Stößenseebrücke
Die Brücke wurde ursprünglich Heerstraßenbrücke genannt und ich meine auch, dass sich dieser Name umgangssprachlich zum Teil auch bis heute für die Stößenseebrücke erhalten hat.
Erbaut wurde die Brücke in den Jahren 1908/09 nach Plänen von Karl Bernhard, ebenso wie die etwas weiter westlich gelegene Freybrücke (vormals Havelbrücke).
Ein sehr interessantes Bauwerk.
Von der Brücke bietet sich ein hübscher Ausblick auf den geteilten Stößensee (der extreme Verkehrslärm der Heerstrasse stört natürlich).
Aber es lohnt sich auch, sich die Brücke mal von unten auszuschauen. In weiten Teilen ist sie wie eine Burg gebaut und die Stahlträger wirken sehr imposant. Der westliche Pfeilerbereich ist leider gesperrt, obwohl es dort einen kleinen Fusweg gibt und man von dort an das Wasser heran könnte.
Laut einer Augenzeugenquelle wurde die Brücke im II. Weltkrieg nicht durch Bomben zerstört und auch nicht gesprengt.
1966 stürzte ein sowjetisches Kampfflugzeug in den südlichen Stößensee. Auf der Brücke befindet sich deswegen heute eine Gedenktafel.
Ich habe auch schon beobachtet, dass Kletterer heutzutage am nord-östlichen Bereich der Stößenseebrücke Abseilübungen vollziehen.
1927 | Wolter, Sommer, Klotz, „Spaziergänge im Grunewald“, Seiten 134-137:
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Eine See wird geteilt:
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„Ursprünglich bestand zwischen den Pichelsbergen und dem Pichelswerder, der im Laufe der Zeit zur Halbinsel verlandet ist, keine Verbindung.
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1813 bauten die preußischen Truppen bei der Belagerung der Feste Spandau Schiffsbrücken von Pichelsdorf nach dem Werder und von hier nach den Pichelsbergen. Die meisten von uns werden sich noch der vom Rupenhorn nach dem Werder führenden “Sechserbrücke” entsinnen, die von dem Besitzer der Wirtschaft Rackwitz unterhalten wurde.
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Mit dem Bau der Döberitzer Heerstraße, die den mit der Zeit fortschreitenden Verkehrsverhältnissen nach dem Westen Rechnung tragen sollte, wurde ein bequemer Übergang geschaffen. Die Vorarbeiten dazu reichen in die Jahre 1907/08 zurück. Die Festlegung des Heerstraßenzuges über den Stößensee stieß auf große Schwierigkeiten. Es wurden viele Baupläne erwogen, denn man wollte doch das Projekt zur Ausführung bringen, das möglichst geringe Schwierigkeiten und Kosten verursachte.
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Aus diesem Grunde sollte anfänglich die Straße nördlich um den Stößensee geführt werden. Da stellten sich aber verschiedene Schwierigkeiten ein. Einmal wäre die Befestigung und Fundamentierung des Straßendamms in dem weiten Faulschlammgebiet sehr kostspielig geworden, und zum andern mußten die angrenzenden Grundstücke, die im Straßenzuge lagen und Bauland waren, teuer erworben werden. An den hohen Kosten scheiterte das Projekt.
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Man griff darum zum ursprünglichen Plan zurück, den Pichelswerder als Brückenpfeiler zu verwenden, den See zu überbrücken und so die Straße quer über den See zu führen. Nach diesem Plan sollte der Straßenzug etwas südlicher über den See führen, als es heut der Fall ist. Wilhelm II. ordnete nach einer Besichtigung an, den Straßenzug etwas nach Norden zu verlegen, um das malerische Ufer des Stößensees nicht zu verletzen.
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Um eine Brücke von so großen Ausmaßen herzustellen, mußte natürlich der Baugrund des Stößensees ganz genau abgebohrt und untersucht werden. Da stellte man dann fest, daß bei einem 3-4 m tiefen Wasserstande der Grund aus Faulschlammschichten bis zu 15 m Mächtigkeit bestand.
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Welche Schwierigkeiten sich also auch an dieser Stelle durch die schlüpfrigen, weichen Schichten dem Bau entgegenstellten, ist leicht zu erkennen.
