzen Hochadel und das Militär, also die Obrigkeit – und das war wohl kaum der Beweggrund einen Wanderführer zu verfassen. Nach dem Ende der Kaiserzeit haben sich Wolter, Sommer, Klotz dann fünfundzwanzig Jahre später jedoch recht kritisch mit der königlichen Jagd auseinandergesetzt, wie man im Folgenden nachlesen kann.
- 1927 Wolter, Sommer, Klotz, Seiten 93-99:
Spoiler„Man hat behauptet, daß das Damwild eigentlich gar nicht in den deutschen Wald gehöre und einen fremden Zug in die Physiognomie unserer märkischen Wälder bringe. Berdrow entgegnet darauf sehr richtig, daß das Damwild bei uns ebensogut heimatberechtigt ist, wie der Rothirsch. War es doch schon vor der großen Eiszeit auf unseren Fluren zu Hause! Wenn es dann durch das nordische Klima jener Epoche vertrieben oder ausgerottet wurde und sich nur in den Mittelmeerländern hielt, so konnte das kein Grund sein, auf diese Bereicherung unserer Fauna zu verzichten. So dachte auch der Große Kurfürst, als er Damhirsche in die Tiergärten seiner Residenzen zu Kölln an der Spree, Potsdam und Oranienburg verpflanzte. Da man nun die Wahrnehmung machte, daß die durch beschädigte Wildzäune ins Freie entkommenen Tiere ebensogut wie die eingehegten gediehen, so ordnete König Friedrich I. im Jahre 1703 an, daß sie sämtlich in Freiheit gesetzt und von den Jagdberechtigten vorläufig geschont werden sollten.
Seit jener Zeit werden sie auch den Grunewald beleben, wo sie sich bei reichlicher Üsung (?) und sorgsamer Wartung so stark vermehrten, daß sich ihre Zahl (1902) auf 1500 – 1600 Stück belief.
Das Wild wurde entweder auf Lappjagden oder vom Pirschwagen herab erlegt.
Die Lappjagden wurden im Dezember, Januar und Februar abgehalten, gewöhnlich im Belauf Eichkamp oder Wannsee. Gardeschützen umstellten das Wild in weitem Bogen, trieben es am Jagdorte zusammen und lappten es ein; d. h. sie umstellten das Jagdgebiet mit großen Netzen. Für die Schützen waren am Fuße starke Bäume, Eichen oder Kiefern, Schießkanzeln gebaut. Das Wild wurde aus den Netzkammern an den Schützen vorbeigetrieben und abgeschossen. Die Lappjagden können wirklich nicht als ein weidmännisches Jagen bezeichnet werden. Die Tiere wurden zu hunderten niedergeknallt (am 13. Januar 1899 z. B. 255). Die Angeschossenen mußten liegen bleiben, bis die Jagd abgeblasen wurde. Dann erst wurde den Krankgeschossenen der Fangschuß gegeben. Die kapitalsten Stücke wurden zusammengetragen, umkränzt und in langer Reihe ausgelegt. Ein Frühstück der kaiserlichen Jagdgesellschaft in einem Zelte beschloß die Jagd. Der ganze Jagdbezirk wurde stets sehr streng und in weitem Umkreise abgesperrt, um Unglücksfälle zu verhüten.
Auch das Erlegen der Hirsche vom Pirschwagen aus war kein Kunststück. Die Tiere waren ja so vertraut, daß sie den Schützen auf 50 Schritt oder gar näher herankommen ließen. Einen weidgerechten Jäger und Naturfreund überkommen eigenartige Empfindungen, wenn er in dem Berichte eines Augenzeugen liest: Nach dem Schusse stob nicht etwa das Rudel davon, sondern blieb ruhig in der Nähe stehen und fuhr erst dann auseinander und ging flüchtig ab, wenn der getroffene Hirsch in seiner Mitte plötzlich zusammenbrach.
S. Majestät, welcher sich die 11 besten Schaufler herausgesucht hatte, probierte hierbei eine neue Büchse mit festaufgesetzten Fernrohre auf ihre Schußwirkung und ihr Abkommen aus. Gegen 1 1/2 Uhr war im Walde das Frühstück, welches der sogenannte Manöver-Küchenwagen gebracht hatte. Die Strecke war hier so gelegt worden, daß S. M. der Kaiser diese auch beim Essen sehen konnte. Auf dem rechten Flügel zeichneten sich mehrere kapitale Schaufler besonders aus, denn ihre Schaufellänge betrug 45 und die Breite 20 Zentimeter. Die Durchschnittsstärke der Stangen und Rosen war gut. Nach 2 Uhr bestieg der Kaiser seinen Einspänner und fuhr nach dem Neuen Palais zurück.
