Grunewaldseen – Einführung

Auf den folgenden Unterseiten stelle ich die Grunewaldseen einzeln vor.

Als Einfühung habe ich Ihnen Auszüge aus drei der Standardwerke über den Grunewald aus den Jahren 1902, 1927 und 1957 zusammengestellt, welche auch den historischen Entwicklungsprozess der Meinungsbildung über die Entstehung der Grunewaldseen wiederspiegeln.

Um es mit meinen eigenen Laien-Worten (!) vorwegzunehmen: Bei der

handelt es sich nicht um (ehemalige) Flüsse, sondern um Rinnen (abschmelzender) Gletscher. Die heutigen Seen und auch die heute wasserlosen Bodengruben im Grunewald sind durch Eisblöcke entstanden, welche sich tief in den Grunewaldboden eingedrückt haben, so entstanden dann innerhalb der Rinne Querriegel. Die Autoren der Standardwerke beschäftigen sich folgend sehr mit den großen Seen der Grunewaldrinne. Sehr schön sehen kann man dies meiner Ansicht nach aber auch im Dachsgrund erkennen. Durchläuft man diesen an seinem Grund, so reien sich dort kleine Morast-Becken aneinander, welche durch Querriegel getrennt sind.
Im Kleinen im Dachsgrund – Im Großen im Grunewaldgraben – Im Ganz Großen in der Grunewaldrinne.
(Becken-)Vertiefungen mit Querriegeln finden sich überall im Grunewald und machen den besonderen Reiz des Grunewaldes aus, der von Behm sehr schön mit dem Begriff „Liliputgebirgslandschaft“ versehen wurde.

  • 1902 Berdrow, Seite 27/28:

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    „Die Eiszeit, die dem Grunewaldboden im wesentlichen sein heutiges Relief gegeben, ist vorüber. Aufs neue und für immer hält die Pflanzenwelt ihren Einzug in die ihr lange verschlossenen Gefilde. Ihr Einfluß ist es hauptsächlich, der die Grunewaldflüßchen in die See- und moorgefüllten Rinnen verwandelt hat, die wir heute sehen. An den seichten Ufern der träge dahinströmenden Gewässer siedelten sich zuerst die Torfmoose und ihnen folgend die ganze übrige Schar torfbildender Gewächse an. Sie engten den Lauf des Wassers ein, durchquerten unter Benutzung der vom Wind hergestellten Land- und Erdbänke das Bett und zerlegten es im Laufe von Jahrtausenden in eine ganze Anzahl langgestreckter Seen, die nun, ihrer Strömung fast völlig beraubt und nur noch durch schmale Wasserfäden mit einander verbunden, allmählich der Vertorfung anheimvielen.
    Durch Anlegung erhöhter Übergänge zwischen den Seen beförderte der Mensch diesen Umbildungsprozeß, an dem die Natur noch jetzt unablässig fortarbeitet. So schwebte z. B. der Schlachtensee um Mitte des XIX. Jahrhunderts in Gefahr, an seiner an seiner schmalsten Stelle durch das auf unseren heutigen Grunewaldkarten wieder verschwundene „Rückfenn“ – der Name deutet vielleicht auf den Sandrücken, der das Fenn trug – in zwei Wasserbecken zerlegt zu werden.