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Man wollte anfänglich, um die Brücke auf festen Untergrund zu stellen, den Schlamm ausbaggern. Nach Kostenanschlägen hätte die Ausführung dieser Arbeiten und die Errichtung des Oberbaus auf Brückenpfeilern auf versetzten Senkkästen etwa 10 Millionen Mark gekostet. Auch diese Bauausführung scheiterte an den großen Kosten.
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Nun entschloß man sich, durch den See einen Damm aus Sand und Kies zu schütten und nur ein schmales Uferstück des Sees am Ostufer zu überbrücken.
Man ging dabei von der richtigen Annahme aus, daß die gestürzten Bodenmassen bei einem bestimmten Gewicht die Faulschlammschichten zur Seite drücken und sich dadurch von selbst eine feste Unterlage schaffen würden. .
Nun begann am Stößsensee und in der Teufelsschlucht ein reges Leben und Treiben. – Feldbahnzüge rollten beladen von der Schlucht zum See, der die Sandmassen aufnahm und verschlang, die der Bagger von der Südwand der Teufelsschlucht abfraßen. – Am Ostufer des Sees begannen die Schüttungen. Im Laufe der Zeit wuchs der Damm immer weiter in den See hinein. – Interessant war es, das Absinken des Damms zu beobachten. Hatte er durch bedingte Ausmaße ein bestimmtes Gewicht und einen bestimmten Druck erreicht, dann sanken die Riesenmassen in die Tiefe, drückten die Faulschlammschichten zu beiden Seiten weg und hoben sie in die Höhe. Infolge ihrer Mächtigkeit kamen sie bald an die Wasseroberfläche und bildeten schlüpfrige, unbetretbare Inseln. – Die Seebecken zu beiden Seiten des Damms, besonders am Ostufer des Werders, waren bald mit Schlamm ausgefüllt.
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Der Damm schuf sich so durch sein eigenes Gewicht das feste Fundament und wuchs in die Höhe. Über 1 Millionen cbm Boden sind aufgeschüttet worden.
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Die Faulschlammassen, die den See erfüllten, mußten natürlich beseitigt werden. Durch Baggerbetrieb wurden sie gehoben, verladen und in der Teufelsschlucht, aus der man den Sand holte, abgetürzt. Diese Arbeiten waren recht umständlich und zeitraubend Später kam man dazu, den Schlamm mit Wasser zu einem fließenden Brei zu verrühren und durch Schlauchleitungen in das nördliche verlandete Gebiet des Sees zwischen dem Werder und der östlichen Uferstraße zu drücken. Es entstanden Schlammaufhöhungen, die hochwasserfrei sind. Heute ist dieses Gelände mit einer Laubenkolonie und Botshäusern besiedelt. Kaum ahnt der Spaziergänger auf hohem Damme, daß das Gelände des Nordufers des Sees mit seinen Lauben und üppigen Gärten und den bunten Bootshäusern aus dem Boden besteht, der einst der Untergrund des Dammes war.
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Bei dem Ausbaggern und Auspumpen des Schlammes kamen mancherlei kultur- und naturgeschichtliche Reste der Vorzeit zum Vorschein: Knochen von Elen, Hirsch, Renntier, vorgeschichtliche Topfreste, Kanonenkugeln und manches andere.
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Der östliche Teil des Dammes mußte später wieder weggebaggert werden, um durch eine Flutrinne eine Verbindung zwischen den beiden neu entstandenen Seebecken herzustellen.
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Über diesem Verbindungsarm wurde von der Firma Holzmann die heutige Stößenseebrücke erbaut. Das interessante Bauwerk paßt sich in der Konstruktion und den Baustoffen in geschickter Weise der Umgebung an und ist ein Meisterwerk deutschen Ingenieurgeistes.
Die Widerlager der Brücke ruhen auf mächtigen Granitsockeln, diese wiederum auf Pfahlrosten. Die eisernen Brückenpfeiler sind mittels halbkugelförmiger Gelenke so aufgelegt, daß sie sich bei Temperaturschwankungen heben und senken können. Der Oberbau und die flankierenden architektonisch schönen Treppentore bestehen aus Pyroxengranitporphyr von Beucha aus Leipzig……Beachtenswert sind auch die in die Seitenwände des Oberbaus an den Treppenaufgängen eingelassenen prachtvollen großen Geschiebe. Von der Brücke aus hat man einen schönen Blick auf Spandau mit seinem Schornsteinwald, der der Landschaft einen bestimmten Reiz gibt. Nach Süden zu sehen wir über den Stößensee hinweg die Halbinsel Schildhorn und die Steilufer des Stößensees an der Uferstraße. In der Straßenrichtung nach Pichelsdorf zu erscheint am Horizont der Wasserturm vom Lager Döberitz.” .
