Landschafts- und Naturschutz

Verlasse bitte den Wald so, wie Du ihn vorfandest

So habe ich das mal in der Schule gelernt. Dieser Satz ist selbsterklärend und einfach zu beherzigen. Ein Alltagsgebot also.

Leider scheint dieser Satz bei vielen Mitmenschen in Vergessenheit geraten zu sein? Oder er ist ihnen schlichtweg egal?

So, wie es leider üblich geworden ist, an vielen Orten Steine zu stapeln (Beispiel), hat im Grunewald die fast schon Zwanghaftigkeit von vielen Waldbesuchenden um sich gegriffen aus Astwerk Häuschen zu bauen. Quasi von Jederperson und eigentlich Jedemalter. Sich also für einen bestimmten Zeitraum an einen Ort einmalig oder auch wiederkehrend niederzulassen und dies durch eine gewisse Form der URBANISIERUNG auszudrücken.

Obwohl die Werke etwa von Peter Wohlleben Höchstauflagen erreichen, fällt es offensichtlich vielen Wandbesuchenden schwer

  • auf den Wegen zu bleiben,
  • Tierrückzugsgebiete, sprich „Dickicht„, zu meiden
  • keine Äste abzuknicken,
  • keine Bäumchen, Blümchen oder Moos auszureißen,
  • (von besuchsintensiven Stellen) keine Blumen, Beeren oder Früchte mitzunehmen,
  • Ameisenhaufen in Ruhe zu lassen, und zwar wirklich und nicht andauern neue Äste darum aufzutürmen oder daraufzulegen,
  • ihren Müll mitzunehmen,
  • keine Jungbäume mit Jugendkraft versuchen umzulegen,
  • keine Altbäume mt einer Axt zu fällen (ja tatsächlich, alles schon gesehen)
  • und keine Gruben zu graben ( – dito -),
  • kein Feuer zu machen,
  • keine Drohnen, Modellflugzeuge und Drachen (im letzten Jahr verstarb in Eichkamp qualvoll eine Krähe, die sich in einer Drachenschnur verfangen hatte) fliegen zu lassen,
  • keine Zelte zu aufzuschlagen
  • und auch keine Hängematten an Bäume anzubringen, schon gar nicht an Buchen, welche nur eine dünne Rinde haben und wo auf Dauer schon Mikroverletzungen den Baum schaden und seine Lebensdauer herabsetzen können.
  • Und eben: Die eigene Lagerstelle für ein Tagespicknick nicht zu urbanisieren und für die Nachfolgenden so kein einladendes Lager zu hinterlassen.
  • Von illegaler Bauschutt- und Sperrmüllentsorgung ganz zu schweigen.

Was sagt das Berliner Landeswaldgesetz dazu:

  • Jedermann darf den Wald zum Zwecke der Erholung betreten
  • Jedermann hat sich im Wald so zu verhalten, dass die Erholung anderer nicht gefährdet oder beeinträchtigt und der Wald in seinen Funktionen nicht gestört wird. Das Sammeln von Pilzen, Beeren und anderen Früchten in geringer Menge für den eigenen Bedarf ist gestattet.

Für den Grunewald gilt seit dem 11.01.2018 außerdem die (neue):

Demnach ist der gesamte Grunewald Landschaftsschutzgebiet. Außerdem sind bestimmte Bereiche Naturschutzgebiete. Eine gute aber auch sehr komplizierte Verordnung, die man mal nicht so nebenbei lesen und dann auch gleich vollständig verstehen kann.

Aber das ist eigentlich egal. Der Selbsterklärungssatz ist viel besser als Betretungsregel geeignet. Denn was genau bedeutet schon „der Wald in seiner Funktion nicht gestört wird“ oder aus der Verordnung: „Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck… zuwiderlaufen. “ Darüber kann man ausufernd debattieren und gleichgültige Übeltäter haben somit einen riesigen Rahmen zum Relativieren.

Hier ein Beispiel für eine meine Meinung nach schon ausufernde Eigennutzung eines Waldabschnitts im Revier Eichkamp. Eigentlich schon eine kleine Form der „Inbesitznahme“ oder „Claiming“. Anzumerken ist, dass es eigentlich eine sehr schöne Anlage ist, fast ein kleines Dorf. Meine Gratulation an die Fähigkeiten der Erbauenden. Vermutlich eine Kindergruppe, bzw. was die größeren Äste und das Feinwerk betrifft wohl eher die Erziehenden.

