Russenbrücke

Nach der Niederlage der Preußischen Armee gegen die französischen Truppen von Napoleon Bonaparte am 14. Oktober 1806 bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt, wurde Berlin von den Franzosen besetzt. Am 27. Oktober 1806 zog Napoleon durch das Brandenburger Tor.  Erst nach der Ratifikation eines Abkommens mit Frankreich zur Umsetzung des Tilsiter Friedens, zogen die Franzosen im Dezember 1808 aus Berlin ab. Der Frieden von Tilsit war ein Auslöser für grundlegende Reformen des Staates Preußen.

Die Stadt und die waren zweimal von den Franzosen besetzt. Nach der – zum Glück – kampflosen Übergabe der Spandauer Zitadelle zunächst vom 25. Oktober 1806 bis zum 27. November 1808 und, nach Napoleons gescheiterten Russlandfeldzug, dann nochmals vom 26. März 1812 bis zum 27. April 1813.

Eine Landkarte aus dem Jahr 1863 weist eine „Franzosen Schonung“ aus, diese befindet sich beideitig des „Kronprinzessinn Weg“. Spätere Karten geben die Bezeichnung Franzosen-Gestell, Franzosenort und Franzosenweg an. Die Ortsangaben hierfür liegen westlich des Kronprinzessinnenwegs (unter anderem in Höhe des heutigen Sprengplatzes) und am Havelberg.

Die „Russenbrücke liegt an der Alten Spandauer Poststraße zwischen dem Postfenn und dem Teufelsgraben bzw. dem Torfgraben. Direkt am Wegesrand befindet sich ein alter „Blitzbaum„. Der letzte Eintrag mit dieser Ortsangabe in einer Landkarte stammt anhand meiner Sammlung aus dem Jahr 1955! Es ist zu vermuten, das die West-Berliner nach dem Mauerbau für eine „Russenbrücke“ im Grunewald nicht mehr viel übrig hatten.

Die Ortsnamen Franzosenweg und Russenbrücke drohen nach meiner Eischätzung in Vergessenheit zu geraten, ebenso wie „Nineveen“ und „Vier Eichen„.

 

1813/
1913

Hornburg:

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In dieser Primärquelle hat, welche ich nicht ganz billig erstanden habe, hatte ich gehofft, etwas über die “Russenbrücke” zu erfahren. Leider vergeblich.

Das kleine Büchlein enthält einen umfassenden Bericht des Spandauer Predigers Karl Jeremias Hornburg aus der Sicht der Bewohner der belagerten Stadt Spandau. Der Nachdruck des im Pfarrarchiv befindlichen Exemplares von 1813, anlässlich der Jahrhundertfeier der Befreiungskriege aus dem Jahr 1913, enthält am Ende außerdem auch noch einen Plan aus der Belagerungszeit. Der Plan endet südlich jedoch am “Judenberg” am Pichelsberg. Aber auch das ist schon ein Gewinn, denn die Ortsangabe “Judenberg” ist in heutiger Zeit ebenfalls verloren gegangen und ich habe in meinen Unterlagen jetzt endlich auch einen Plan vorliegen, welcher diesen Namen auch kartografisch beweist.

Das Büchlein verweist außerdem auf eine weitere Primärquelle aus der Zeit der Belagerung. Nämlich auf Berichte und Aufzeichnungen des Preußischen Generals August von Thümen, welche neben den Schilderungen Hornburgs im Nachdruck als “die ausgiebigste Quelle für Spandaus Geschichte in jenen denkwürdigen Tagen” beschrieben werden. Demnach müsste in den Aufzeichnungen des Generals als Primärquelle etwas über die “Russenbrücke” zu finden sein. Und wenn nicht dort, wo dann?

1894 Fontane, Seiten 21 und 22:

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Der Name “Russenbrücke” rührt aus den Freiheitskriegen her: Hier stand, als im November 1812 die französische Armee  aus Rußland zurückflüchtete, eine russische Vorposten-Abteilung, die einen Theil des Belagerungsrings bildete, der um das von den Franzosen noch besetzte Spandau Spandau gezogen war. – Wie bei dieser Gelegenheit gleich erwähnt werden mag, stammt der den Jagen Nr. 65-69 beigelegte Name Franzosenort auch aus der Zeit vor den Freiheitskriegen. Die Franzosen sollen jenen Theil des Grunewaldes damals neu aufgeforstet haben.
1902 Berdrow, Seite 47:

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Dicht vor dem Postfenn wird der Graben von der Russenbrücke überspannt, die ihren Namen seit der Franzosenzeit führen soll. Hier stand, als im Jahre 1812 die Franzosen aus Rußland zurückkehrten, eine russische Vorpostenabteilung, ein Teil jenes Belagerungsringes, der um das von den Franzosen noch besetzte Spandau gezogen war. Über diese Brücke führte die alte, Spandau mit Zehlendorf verbindende Poststraße,…“

1957 Behm, Seite 96:

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Die Waldesruhe unseres Forstes wird gestört, als der Franzose in den Jahren 1806/08 [Geschichte Berlins / 6.1 Franzosenzeit 1806-1808] das Schicksal Berlins bestimmt. Von Kommandos der französischen wird im Grunewald abgeholzt, aber auch aufgeforstet. Verschiedene uns noch geläufige Ortsnamen im südlichen Grunewald (Franzosenort, Napoleonsweg) erinnern an dieses Geschehen. „Laßt das Holz nur dem König, er wird es zum Galgen für die Spitzbuben brauchen, die ihn verrieten!“ – soll ein französischer Kommandant einem damaligen Anwohner geantwortet habe, der sich anschickte das Versteck großer staatlicher Holzvorräte aus Eigennutz zu verraten.

Wenig Jahre später durchstreiften Vorposten der mit den Preußen verbündeten Russen den Grunewald. Sie lagern beim Postfenn etwa dort, wo ein damals noch wasserführendes und der Havel zustrebendes Fließ die alte Poststraße Spandau-Zehlendorf quert und eine (späterhin als „Russenbrücke“ fortlebende) Überbrückung geschaffen war. Die in Spandau sitzenden Franzosen und deren Verbündete, ein klägliches Heimkehrerüberbleibsel des verunglückten Russlandfeldzuges, kapitulierten jedoch und zogen ab, nachdem das Spandauer Pulverlaboratorium und der Juliusturm in Brand geschossen waren….