1907 wurden die meisten Hirsche nach dem Hofjagdrevier Oranienburg gebracht. Vom Stern aus wurden Schienen in den Wald gelegt; in Güterwagen brachte man die eingefangenen Tiere weg. Viele gingen dabei elend zugrunde.“
.
„Doch jetzt wollen wir aufbrechen und sehen, ob wir nicht ein Dammwildrudel beobachten können. Vor dem Kriege fand man schon dicht hinter Paulsborn große Rudel. Ruhig und furchlos standen die stolzen Schaufler auf dem Wege, äugten einen mit ihren großen, braunen Augen an, unschlüssig, ob sie stehenbleiben oder Platz machen sollten, und trollten schließlich ins dichte Unterholz des Fenns oder verschwanden im Gewirr der Stämme.
Das war einmal!
Der Krieg mit seinen traurigen Begleiterscheinungen hat uns auch dieses Schmucks unseres Waldes beraubt. Zunächst gelang es zwar noch, die Tiere einigermaßen vor den Schlingen und Kugeln der Wildiebe zu schützen, und der alljährliche natürliche Zuwachs wog den Abgang einigermaßen auf. Mit der Zunahme der Fleisckhnappheit aber wurde der Schutz immer schwieriger. Der Todesstoß wurde dem Bestande versetzt, als zur Zeit des Kapp-Putsches in Teltow, Machnow, Drewitz usw. zum Schutze der Reichshauptstadt Reichswehr einquartiert war. Zweifelhafte Elemente räuberten damals den Grunewald aus – trotz aller aufopfernden Mühe unserer Forstschutzbeamten, trotz aller wohlorganisierten Streifen. Heute haben wir nur noch in der Nähe der Försterei Saubucht einen Bestand von etwa 30 Stück. Doch auch dieser kleine Bestand ist arg bedroht. Nicht durch Wilderer, sondern durch wildernde Hunde, zuweilen Schäferhunde. Sie jagen und hetzen die Tiere matt und ziehen sie an der Drossel nieder. Sechs bis acht Tiere gehen alljährlich auf diese Weise qualvoll ein. Es handelt sich vor allem um die Begleithunde der Reiter und um die „Wachhunde“ der Villenbesitzer an der Heerstraße. Den Förstern sind die vierbeinigen Räuber wohl bekannt, doch ist es unendlich schwer, sie zu fassen. Sie durch Kugelschuß zu erlegen, ist zu gefährlich, weil die abprallenden Kugeln Spaziergänger gefährden könnten, und mit Schrotschüssen ist den vorsichtigen Burschen, die sich ihrer Übeltaten wohl bewusst sind, nicht beizukommen. Sie drücken sich meisterhaft und kennen ihre Gegner wohl!“
.
„Und die Saujagen?
Wildscheine gibt es heute im Grunewald nicht mehr. Eine Zeitlang waren sie in der Saubucht eingegattert; das war die Zeit der Hubertusjagden…“
Dann folgt unter Bezugnahme auf Berdrow und dessen Kapitel eine Beschreibung der Hubertusjagd, wobei kritisch angemerkt wird, dass „die Jagd einen eigentlich weidmännischen Reiz nicht mehr“ bot.
Als Beleg wird angeführt, dass die Sauen im „Saupark geboren und aufgewachsen“ und durch „die Gewöhnung an den Wildwärter und die ihnen zuteil werdene gute Pflege“ nicht mehr als Wildtiere bezeochnet werden konnten. Kritisch wird auch angemerkt, dass die Tiere vor der Jagd „rasiert“ wurden, „d. h. der gefährliche Hauer oder „Gewehre“ beraubt: man fesselte es in einem straken Fangnetz, legte ihm einen kräftigen Holzknebel hinter die Hauer und sägte diese mit einer scharfen Knochensäge fast bis auf die Wurzel ab. Seiner Hauptwehr beraubt, konnte der Eber auf seinem letzte Gange höchstens noch ein paar Hunde oder einen unvorsichtigen Zuschauer über den Haufen rennen…
Heute erinnert noch eine Plastik (von Wilhelm Wolf/Johannes Brix, siehe Seite über Jagdschloss Grunewald) auf dem Hofe des Jagdschlosses Grunewald an jene Zeiten. Sie zeigt uns einen Eber, der von der Meute umringt und niedergezogen wird.“ -
1950 Schmook, aus der Zeit von 1929 – 1934:
SpoilerAlexander Schmook berichtet für den Zeitraum von 1929 – 1933 in seinem Buch „Es war einmal im Grunewald“ welches den Nebentitel „Jagdliche Erinnerungen“ trägt umfangreich aus einen Jagderfahrungen und tierischen Beobachtungen im Grunewald. Er schildert aber ebenso auch über Feststellungen von Wilderei und von schonungslosem Umgang der Berliner mit ihrem Grunewald. Seine Geschichten sind zum Teil komödienhaft dargestellt. Im Verhältnis zu den schlimmen Ausführungen von Wolter, Sommer, Klotz aus dem Jahre 1927, scheint sich der Tierbestand in den folgenden Jahren wieder erholt zu haben.