 

  • Aber was lernen Kinder hier für’s Leben?
  • Nicht den obigen Satz, sondern schlichtweg Urbanisierung. Denn auch kleine Kinderfüßchen zertrampeln mühelos ein kleines Buchenbaby.

Dieser Ort war vorher nahezu unberührt. Manchmal wurde dort ein Asthäuschen gebaut. Aber eine Größe und Ausdehnung wie dieses kleine Dorf, entstanden wohl an nur einem Tag, das habe ich bisher so noch nicht gesehen. Wenn dies tief im Wald passiert, mag das nicht so schlimm sein. Mitunter kann es passieren, das viele Jahre lang niemand mehr seinen Fuß auf eine Tageslagerstelle setzen wird. Aber je näher es an Waldzugängen liegt (hier der Bahnhof Grunewald), desto eher besteht die Wahlscheinlichkeit, dass die Verursacher alsbald wiederkehren, andere Menschen den Ort für einen Tagesbesuch aufsuchen – oder aber einfach nur Neugierige „durchlatschen“.

Auch bei anderen Abschnitten verlief dies so, mit einem Asthäuschen fing es an, dann wurden es immer mehr und mittlerweile weisen diese Stellen keinen Pflanzennachwuchs mehr auf, also keine Babypflanzen, weil inzwischen alles plattgetrampelt ist. Natürlich sind diese Flächen dann langweilig und so zieht es kleine und große Menschen dann zu anderen Orten wie den obigen, wo sich noch Gras, Moss und Büsche befinden. Hier eine kleine Auswahl der plattgetrampelten Flächen, ebenfalls im Revier Eichkamp:

Ich fände es gut, wenn alle Mitmenschen aufhören würden den Grunewald zu urbanisieren. Nebenbei bemerkt zähle ich dazu übrigens auch das, was das Land Berlin am Pechsee und am „Auge Gottes“ – „Klein(t)od für den Klimaschutztourismus: vorher / nachher“ – angerichtet hat.

Das Problem ist auch nicht neu. Jetzt in der Coronazeit seit März 2020 hat es sich verschärft, insbesondere auch das Entstehen zahlreichster neuer Wege durch Querlaufende, aber es bestand auch schon vor März 2020.

Jetzt hat es aber einen Umfang erreicht, welcher mich veranlasst hat, dazu ein paar Zeilen zu schreiben und diese Unterseite einzurichten.

Wer nur manchmal den Wald aufsucht, der bemerkt die schleichenden Zerstörungen nicht. Er sieht ja nur das „Jetzt“ und sah nicht das „Gestern“ und wird auch das „Morgen“ nicht sehen.

Meine Bitte an alle Mitmenschen: Bitte nutzen Sie den Wald und erfreuen Sie sich an ihn, aber:

  • Verlasse bitte den Wald so, wie Du ihn vorfandest

 

10./21. Mai 2021

 

Übersicht: Landschaftsschutzgebiet Grunewald und Naturschutzgebiete:

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Historisches:

1926 Schneider, Seite 25:

„Wenn man früher vom Westausgang des Bahnhofs den Grunewald betrat, so bot sich ein unerfreulicher Anblick. Da war kein Weg mehr vom Walde zu unterscheiden, sondern alles war Weg. Die Tausende, die von dieser Quelle aus den Wald überfluteten, hatten alles zertrampelt und zertreten, indem jeder versuchte, seinen eigenen besseren Weg neben dem ausgetretenen zu gehen. Man konnte so recht am Wege ablesen, was es für einen Wald bedeutet, Lieblingsausflugsort einer Millionenstadt zu sein, zugleich auch, wie sinnlos der Mensch die Natur, in der er Erholung sucht zerstört, wenn in Massen auftritt. Das ist heute doch um vieles besser geworden. Ein guter Weg, der breit genug ist, lockt die Ausflügler, auf ihm zu bleiben; Baumschulen, die von Drahtzäunen umgeben sind, verhindern ein Abweichen. Wenn es auch nicht angenehm ist, zwischen Drahtzäunen zu wandern, so ist es doch besser als der frühere Zustand; außerdem gilt es nur für den gefährdeten Zugang.“