Schloss Pichelsdorf auf dem „Sack“

1907-04-07 Schildhorndenkmal mit Schloss-aDer Sack„, eine Landzunge mit Geschichte, welche mit der Schildhornsage in Verbindung gebracht wird und dessen Name leider in Vergessenheit zu geraten droht:

  • 1823 Valentin Heinrich Schmidt (1756–1838, Direktor des Köllnischen Gymnasiums in Berlin):
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    Über die Erwerbung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären, Berlin 1823, S. 45; nach einer Abschrift aus: 1868 Gymnasial-Director W. Schwartz in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams, Theil IV., Seiten 283 /
    Erstnennung der Schildhornsage mit dem Handlungsort Spandau/Pichelsdorf:
    In den Umgebungen Berlins ist ein anmutiges Eiland, von der Havel gebildet, der Pichelsdorfer Werder genannt. Auf dem Berlin entgegengesetzten Ufer liegt hier das zu Spandau gehörige Fischerdorf Pichelsdorf. Man erzählt, daß der letzte Brandenburgische Wendenkönig [dies wäre also, sagt Schmidt, Pribislav] von Albrecht dem Bären bei Spandau geschlagen sei. Der Wendenfürst wäre auf seiner Flucht zu einer schmalen Landzunge bei Pichelsdorf an der Havel, gewöhnlich der Sack genannt, gekommen, die Feinde hätten ihn verfolgt, und er hätte nun das Gelübde gethan, sich zum Christenthum zu bekehren, wenn er sich über die Fluth retten würde, da seine Götter ihn verlassen hätten. Muthig sei er mit dem Pferd in die Havel gesprengt und glücklich hindurch nach einer Landzunge gekommen. Hier habe er für seine Rettung dem Gotte der Christen dedankt und sein Schild auf die Landspitze gelegt, die noch heut zu Tage zum Andenken an den Wendenkönig den Namen „Schildhorn“ führt.
  • 1843Felix Adalbert K. Kuhn:

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    Das Dorf Pichelsdorf bei Spandau, bei welchem die Havel einen großen See bildet, ist eins der ältesten in der ganzen Gegend, denn die Einwohner erzählen, daß es bereits zu jenen Zeiten vorhanden gewesen sei, als die Leute noch in der Erde wohnten. Dicht am Einfluß in den genannten See bildet die Havel mit demselben eine sich ziemlich weit hin erstreckende Landzunge, die an ihrem äußersten Ende steil zum Wasser abfällt. Bis zu diesem Punkt soll einmal in alten Kriegszeiten ein Ritter, von seinen Feinden verfolgt, gekommen sein; bei seiner eiligen Flucht hatte er aber nicht bemerkt, daß ihm hier kein Ausweg sich darbiete, und die Feinde riefen daher bereits triumphierend:“Nun haben wir ihn wie in einem Sack“, woher auch dies Stück Land den Namen „der Sack“ erhalten hat
  • 1871Wilhelm Schwartz:
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    Bei den Pichelsbergen bildet die Havel einen großen See. Da soll in alten Zeiten während eines großen Religionskrieges ein Ritter, von seinen Verfolgern hart bedrängt, mit seinem Pferd hindurchgeschwommen sein. Als er nämlich auf seiner Flucht in die Landzungejenseits bei Pichelsdorf geriet, riefen seine Feinde triumphierend aus: „Jetzt haben wir ihn im Sack…
  • 1894Fontane:
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    …Jaczo, hart bedrängt von seinen Feinden, gerieth flüchtend auf die Pichelsdorfer Landzunge, dem sogenannten Sack. Schon ertönte dicht hinter ihm das Siegesgeschrei seiner Verfolger, welche wähnten, ein Entrinnen sei dem Wendenfürsten nicht mehr möglich, als Jaczo seinem edlen Roße die Sporen gab, sich mit seinem Pferde von der Anhöhe in die Fluthen der Havel stürzte und schwimmend das jenseitige Ufer zu erreichen strebte…“
  • 1902Berdrow:
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    Wo die Havel unweit von Pichelsberge eine größere Breite einnimt, da warf sich Jaczo, als er sich von dem grimmen Feinde verfolgt sah, in den Fluß. Nach hartem Kampfe mit den Wellen erreichte er mit seinen treuen Roß das jenseitige Ufer.
    Womit „Der Sack“ und der „Breite See“ gemeint sein könnte.

Das Foto oben rechts ist insofern sehr schön, weil es zufälligerweise die Schwimmstrecke von Jaczo zeigt. Das Denkmal selbst ist mit seinem Kreuz auf der Spitze genau auf den Sack ausgerichtet.