    Wie schnell diese Veränderungen vor sich gehen, erhellt auch aus der Angabe, daß die Grunewaldrinne noch um 1540 zum Transport des Baumaterials, aus dem Joachim II. sein Jagdschloß errichten ließ, gedient haben soll. Nur die Havel prangt noch in urzeitlicher Frische und Jugendschönheit…“
  • 1904 Stollwerck Schokoladen-Sammelbilder
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    .1904 Stollwerck Album 7 Serie 312 Nr. 5 - Grunewald - Seen - klein.1904 Stollwerck Album 7 Serie 312 Nr. 4 - Grunewald - Fenn - klein .
  • 1927 Wolter/Sommer/Klotz, Seite 22:
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    Wir verlassen jetzt den Teufelsseekessel und steigen die alte Straße vom Jagdschloß Grunewald nach Spandau ein Stück aufwärts. Rechts von uns liegt ein Bestand an Stangenholz, den wir auf einem Fußwege in westlicher Richtung durchqueren. Vier fast gleich große trichterartige Kessel treffen wir da an, etwa 10 m tief, zwei von Ihnen besonders schön ausgebildet. Sollen wir sie für Strudellöcher halten? Möglich! Man hat ganz den Eindruck, als ob hier abgelöste Gletschereismassen, von Schuttmassen umgeben und überdeckt und dadurch gegen Abtauen geschützt, längere Zeit gelegen hätten. Als sie dann schließlich doch der zunehmenden Wärme zum Opfer fielen, stürzte der sie bedeckende Sand nach und hinterließ den heute bestehenden Trichter.
  • 1927 Wolter/Sommer/Klotz, Seite 37:
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    „Wenn man von der die Ortschaften Grunewald und Zehlendorf verbindenden Straße hinunterschaut auf die angrenzende Wiese, könnte man leicht auf die Vermutung kommen, daß hier der Straße zuliebe ein Damm 7 m hoch aufgeschüttet worden sei. Und doch ist dieser sich zwischen Hundekehlensee und Grunewaldsee legende Querriegel von der Natur gebaut, besteht aus denselben Geschiebesanden wie die angrenzende Grunewaldfläche. Die Abriegelung zwischen beiden Seen macht sie zu selbstständigen Becken.
    Wir treffen dieselbe Erscheinung auf unserer Wanderung noch bei Paulsborn, bei Onkel Toms Hütte, zwischen der Krummen Lanke und dem Schlachtensee, zwischen dem Sachlachtensee  und dem Nikolassee. Und genau so ist es auch bei der Fortsetzung der Rinne nördlich des Hundekehlensees. Diese Zerlegung der ganzen Rinne durch Bodenriegel in einzelne Seen und vertorfte Becken , die kessel- oder wannenförmig in die Talung eingefallen sind, zeigt deutlich, daß wir einen zusammenhängdenden Flußlauf zu keiner Zeit annehmen können.