Und dabei hatte der Pichelswerder und der Stößensee ja noch Glück im Unglück. Den andere Planentwürfe sahen laut Wikimedia wie folgt aus:
Lösungen:
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1945 |
April – Anwohnerbericht Spoiler
“In den letzten Apriltagen 1945 stellte sich die militärische Lage so da: Weite Teile Berlins waren erobert. Es gab nun einen schlauchartigen Kessel Der vom Alexander Platz durch den Tiergarten, über Charlottenbug und Spandau bis nach Staaken reicht. Er war über 20 km lang und an einigen Stellen nur 1 km breit. Das sollte die Rückzugsstraße sein. Aber; wohin?
Die Havel wurde damals von 5 Straßenbrücken, der Eisenbahnbrücke und einem Fußgängersteg an der Schleuse, überquert. Von Süden anfangend, gab es die Freybrücke. Diese liegt an der heutigen Bundesstr. 5, welche Heerstr. heißt. Die Straße war Anfang des 20. Jahrhunderts angelegt worden, um den zunehmenden Verkehr von der Spandauer Innenstadt fern zu halten. Es gab erhebliche Veränderungen, wozu auch Strombegradigungen gehörten sowie der Neubau der Eisenbahnbrücke, die vorher Straßengleiche Übergänge hatte. Das war aus festungstechnischen Gründen so angeordnet worden. Spandau war bis 1918 Festung. Diese Arbeiten waren 1907 abgeschlossen. Im Süden wurde also die Heerstraße angelegt und die Stößensee- und die Freybrücke gebaut. Über die Heerststraße fuhr die Straßenbahn mit 2 Linien, die auch an unserem Haus vorbei gingen. Die Rückzugsverbände, gemeinsam mit einer Vielzahl von Zivilpersonen, wie „Goldfasane“ und andere NS-Größen, die von den Sowjets nicht Gutes zu erwarten hatten. Sie sammelten sich am Olympiastadion um mit ihrer verbliebenen Kampfkraft den Ausbruch zu versuchen. Unser Häuserblock lag etwa 500 – 600 m von der Heerstraße entfernt in der Pichelsdorfer Straße. Unmittelbar südlich von uns befand sich der Straßenbahnhof. Dahinter machte die Pichelsdorfer Straße einen Knick. Von dort konnte man die Heerstraße einsehen. Das mußte von den deutschen Verteidigungskräften unbedingt verhindert werden und es war da nun die Frontlinie. Der Straßenbahnhof war das Niemandsland. Die Brücken waren zur Sprengung vorbereitet. Die Schulenburg-, Charlotten-, Stößensee- und die Juliusturmbrücke blieben stehen. Die Eiswerder- und die Eisenbahnbrücke sowie der Fußgängersteg wurden gesprengt. An der Freybrücke gab es eine Besonderheit. Die Sprengstoffpakete waren an den Brückenbögen befestigt. Es soll am südlichen Brückenbogen eine Granate in dieses Paket eingeschlagen sein und die Explosion vorzeitig hervor gerufen haben. Die Brücke lag nun schief im Wasser und konnte nur noch durch Fußgänger mit einigem turnen passiert werden. Als der Ausbruch nun etwa am 27. oder 28. 4. begann, kamen Sowjetsoldaten in unseren Keller und befahlen: in 5 Minuten, alles raus. Es wurde uns bedeutet, daß wir Spandau nach Westen verlassen sollten…… ….Als nun am 2. 5. der letzte Kommandant, der General Weidling, die Kapitulation unterschrieb, hörte der Widerstand auf und der Krieg war in Berlin zu Ende. Wir machten uns auf den Heimweg und erreichten unsere unzerstörte Wohnung.” Quelle: Lebensbericht eines anonymen Berliners von seiner Kindheit im II. Weltkrieg, der Nachkriegszeit in Berlin und sein Werdegang bis zum Ende des 20. Jahrhundert in: http://forum-rheinland.de/erinnerungen/02.html – http://forum-rheinland.de/erinnerungen/index.html |
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