1950 Schmook, Seite 100/101:
1 Million Waldbesucher an Karfreitag
„An einem Karfreitag – es lag Neuschnee bei mäßigen Froste – wimmelte es einmal besonders stark von Menschen. Ich weiß nicht woran es lag, wahre Menschenströme ergossen sich von früh bis spät in den Wald. An bevorzugten Stellen drängten sie sich knapp vorwärts, wie abends in der Leipziger und Friedrichstraße. So am Grunewaldsee, bei Paulsborn, an der Saubucht und bei Schildhorn.
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Am nächsten Tage bat ich die Leitung der Verkehrsgesellschaft – Stadtbahn, Elektrische Bahn, Untergrundbahn, Autobusse, um gelegentliche Angaben der nach Grunewaldzielen verausgabten Fahrscheinzahlen. Die erhielt ich freundlicherweise einige Wochen darauf: 815 000 Fahrgäste hatten sich an jenem Karfreitag mit der Stadtbahn, den elektrischen Bahnen, U-Bahn, Autobussen nach Eichkamp, Grunewald, Nikolassee, zum Kurmärkerplatz, Roseneck, Pichelswerder und den übrigen Endstationen für den Grunewald befördern lassen. Rechnet ich nun noch die Insassen der unzähligen Privatautos und Karen, die Motorradfahrer, Pferdefuhrwerke, Reiter, Radfahrer, Fußgänger aus der Nachbarschaft hinzu, so kam eine volle Million Waldbesucher heraus. So schlimm war es natürlich nur selten! Jedoch konnte man an besonderen Feiertagen mit Hunderttausenden, an Sonntagen mit Zehntausenden von Grunewaldbesuchern immer rechnen. Auch wochentags ergingen sich stets Zehntausende in ihrem lieben Stadtwalde. Dementsprechend sah der nach solchen Masseninvasionen aus: Die Hänge zertrampelt, die Zäune demoliert, überall Jungwüchse und ältere Bäume beschädigt. Zweige abgeknickt, verwelkte Sträuße lagen umher, Bänke zertrümmert……Und wahre Fluten von Papier, Scherben, Dosen, Unrat…..
7500 Mark hat mir in einem Jahre der Magistrat zur Verfügung gestellt, um mit Hilfe von Erwerbslosen diesen Abfall wieder zu beseitigen! Sie wurden restlos ausgegeben! Dabei hingen allerorts Papierkörbe neben den Bänken an den Bäumen. Auch die wurden zerstört und, soweit sie aus Draht waren, in der Havel als Fischreusen von ganz Findigen mißbraucht! Wir Forstleute waren immer froh, wenn so ein Festtag wieder ohne allzu große Schäden, besonders ohne Waldbrand – aber der blieb selten aus – vorübergegangen war….. Und sicherlich das Wild auch…… “
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1950 Schmook, Seiten 7/8:
Hangbefestigungen I
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Als dann die Menschenströme sich in immer stärkerer Zahl infolge guter Verkehrsmöglichkeiten in den Grunewald alltäglich ergossen – in meiner Jugendzeit war es beim Schulausflug vom Schöneberger Prinz-Heinrich-Gymnasium mit der Pferdebahn bis Hundekehle eine Halbtagesreise -, und als jegliche Achtung vor der Natur dahinschwand, trampelten Unvernünftige alle Hänge so zusammen, daß Streudecke und Grasnarbe schwanden, worauf regengüsse den dürren Sand in die Tiefe rissen und dabei die lehmschichten freischwemmten. Nach jedem größeren Gewitter mußten dann Arbeiterkolonnen die Havelchaussee wieder freischaufeln, bis ich 1930 – 1933 mit Tausenden von Erwerbslosen in mühevoller Arbeit alles wieder nach oben schaffen und mit Havelschlamm durchsetzt. meterweise befestigen ließ.
Zwar erregten meine Stacheldrahzäune den Unwillen vieler Menschen, aber nur unter ihrem Schutze gelang mir die Neubefestigung und der Unterbau der gefährdeten Hänge und damit die Erhaltung der landschaftlichen Schönheiten. Pichelswerder, Hundekehlenseeufer, Grunewaldseehänge, Havelhänge von Schildhorn bis zum Großen Fenster und Wannsee wurden so in mühevoller und nicht immer anerkannter Arbeit Stück für Stück wieder hergestellt.„
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1950 Schmook, Seite 170: Hangbefestigungen II
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„Ich war damals mit den Vorbereitungen zu jenen gewaltigen Hangbefestigungsarbeiten auf Pichelswerder und an den Havelhängen, sowie an den Grunewaldseen beschäftigt, die mich später noch jahrelang in Anspruch nahmen. Galt es doch, Tausende von Erwerbslosen, hauptsächlich aus Spandau, mit nutzbringender Arbeit zu beschäftigen. Die Vorbesichtigungen und Besprechungen an Ort und Stelle erforderten eine ganze Menge Zeit, zumal ich ja alle Wege zu Fuß oder mit meinem Dienst-Tretmobil zurücklegen mußte.“
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1950 Schmook, Seite 210:
Holzabfuhrstraße und Restaurationskahn am Großen Fenster
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“Für mich war die Zeit zur Heimkehr zu knapp. Aber in der Zwischenzeit konnte ich noch andere Dienstangelegenheiten in der Nähe erledigen. Eine unvorhergesehene Revision in einer meiner Baubuden an den Havelhängen konnte nichts schaden. Ich hatte da von der Hauptabteilung eine kleinere abgezweigt, die unter Aufsicht eines Forstgehilfen einen kleinen Berg zu verlegen hatte, der mir bei meinen Wegebauplänen hinderlich war. Denn es fehlte eine gute Holzabfuhrstraße zwischen Saubucht und Großem Fenster, deren Bau ich nun mit den Erwerbslosen begonnen hatte. [Hinweis: Es handelt sich vermutlich um den “Schwarzen Weg”, Kartenausschnitt siehe bitte unter
Havelberg.]
Als ich zur Havel hinabschritt, schwankten über den Landungssteg des dicht am Ufer liegenden Restaurationskahnes unter gröhlendem Gesange drei Gestalten, zwei Männer und eine Frau. Einen Augenblick blieb ich stehen, denn ich fürchtete, möglicherweise helfend einspringen zu müssen, wenn die drei sichtlich stark verunnüchterten Menschen vom schmalen Stege ins Havelwasser oder in den Schilfmorast fallen sollten. Es ging aber gut. Mit der Behauptung: “So leben wir alle Tage…” wackelten die merkwürdigen Zeitgenossen dem Walde zu. Die Revision auf meiner Baubude war kurz und verlief in voller Ordnung, der junge Forstmann war auf dem Posten! Langsam bummelte ich also wieder waldwärts bergauf, um mich allmählich beim Fuchsbau einzufinden.“