    Wenn erzählt wird, daß die Kalksteine zum Bau des Jagdschlosses Grunewald auf dem Wasserweg herangebracht worden seien, so kann es nur so gemeint sein, daß bis zur Havel dieser Weg benutzt wurde.

    Gleichmäßig fließendes Wasser könnte nur eine gleichmäßige Rinne ausformen, nicht aber einzelne Becken und Wannen verschiedener Form, die oft wieder aus zwei getrennten Becken bestehen, wie das bei der Krummen Lanke und dem Schlachtensee der Fall ist.“
  • 1957 Behm, Seiten 18-20:
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    „Im Zuge dieses Geschehens (der Gletscherschmelze) erfährt die Havel als auffallend mächtiger Schmelzwasserabfluß ihr noch heute bestehendes, inzwischen nur wenig verändertes Grundgepräge. Ihre zahlreichen Buchten und Becken sind, einschließlich des Großen Wannsees, mir einer Wasserhöchsttiefe von über 10 m das Werk formender Glazialkräfte. Sie haben eine Waldwasserlandschaft geschaffen, deren abwechslungsreicher Naturzauber unmittelbar nahe dem Weltstadtgetriebe einmalig ist.
    Zum anderen haben die gleichen Kräfte die Liliputgebirgslandschaft des westlichen Grunewaldes hinterlassen, dort Hügel aufgeschüttet und Senken ausgespart. Durchwandert er rinnenartig dahinziehende Täler und Senken, dann bewegt er sich auf Bodengründen, die ursprünglich von späteiszeitlichen Schmelzwasserläufen geformt und durchsprudelt wurden.
    Durchmißt er beispielsweise den „Dachsgrund“ der als lange Senke den südlich von Schildhorn sich erhebenden Dachs- und weiterhin den Karlsberg teilweise umläuft, so folgt er einem Gletscherwasserlauf, dessen stürmende Wasser hier einst flossen und ein ansehnliches Flußbett austieften. Heute umfängt ihn hier behagliche Waldeinsamkeit inmitten begratser Hänge mit Waldkräutern, Stauden, Farnpflanzen und Himbeerdickichten…
    Im östlich angrenzenden großen Mittelteil des Grunewaldgebietes, das heute Avus, die Eisenbahnstrecke, der Königs- und anschließend der Kronprinzessinnenweg durchschneiden, ging es dazumal weniger stürmisch zu. Hier bildete sich ein mehr ebendes Gelände (Grunewaldebene)…
    Demgegenüber dürfte es bei der Bildung der verhältnismäßig schmalen, über eine Höchstbreite von allenfalls 300 m nicht hinausgehenden Grunewaldrinne sehr viel tumultuarischer zugegangen sein. Ein den Boden in üblicher Weise ausnagender Wasserlauf kann diese sich vielfach windende und krümmende Senke (zum Beispiel die Krumme Lanke) kaum geschaffen haben. Die teilweise von gewaltigen Hängen flankierte und durchschnittlich beträchtlich tiefe Rinne setzt für ihr Zustandekommen Wassermengen voraus, wie sie vielleicht bei einer Gletscherschmelze zur Verfügung stehen. Daß hier jedoch ein Schmelzwasserstrom ungehindert dahingeeilt ist, verträgt sich weder mit den ungleichen Tiefen der Rinne noch mit dem Vorhandensein der zum Teil mächtig aufragenden Quer- oder Sperriegel zwischen verschiedenen der noch offenen oder inzwischen bereits vermoorten Seen. Wer etwa bestimmte Einfallschausseen zum Grunewald überquert, sei es auf der Königsallee zwischen dem Hundekehlensee und dem Grunewaldmoor oder auf dem Fischerhüttenweg zwischen der Krummen Lanke und dem Schlachtensee, der begeht dort kein künstlich aufgeschüttetes Gelände.
    Vielleicht lagen einmal gehäufte Eispackungen eines Gletscherrandes im Richtungsverlauf der Rinne für eine Weile fest. Je nach Fallhöhe und nach ihrem Verlauf bearbeiteten deren Schmelzwasser den Untergrund verschieden, fraßen sich mehr oder minder tief darin ein und wuschen unterschiedlich aus. Es können auch bestimmte Wasserläufe unter dem Eise unter verschiedenem Druck geflossen sein, die ungleich ausnagend und ablagern tätig waren. Oder es mögen beim zeitlich nicht gleichmäßig erfolgten Rückzug des Gletschers die Wasser während der Abschmelze verschieden stark herabgepoltert und geflossen sein, so daß sie verschieden auskolkten und und die bewußten Sperriegel stehenblieben. Sind hier noch Fragen offen, so kann nach der bisherigen Bodenerkundung eine eiszeitlich bedingte Forumung auch der Grunewaldrinne nicht bezweifelt werden…
    Daß alle Seen ursprünglich noch sehr viel tiefer waren und zum Teil Höchsttiefen bin zu 20 m, stellenweise auch darüber hinaus (Seite 22: Riemeistersee bis zu 27 m!) , besaßen, beweisen die ihren einstigen Bodengrund überlagerten Faulschlammschichten. Sie sind das Ergebnis einer nach dem Abebben der Eiszeit einsetztenden Seeverlandung. Daß eine solche noch heute ihren Fortgang nimmt, mit einer Faulschlammbildung begann und beginnt und schließlich zur Vermoorung führt, werden wir noch erfahren…

 

Bitte bachten Sie die tollen Handzeichungen:

 

Weiterführend:

