Tierversuche mit Nachtigallen auch aus dem Grunewald
Berliner Abgeordnetenhaus – Drucksache 18 / 13 363, veröffentlicht am 27.02.2018
Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler (LINKE) vom 31. Januar 2018 (Ei
Antwort der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierungzum Thema:
Tierversuche mit Nachtigallen
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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
1. Treffen Presseberichte zu, wonach Berliner Wissenschaftler 36 Nachtigallen aus der Natur entnehmen wollen, um Tierversuchsvorhaben an ihnen durchzuführen?
Zu 1.: Ja, es handelt sich jedoch um 35 Nachtigallen.
2. Welchem Zweck dient das Tierversuchsvorhaben?
Zu 2.: Das Tierversuchsvorhaben dient der Grundlagenforschung. Es sollen neurobiologische Prozesse untersucht werden.
3. Welche Maßnahmen sind laut dem Versuchsaufbau zwecks der Entnahme aus der Natur geplant?
a. Welche Kriterien bestehen bezüglich der Auswahl der Nester?
b. In welchem Gebiet/welchen Gebieten Berlins soll die Entnahme stattfinden?
c. In welchem Alter sollen die Jungtiere sich bei der Entnahme befinden?
d. Welche Vorkehrungen planen die Forscher hinsichtlich der Eltern?
e. Wie viele Jungtiere sollen pro Nest entnommen werden bzw. wie viele Brutpaare wären von der Entnahme betroffen?
Zu 3.: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) hat das Tierversuchsvorhaben grundsätzlich genehmigt, jedoch keine Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Tierschutz- Versuchstierverordnung (TierSchVersV) für dieses Versuchsvorhaben erteilt. Demnach dürfen keine aus der Natur entnommenen Tiere in dem geplanten Tierversuch verwendet werden.
Zu a.: Es war geplant, Nester auszuwählen, bei denen zuvor beobachtet wurde, dass sie ein Gelege enthalten.
Zu b.: Für folgende Gebiete wurde die Entnahme von Nachtigallen beantragt:
– Dreipfuhl-Park
– Thiel-Park/Triest-Park
– Gleisdreieck-Park (Süd)
– Gleisdreieck – Südkreuz
– Gasometer
– Grunewald
– Schlossgarten Charlottenburg (Nord/Süd)
– Schuttberg
– Strandbad Wannsee
– Südgelände (Mitte/Nord/Süd)
– Teufelsberg
– Teufelssee
– Tiergarten (Nord/Nordost/Nordwest/Süd/Südost/Südwest)
Zu c.: Zum Zeitpunkt der Entnahme sollten die Tiere drei Tage alt sein.
Zu d.: Es waren keine besonderen Vorkehrungen für die Eltern geplant.
Zu e.: Es sollten maximal zwei Tiere pro Nest entnommen werden.
4. Welche Belastungen entstehen für die Tiere sowohl für die Jungtiere als auch für die Eltern?
Zu 4.: Die maximale Belastung für das Einzeltier in diesem Versuchsvorhaben wurde vom Antragsteller als mittel eingeschätzt. Die Tiere werden einer Operation unterzogen, wobei das LAGeSo den Belastungsgrad als mittelgradig einstuft.
5. Wie lange sollen die Tiere dem Versuch zur Verfügung stehen?
Zu 5.: Die Tiere sollten aufgezogen und im Erwachsenenalter für 21 Tage im Versuch eingesetzt werden.
6. Mit welcher Begründung wurde der Versuch von der Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klima abgelehnt?
Zu 6.: Der Bescheid von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vom 07.11.2017 bezüglich der Entnahme von bis zu 50 Nachtigallen wurde in der Hauptsache aufgrund des fehlenden Nachweises abgelehnt, dass keine gegenüber der Naturentnahme anderen Alternativen – insbesondere die Verwendung von Zuchtvögeln – zur Verfügung stehen. Die Alternativprüfung schreibt das Bundesnaturschutzgesetz § 45 Absatz 7 Satz 2 in Umsetzung des Artikel 9 EG-Vogelschutzrichtlinie vor.
7. Wie viele Versuchsanträge gab es in den letzten drei Jahren, bei denen Wildtiere aus der Natur entnommen wurden und wie viele davon wurden genehmigt? Bitte nach Tierart und Tieranzahl aufschlüsseln.
Zu 7.: In den letzten drei Jahren sind bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zwei Anträge eingegangen. Es handelte sich hier um einen Versuchsantrag zur Entnahme von Wildtieren (10 Fledermäuse) aus der Natur, für den eine Ausnahme zugelassen wurde und einen Versuchsantrag zur Entnahme von Wildtieren (50 Nachtigallen) aus der Natur, für den keine Ausnahme zugelassen wurde.
Beim LAGeSO wurden in den letzten drei Jahren acht Versuche beantragt, für die aus der Natur entnommene Wildtiere verwendet werden sollten: 40 Fledermäuse, 156 Igel, 120 Waschbären, 40 Feldhasen, 35 Nachtigallen, zwei Mal je 144 Fische und 100 Biber.
Davon wurden sieben Versuche genehmigt, zu dem achten bestehen noch unbeantwortete Nachfragen.
Für sechs dieser Versuche wurde eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 TierSch-
VersV erteilt. In diesen Projekten werden die Tiere mit Sendern versehen und wieder in
die Natur entlassen bzw. bei den Fischen Verhaltensversuche durchgeführt, die zu keiner bleibenden Beeinträchtigung führen. Für den Versuch, für den 35 Nachtigallen aus der Natur entnommen werden sollten, wurde keine Ausnahmegenehmigung erteilt (s. auch Antwort zu Frage 3.). Ebenso wurde für die noch nicht genehmigte Besenderung von Bibern noch keine Ausnahmegenehmigung erteilt.
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Berlin, den 14. Februar 2018
In Vertretung
Margit Gottstein
Senatsverwaltung für Justiz,
Verbraucherschutz und Antidiskriminierung