Schmock schreibt auf den Seiten 10 bis 13:
„So ließ sich trotz aller Erschwerungen und gelegentlicher Wilddieberein immer noch ein leidlicher Wildbestand halten. An Wildkarnickeln war kein Mangel. Überall in den sandigen Schonungen wimmelte es davon. Trotz aller heimlichen Frettierer, und trotz unserer meist streckenreichen Jagden. Hasen gab es wniger. Man muß dabei noch bedenken, daß der Grunewald im Westen von der breiten und verkehrsreichen Havel, im übrigen von der Großstadt umschlossen war, und somit das Wild keinerlei Verkehr mit den anliegenden Wildbeständen hatte. Lediglich das Revier Potsdam grenzte Stellenweise an freien Wald und hatte dementsprechend mehr Hasen, auch Rehe…
Obwohl es unter dem von Hunden gerissenen Wilde die Rehe am häufigsten waren, auch unter den Schlingengewilderten, hatte der Grunewald immer noch einen leidlichen Rehbestand, der alljährlich den Abschuß von einigen Böcken erlaubte… Drei wirklich gute Böcke habe ich im Grunewald erlegt, davon bei Nicolscoe zwei…
Die Kriegsjahre und die nachfolgende Revolution mit ihren Zuständen brachten durch Wilddieberei erhebliche Angänge an Schalenwild. 1929 übernahm ich einen Bestand von nur noch etwa 160 Stück Damwild und 30 Rehen. Doch da die Damalttiere alljährlich vielfach zwei Kälber setzten, war bei meinem Weggange (1934) trotz erheblichen Abschusses immer noch ein Bestand von etwa 350 Stück vorhanden. Der jährliche Verlust durch Autos, Hunde, Bahn, Wilddieberei betrug nicht mehr als höchstens zehn Stück. Man hat später das Wild stärker abgeschossen, die Reste aber eingefangen und in andere reviere verbracht. Damit hat wohl, zumal bei der verwüstung des Grunewaldes nach dem Zusammenbruch, dieses alte Jagdrevier seinen letzten Charakter als solches verloren auf alle Zeiten.“
Über Wildscheine schreibt er, soweit ich dies überfolgen habe, nichts, so dass anzunehmen ist, dass es mindestens bis 1934 keine Wildscheine mehr im Grunewald gab.
.
Über einen Wilderer schrieb Schmook auf Seite 16:
„Von den mit der Waffe wildernden Zeitgenossen erschwischten wir nur einen, aber den schlimmsten, von dem die Rede ging, daß er schon an hundert Stück Schalenwild gewildert hätte. Natürlich nicht nur im Grunewald. Der Bursche schoß an einem Karfreitag mit einer Kleinkaliberwaffe mit aufgesetztem Schalldämpfer einen mittleren Damhirsch am hellen Morgen unweit des Forsthauses Wannsee am E-Gestell. In aufregender Jagd wurden er und die rasch versteckte Waffe sichergestellt. Zwei Jahre Gefängnis verschafften dem Wilde Ruhe vor ihm. – Als der Kerl, B. heiß er, herauskam, besaß er die Frechheit, bei der Forstverwaltung im Berliner Rathause zu erscheinen und um Arbeit zu bitten. Dabei erblickte er das Geweih des von ihm gewilderten Damschauflers auf einem Schranke. Der Forstdirektor hatte es sich vom Wannseeförster erbeten, um es den Stadträten gelegentlich einer Besprechung vorzuzeigen. Eine Stunde später war das Geweih unauffindbar verschwunden. Eine Haussuchung bei B. förderte es natürlich nicht zutage.„
- 2010 Tagesspiegel (19.01.) – „Wildschwein griff Menschen an – Jäger erschoss es“
- 2011 Tagesspiegel (25.03.) – Wildschweine: Frischlinge sollen verstärkt geschossen werden
- 2011 Berliner Kurier (01.12.) – Treibjagd in Berlin – Das geheime Wildschwein-Halali vom Grunewald
- 2012 BZ (10.06.) – Frischlinge erschossen
- 2016 Morgenpost (17.05.) – In Heiligensee hat ein Jäger mit einem einzigen Geschoss ein Wildschwein getötet und einen 60-jährigen Mann verletzt