  • Vorsicht – gefährliche Moore!
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    • 06.11.2005 – Berliner Feuerwehr:
      „Eine dreiköpfige Familie (Mutter, Vater und 8-jährige Tochter) geriet bei einem Spaziergang in sumpfiges Gelände, aus dem sie sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien konnte. Die Personen wurden mit einem Schlauchboot der Feuerwehr aus dem Moorgebiet gerettet. Die Suche und Einsatzstellenbeleuchtung verfolgte unter Einsatz eines Polizeihubschraubers. Alle drei Personen wurden wegen des Verdachts der Unterkühlung, mit zwei RTW einem Krankenhaus zugeführt“.
    • 08.11.2005 – Berliner Kurrier:
      „Bis zu sechs Meter tief kann man beispielsweise in den grundlosen Postfenn und Teufelsfenn im Grunewald versinken. „Das Betreten ist hier absolut verboten“, sagt Marc Franusch, Sprecher der Berliner Forsten. Und weiter: „Dort ist es wirklich lebensgefährlich!“ Doch nicht nur aus Sicherheitsgründen muss man auf den befestigten Wegen bleiben.. Die meisten Sümpfe in Berlin gehören zu Naturschutzgebieten. „Sie sind meist eingezäunt“, weiß Franusch. Auf sicheren Wegen kann man sie umrunden und sich, wie am Teufelssee und Teufelsmoor in Köpenick, über die Artenvielfalt dieser Feuchtbiotope informieren. Entstanden sind die Berliner Moore mit der letzten Eiszeit. „Genau bei uns endete die Reise zahlreicher Eiszeitgletscher“, erklärt Holger Brandt von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Das abfließende Gletscherwasser hat Flüsse und Fließe gebildet, die noch heute bestehen.“ Entlang dieser Fließe (sehr kleine Flussläufe) bildeten sich so genannte Rinnenmoore. Sie erhalten ihr Wasser noch heute von den Fließen. Tückisch sind auch die früheren Seen, die jetzt langsam verlanden. Hier versinkt man besonders tief.“

  • Warum müssen die Grunewaldseen künstlich aufgefüllt werden?
    2007 – Senatsverwaltung:
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    „Die Berliner Wasserbetriebe halten die Grunewaldseen Schlachtensee, Waldsee, Krumme Lanke, Riemeisterfenn und Grunewaldsee nicht nur voll, sondern auch sauber.
    Seit 1913 fülllen sie die über Graben verbundenen Seen vom Schlachtensee aus mit Wannseewasser auf, das seit 1981 auch noch zusätzlich von Phosphorverbindungen befreit wird. Damit wird nicht nur für das Vergnügen sommertäglich tausender Badegäste gesorgt, sondern auch der Nachschub für das gute Berliner Grundwasser gesichert, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird.

    Die eiszeitlichen Grunewaldseen speisten sich früher hauptsachlich durch Grundwasser. Mit der industriellen Blüte Berlins stieg der Wasserbedarf rasant und die Wasserwerke Beelitzhof, Teufelssee und Riemeisterfenn ließen den Grundwasserstand im Grunewald sinken. 1910 lag der Nikolassee trocken und der Schlachtensee-Pegel zwei Meter unter Normal.

    Um das durch die Grundwasserförderung verursachte Defizit wieder auszugleichen, wurde ab 1913 Havelwasser aus dem Wannsee in den etwa einen Kilometer entfernt und etwa zwei Meter hoher liegenden Schlachtensee gepumpt. Das Mengenproblem war gelost, auch eine gewisse Durchströmung wurde geschaffen. Dafür entwickelte sich ab den 1950er Jahren ein Wassergüteproblem. Die Phosphorkonzentration nahm im Havelwasser und somit auch in den Grunewaldseen zu. Die Seen waren überdüngt, das ökologische Gleichgewicht durch Algenblute und Sauerstoffmangel stark gestört. Deshalb wurde 1981 am Kronprinzessinnenweg die Phosphateliminationsanlage Beelitzhof gebaut, die das Havelwasser mechanisch und chemisch von Phosphorverbindungen und Schwebstoffen reinigt.
    Heute sind die Grunewaldseen wieder klar und sauber.“