Andere Quellen gehen jedoch davon aus, dass er von Weinmeisterhorn oder vom Bereich des Jaczoturms aus die Havel durchschwommen hat. Ich orientiere mich aber an der oben zitierten (ersten genauen) Nennung von 1823.

  • 1873 – „Schließlich erbaute sich der Berliner Julius Busse um 1873 eine große Villa am Pichelssee und im benachbarten Pichelsdorf 1875 eine Brauerei, die er aber bald wieder aufgeben mußte„, schrieb Arne Hengsbach in der Mitteilung 1/1978 des Vereins für die Geschichte Berlins.

Diese Villa trug im Volksmund auch den Namen „Schloss Pichelsdorf“, obwohl es eigentlich gar kein Schloss war. Sie lag auf dem „Sack“, also auf der Landzunge zwischen der Scharfen Lanke, dem Breite See und dem Gemünd(e) (Einfahrt zum Havel-Kanal (Pichelssee)). Der Garten der Villa wurde auch nicht nur im Volksmund als „Schlosspark“ bezeichnet, sondern auch in mehreren Landkarten (siehe Galerie).

1897-06-23 Schlosspark Pichelsdorf kleinLeider existieren von der Villa nur sehr wenige überlieferte Ansichten. Eine stammt von einer Postkarte, welche am 23.06.1897 von Berlin nach Goslar verschickt wurde. Sie trägt die Bezeichnung „Gruss aus Restaurant Schlosspark Pichelsdorf“ und zeigt die am Breite See gelegene Villa mit einem großen Restaurantgarten, einem (Aussichts)turm, welcher auch auf anderen Fotos zu erkennen ist, sowie ein Blick nach Schildhorn. Als Inhaber des Restaurant ist „H. Werner“ ausgewiesen, wie sich aus einer gleichen Karte vom 15.06.1899 ergibt und welche von „Margarete Werner“ unterschrieben wurde.

Eine weitere Darstellung der Schloss-Villa befindet sich auf der Seite von Herrn Dëus-von Homeyer – www.pichelsdorf.infoAnsicht von 1898. und inzwischen ist es mit nach vielen Jahren gelungen diese Zeichung auch zu erwerben, sogar mit Signatur von Max Manfred von der Heyden.

Hierbei handelt es sich eindeutig um das selbe Gebäude. Diese Abbildung zeigt die Villa und zusätzlich das Wappen des inzwischen erloschendem rheinländisch-luxemburgischen UradelsgeschlechtsVon der Heyden„, sowie die Bezeichnung „Bücherei Schloss Pichelsdorf adH“ (auf der Höhe?).

Bei Freiherr Max Manfred von der Heyden handelte es sich um einen künstlerisch tätigen Heraldiker. Im Internethandel gibt es mehrere Wappen und (Buch)Zeichnungsdrucke bzw. Exlibris von ihm. So zum Beispiel einer Vogelzeichnung von Margot von der Heyden.

Zunächst hatte ich den Verdacht, dass es sich bei der Villa ab 1898 um den Familiensitz des Künstlers gehandelt haben könnte. Diesen habe ich wegen der vorher (1897) und später (1899) datierten Ansichtskarte aber verworfen. Die Angabe „Bücherei“ dürfte sich vermutlich so nicht auf das Schloss Pichelsdorf beziehen, sondern auf seinen Namen und seine Tätigkeit als künstlerischen Gestalter bzw. seine „Werkstatt“. Ansonsten erscheint das Wirken und die Familiengeschichte von ihm und anderen Namenstragenden noch recht unerforscht. An dieser Stelle möchte ich daher auch noch einen interesanten Link auf die Entstehung der „Von der Heyden und von Schütz’sche Stiftung“ legen, wobei es diesseits keinen Hinweis zu einem Bezug zum „Schloss Pichelsdorf“ gibt.

Seit 1960 befindet sich auf dem Gelände das IG Metall-Bildungszentrum Berlin.

  • 2010 – 50 Jahre IG Metall Bildungsstätte Berlin – das besondere Haus am See – lesen

In dem mir vorliegenden Landkarten, taucht der Name „Der Sack“ in den Jahren 1816, 1835 und 1902 auf. Zusätzlich auch, wie oben beschrieben, 1823 bei Valentin Heinrich Schmidt. Die Bezeichnung „Schlosspark“ kann ich hier ab 1897 und 1904 belegen.

Heutzutage ist der Name „Schloss Pichelsdorf“ in Vergessenheit geraten.

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