Opferstein
SPANDAUER FINDLING GESUCHT – Wer kann Hinweise geben?
Herr Ulrich Deus-von Homeyer hat auf seiner interessanten Webseite www.pichelsdorf.info folgende Suchmeldung veröffentlicht:
Mir ist nicht bekannt, wo sich der Stein genau befunden hat. Ich vermute an einem Weg in der tiefen Schlucht zwischen dem Rackwitz-Anwesen und der Heerstraße. Ich habe mir das auch mal angeschaut. Denn ich vermute, dass noch der Backstein-Sockel vorhanden sein könnte. Leider konnte ich aber unter dem dichten Laub, Humus und unter den zum Teil dichten Bodenpflanzenbewuchs nichts finden. Auch in alten Landkarten konnte ich keinen Hinweis auf seinen ehemaligen Standort finden.
Historische Beschreibungen:
- 1880 Ernst Friedel:
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Vorgeschichtliche Funde aus Berlin und Umgegend. Festschrift für die XI. allgemeine Versammlung der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte zu Berlin 1880. Verfasst von Ernst Friedel (Stadtrath und Dirigenten des Märkischen Provinzial-Museums, Ausschussmitglied der Berliner Anthropologischpn Gesellschaft, Zweitem Vorsitzenden des Vereins für die Geschichte Berlins und Lokalgeschäftsführer der Versammlung). Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin. Heft XVII, Berlin 1880, Seiten 85-87:
“In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 2. Mai 1880 fand ich folgende auffällige Nachricht:
„Eine interessante Feier fand, wie der „Börsen-Courier“ meldet, am Mittwoch Nachmittag unter zahlreicher Betheiligung hiesiger Gelehrten und Alterthumsforscher auf der kleinen Insel Pichelswerder bei Spandau statt. Im August vorigen Jahres hatte auf dem Pichelswerder bei einer seiner zahlreichen Exkursionen der Landschafter Beisser in einer eigenartigen Mulde auf der Höhe eines Hügels tief unter dem Moose versteckt, die glatt behauene Fläche eines grauen Sandsteins entdeckt. Unter Mithülfe des Herrn Restaurateurs Ratthei auf Pichelswerder legte Herr B. die Ober- und eine Seitenfläche des Steines frei, der sich nun von kolossalen Dimensionen zeigte. Der Fund wurde seiner Zeit von den hiesigen Zeitungen gemeldet und wurde der Pichelswerder Zielpunkt der Ausflüge zahlreicher Gelehrten und Forscher, die in dem interessanten Stein einen uralten „Wendischen“ Opferaltar erkannten. Der Direktor des Märkischen Museums, Herr Stadtrath Friedel, besichtigte den Fund und bestätigte den Ausspruch. Da die Jahreszeit eine zu vorgerückte war, wurde die völlige Blosslegung des Opfersteins auf dieses Jahr verschoben. Am Mittwoch hatte sich nun eine zahlreiche Gesellschaft aus Berlin und Spandau eingefunden, um der völligen Freilegung des Steines beizuwohnen. Derselbe wurde mit Hebebäumen aus seinem Lager gehoben und auf einen in gerader Richtung von seinem Fundort am Fusse des Berges an einem stark frequentirten Wege errichteten meterhohen zementirten Sockel aufgestellt. Der Stein, welcher ein ungefähres Gewicht von 20 Zentnern hat, präsentirt sich nun als ein von den Jahrhunderten dunkel gefärbter Sandsteinwürfel mit scharfkantigen Ecken und ziemlich glatt behauenen Flächen. Auf der Oberfläche befindet sich eine Anzahl runder Löcher von ca. 3 cm Weite und 10-15, cm Tiefe, die dazu dienten, steinerne Pflöcke, an denen die Opferthiere befestigt wurden, aufzunehmen. Auf zwei Seiten des Steines sind wendische Schriftzeichen noch deutlich erkennbar. In der Grube, in welcher der Stein lag, wurden einige Urnen und Knochenüberreste gefunden, die jedoch sofort in Staub zerfielen. Der mitanwesende Geologe Dr. Sieber untersuchte die ausgeschachtete Erde und fand dieselbe von menschlichen Aschentheilen und Knochenüberresten so durchsetzt, dass die Annahme sehr nahe liegt, der Standort des Opferaltars habe sich in unmittelbarer Nähe eines wendischen Friedhofs befunden. Nachdem die Aufstellung des Steines stattgefunden, hielt der erste Entdecker des interessanten Fundes, Herr Landschafter Beisser, in kurzen kräftigen Worten eine Weihrede und schloss mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm, in welches alle Anwesenden einstimmten.„
Zu dieser schwungvollen Schilderung folgende nüchterne Richtigstellung.
Ich habe mich über den sogen. Altarstein niemals zuvor geäussert, denselben auch zuerst am Himmelfahrtstage, den 6. Mai 1880 besichtigt.
