Karl Deibel: Glückwunsch zum 24. Geburtstag
Diese Postkarte habe ich am 18. Juli 2017 für insgesamt 4,00 € über ebay ersteigert. Also wieder einmal wenig Geld für ein kleines Zeitdokument. Gelaufen ist sie am 10. April 1922 und frankiert mit insgesamt 75 Pfennig. Deutschland befand sich zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Einsetzten der Hyperinflation. Abgeschickt wurde sie in Charlottenburg.
Es ist eine ungewöhnliche Glückwunschkarte zum 24. Geburtstag und auch hier konnte ich etwas herausfinden:
Herr Karl Deibel war ein politischer Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur, indem er unter anderem in der Großbeerenstraße 92 in den Jahren 1943 und 1944 mindestens zehn jüdische Mitbürger vor den Verfolgungen durch das NS-Regime versteckte. Er wurde am 11. April 1897 geboren und verstarb am 01. Mai 1981.
Die Karte wurde am 10. April 1922 verschickt.
- Glückwunschgeber ist ein Herr „Hans Kolldewuppdich“, wobei dies als Wertschätzungsaxiom für „Hans Kollde“ (oder „Hans Kallde“) und „wuppdich“ stehen könnte, also „Hans drückt Dich“ oder „Hans knuddelt Dich“ oder ähnliches.
- Über die Namen „Hans Ko(a)llde“ konnte konnte ich nichts herausfinden.
- Karolus dürfte für eine Bezugname auf den Vornamen „Karl“ darstellen.
- Offen ist, was „Bundesgenosse“ bedeutet?
- Berliner Adressbuch 1922:
– Karl Deibel – kein Eintrag gefunden
– Hans Kollde/Kallde – kein Eintrag gefunden
– Lützowstraße 105:
Ostermann & Co. Import – Export
und Sachsawerke Ostermann & Co.
Und mit „Sachsawerke Ostermann & Co“ damit bietet Goggle ein sehr gutes Suchergebnis:
Die Firma Sachsawerke Ostermann & Co. produzierte Maschinen für die Holz-,Leder- und Textilbearbeitung. Es handelte sich um den väterlichen Betrieb von Karl Deibel. Eine ausführliche Abhandlung über Karl Deibel findet sich in dem Buch
- Otto Weidt: Anarchist und »Gerechter unter den Völkern« (Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand / Reihe A: Analysen und Darstellungen) Gebundene Ausgabe – 26. Juli 2017 von Robert Kain
So auf den Seiten ab 303 („Das Versteck „Großbeerenstraße 92„. Karl Deibel, Emma Trostler und andere“) und 305 ff. (Helfer: Karl Wilhelm Deibel“). Ansonsten ist er im Personenregister auf zahlreichen Seiten aufgeführt.
Ich belasse es an dieser Stelle damit, denn die Karte konnte ich zuordnen.
Bleibt nur noch die Frage offen, wer der Absender der Karte „Hans Kalldewuppdich“ ist?
Weiterführend:
- Spiegel, 08.09.2009: „Vergessene Orte„
Weiterführend, 10.12.2021:
Herr Ralph Boehm, Vorsitzender des Förderverein Heimatmusem Bad Sachsa e.V. konnte dankenswerterweise wie folgt weiterhelfen:
Sehr geehrter Herr Gerber, auf der Suche nach den Familien Deibel und Ostermann bin ich auf Ihre Beschreibung des EBAY-Fundes vom 1. August 2017 gestoßen.
- Der dort genannte Karl Deibel ist der Sohn von Louis Deibel und Elisabeth geb. Fleckinger.
- Die Firma „Sachsawerke – Ostermann & Co“ war in Bad Sachsa ansässig.
- Der Herr „Hans Kollde…“ – wird sein Hans Koldewey (geb 29.7. oder 30.7.1895 in Bad Sachsa , gest. 1969)
- Der „Bundesgenosse“ wird sich auf die Verbindung ehemaliger Schüler des hiesigen Gymnasiums Pädagogium beziehen (Dafür spricht auch der lateinische KAROLUS XXIV).
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