Der Pichelswerder enthält eine von Nord nach Süd streichende Längsmulde, oben mit leichtem Sand bedeckt, auf den strenger Lehm folgt; in diesem hat der Stein mit seiner plattesten Seite gesteckt und zwar auf der Westseite des östlichen Anberges der Mulde; von diesem Anberg hat man den Stein heruntergewälzt und am Fusse jenes auf einem Mauersteinsockel aufgestellt. Der Stein hat allerdings ein auffälliges Aeussere. Es ist ein erratischer Block mit einer deutlich erkennbaren Verwitterungsrinde; die von mir gesammelten Proben ergaben sich als ein grobkörniger Sandstein, hie und da so weich, dass er mit den Fingern zerbröckelt werden kann, an anderen Stellen, namentlich wo die Verwitterungsrinde unversehrt ist, so hart, dass er ohne abzusplittern unter dem. Stahl Funken sprüht. Der Stein ist aber gewaltsam verletzt und wie er jetzt steht, das obere Stück weggeschlagen, desgl. fehlen an der Vorderseite, vom Wege aus gesehen, Stücke. Die Rückseite ist auffällig plan und hier die Möglichkeit, dass Menschenhände nachgeholfen haben, umsoweniger ausgeschlossen, als die glatte, dem Gesicht und Gefühl leicht wahrnehmbare Verwitterungskruste hier fehlt. Der Stein bildet ungefähr ein rechteckiges Parallelopipedon, ca. 85 cm hoch, ca. 60 cm breit. Auffallend ist nun der Stein von wurmartigen Röhren oder Kanälen durchsetzt, die bis 30 cm und weiter von mir verfolgt sind und von Stricknadelweite bis zum Durchmesser von 5 cm variiren, im Allgemeinen kreisrund. Von Menschenhand können diese tiefen Löcher nicht gemacht sein, weil sie wurmartig gewunden sind und im Innern beträchtliche Winkel bilden, die man wohl mit dem Finger oder einer biegsamen Gerte austasten, nicht aber künstlich herstellen kann. An der Mündung sind einige grössere Kanäle hier und da anscheinend absichtlich von Menschenhand erweitert. Ob die Löcher auf Erosionserscheinungen oder bohrende Thiere (Würmer, Weichthiere) deuten, ist hier gleichgültig, auch unter dieser Voraussetzung muss der Stein, wo er freilag, den Menschen der Vorzeit ebensogut aufgefallen sein, wie er den heutigen Besuchern auffällt. Nun sind von Natur ausgehöhlte und durchlöcherte Blöcke von jeher Gegenstand besonderer Beachtung und selbst Verehrung gewesen, und so möglichenfalls auch dieser Block. Hierfür würde es sehr sprechen, wenn man unter und neben dem Block wirklich Knochen- und Kohlenreste entdeckt hätte. An Urnenscherben ist nichts gefunden, Herr Leo Alfieri, Bibliothekar des Vereins für die Geschichte Berlins, legte mir mehrere in der Grube, worin der Block lag, gefundene Steine vor, darunter ein Feuersteinprisma, das als von Menschenhand bearbeitet, passiren kann. – Vergl. noch Herrn Alfieri’s und meinen Bericht hierüber in V. f. A. Sitzung vom 22. Mai 1880.”
Ich habe mich über den sogen. Altarstein niemals zuvor geäussert, denselben auch zuerst am Himmelfahrtstage, den 6. Mai 1880 besichtigt.
Der Pichelswerder enthält eine von Nord nach Süd streichende Längsmulde, oben mit leichtem Sand bedeckt, auf den strenger Lehm folgt; in diesem hat der Stein mit seiner plattesten Seite gesteckt und zwar auf der Westseite des östlichen Anberges der Mulde; von diesem Anberg hat man den Stein heruntergewälzt und am Fusse jenes auf einem Mauersteinsockel aufgestellt. Der Stein hat allerdings ein auffälliges Aeussere. Es ist ein erratischer Block mit einer deutlich erkennbaren Verwitterungsrinde; die von mir gesammelten Proben ergaben sich als ein grobkörniger Sandstein, hie und da so weich, dass er mit den Fingern zerbröckelt werden kann, an anderen Stellen, namentlich wo die Verwitterungsrinde unversehrt ist, so hart, dass er ohne abzusplittern unter dem. Stahl Funken sprüht. Der Stein ist aber gewaltsam verletzt und wie er jetzt steht, das obere Stück weggeschlagen, desgl. fehlen an der Vorderseite, vom Wege aus gesehen, Stücke. Die Rückseite ist auffällig plan und hier die Möglichkeit, dass Menschenhände nachgeholfen haben, umsoweniger ausgeschlossen, als die glatte, dem Gesicht und Gefühl leicht wahrnehmbare Verwitterungskruste hier fehlt. Der Stein bildet ungefähr ein rechteckiges Parallelopipedon, ca. 85 cm hoch, ca. 60 cm breit. Auffallend ist nun der Stein von wurmartigen Röhren oder Kanälen durchsetzt, die bis 30 cm und weiter von mir verfolgt sind und von Stricknadelweite bis zum Durchmesser von 5 cm variiren, im Allgemeinen kreisrund. Von Menschenhand können diese tiefen Löcher nicht gemacht sein, weil sie wurmartig gewunden sind und im Innern beträchtliche Winkel bilden, die man wohl mit dem Finger oder einer biegsamen Gerte austasten, nicht aber künstlich herstellen kann. An der Mündung sind einige grössere Kanäle hier und da anscheinend absichtlich von Menschenhand erweitert. Ob die Löcher auf Erosionserscheinungen oder bohrende Thiere (Würmer, Weichthiere) deuten, ist hier gleichgültig, auch unter dieser Voraussetzung muss der Stein, wo er freilag, den Menschen der Vorzeit ebensogut aufgefallen sein, wie er den heutigen Besuchern auffällt. Nun sind von Natur ausgehöhlte und durchlöcherte Blöcke von jeher Gegenstand besonderer Beachtung und selbst Verehrung gewesen, und so möglichenfalls auch dieser Block. Hierfür würde es sehr sprechen, wenn man unter und neben dem Block wirklich Knochen- und Kohlenreste entdeckt hätte. An Urnenscherben ist nichts gefunden, Herr Leo Alfieri, Bibliothekar des Vereins für die Geschichte Berlins, legte mir mehrere in der Grube, worin der Block lag, gefundene Steine vor, darunter ein Feuersteinprisma, das als von Menschenhand bearbeitet, passiren kann. – Vergl. noch Herrn Alfieri’s und meinen Bericht hierüber in V. f. A. Sitzung vom 22. Mai 1880.”
- 1927 Wolter, Sommer, Klotz, Seiten 144-145:
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“Vom Steilhang aus überqueren wir einen von Nord nach Süd sich erstreckenden Kamm und kommen in ein schattiges, schluchtartiges Tal. – Es beginnt nördlich der Heerstraße und wird von dieser senkrecht durchschnitten. – In südlicher Richtung läuft es zwischen zwei Höhenzügen zum Haveltal und mündet in den ehemaligen Pichelssee. – Von einem geschütteten Wege, der an dem Rackwitzschen Lokal vorbei zum alten Königgrätzer Garten führt, wird es noch einmal unterbrochen. Form und Oberflächenbeschaffenheit deuten darauf hin, daß es durch fließendes Wasser und Gletscherrande gebildet worden ist.
In diesem Tal liegt ein fast würfelmörmiger (1:70:60), stark beschädigter Quarzitblock, der auf einem Ziegelsteinfundament ruht. – Man ist bemührt gewesen, ihn als heidnischen Opferaltar auszugeben. Vielleicht haben seine Form und die Löcher, die ihn durchsetzen und als Blutrinnen gedeutet werden, Anlaß dazu gegeben. Ursprünglich lag er auf dem östlichen Hang, der die Mulde begleitet. Nach Aussagen älterer Leute aus der Umgebung ist er von einem Naturfreund und dessen Bekannten in den 70iger Jahren ausgegraben und in die Schlucht gekantet worden. Hier hat ihn der alte Herr Rackwitz als “Opferstein” auf das Ziegelfundament gesetzt. Tausende von Spaziergängern kommen an ihn vorbei, fahren mit den Spazierstöcken in die Löcher und stellen Fragen nach der Vergangenheit an ihn. Aber den meisten gibt er keine Antwort.
Wir haben es wohl mit einem Braunkohlenquarzit des Tertiärs zu tun, den das Gletschereis hierher transportiert und abgelegt hat. Die Herkunft der Löcher läßt sich nicht ganz einwandfrei feststellen; man erkennt aber daß sie von Menschenhand stark vergrößert worden sind. Wenn wir es mit einem Braunkohlenquarzit zu tun haben, dann könnten die Löcher von Baumwurzeln tertiärer Bäume herrühren. Bei genauem Untersuchungen des Werders und der Pichelsberge wurden in der Schwarzen Kehle (Anmerkung: Heutige Murellenschlucht) zwischen Pichelsberg und dem Murellenberg Quarzite mit derselben Gesteinsbeschaffenheit und den charakteristischen Löchern, nur etwas kleiner, gefunden. Sie sind teilweise beim Eisenbahnbau freigelegt worden. Eins von diesen Geschieben hat noch größere Ausmessungen als der Opferstein und ist auch quaderförmig.”
- 2010 Aus einem Forum:
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In einem Forum schrieb ein Nutzer mit dem Nickname “Tammy” am 09.11.2010 folgendes:
“Auf der Halbinsel Pichelswerder gab es einen grossen, mit Nischen und Löchern behauenen Findling, den sogenannten „Slawenstein“. Ein alter Mann erzählte mir, dass der auf einem Sockel stehende Stein ungefähr in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts von einer Baufirma abtransportiert worden sei. Seitdem ist der Stein verschwunden, obwohl manche Mitglieder des Spandauer Heimatvereins bis heute danach forschen.”