Pechsee

1913 – „Der Pechsee im Grunewald“ – Foto aus dem Bildtafelband „Die Mark Brandenburg in Farbenphotographie“, herausgegeben von Prof. Franz Goerke, „in natürlichen Farben nach Aufnahmen des Kunstmalers Rudolf Hacke und des Photochemikers Julius Hollos, erschienen in der Verlagsanstalt für Farbenphotographie Carl Weller, Berlin

Am Pechsee laufen wir regelmäßig östlich vorbei, wenn wir vom Mommsenstadion zum Forsthaus Alte Saubucht laufen oder aber auch, wenn wir südlich vom See einen Hügelanstieg hinauf zum oberhalb (westlich) gelegenen Reiterweg erlaufen.

Auf dem ersten Blick fällt der See überhaupt nicht ins Auge, weil er als Naturschutzgebiet abgesperrt ist und, außer im Winter, hinter Bäumen und Büschen gut verborgen ist.

Der Name Pechsee geht auf das Pechbrennen zurück, welches um 1500 oberhalb des Sees betrieben wurde.

Nördlich des Pechsee soll sich in früheren Jahren eine uralte Eiche mit einem Umfang über der Erde von achtzehn Metern befunden haben, welche in der Zeit von 1892 – 1902 gefällt worden sein muss. Es dürfte sich wohl um den ältesten Baum im Grunewald gehandelt haben und falls dies stimmt stellt sich die Frage, wer denn solch einen Rektor fällen ließ?

2017 wurde leider auch der Pechsee urbanisiert. Dafür wurde ein altes Schutzhäuschen abgerissen, dahinterliegende Bäume und Sträucher entfernt und im Uferbereich wurde ein Teil des Birkenwäldchensaums umgelegt. Dann wurde – wie auch am „Auge Gottes“ – eine große Steeganlage gebaut, damit Besucher des „Klimaschutztourismusweg“ von der Plattform aus eine freie Sichtachse auf den See haben.

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Beschreibungen:

1894 Fontane, Seiten 3 und 34:

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„Außer den oben erwähnten in der Seen-Rinne eingebetteten Wasserbecken, umschließt der Grunewald noch drei in gesonderten Thalkesseln ruhende kleine Seen: den Teufels-, den Pech- und den Barsch-See… und gleich darauf sehen wir am Rendezvous-Platze bei der Saubuchtumzäunung, den zwar kleinen, aber äußerst romantisch in den Bergen eingebetteten dunklen Pech-See schimmern. Der See mit seiner immergrünen Umgebung, seiner geheimnissvollen Ruhe und pechdunklen Färbung hat etwas magisch Anziehendes und doch wiederum Abstoßendes an sich. Die widerstreitendsten Gefühle bewegen bei einem ungestörten Anblick unsere Brust. Am Hubertustage jedoch zieht vom Jagdschloss Grunewald her der Kaiser mit großem Jagdgefolge zum Pech-See, um den Eber zu jagen; dann erdröhnt der Boden unter dem Gestampf der Rosse, laut ertönt das Halli und Hallo der Jäger und die ungeduldige Piqueure im rothen Rock beherrschen mit knallender Peitsche die ungeduldige Meute. Inzwischen wird das Wildschwein freigelassen, und kaum ertönt das Signal des Oberpiqueurs, welcher der Sau mit den Hunden gefolgt ist, so saust wie der Wind die fröhliche Jagdgesellschaft davon – und der Pech-See liegt still und düster da wie vorher. Vom Pech-See aus führt uns der Weg, immer an der Saubuchtumzäunung entlang, in einem fast viertelstündigen großen Bogen nach dem Sauwärterhäuschen.
1902 Berdrow, Seiten 10:

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Nördlich von diesem anmutenden Plätzchen (gemeint ist “Vier Eichen”) verbreitert sich der Grunewaldgraben allmählich zu einem weiten Thalkessel, der, durch das Gehege der Saubucht dem Besuch entzogen, an seiner tiefsten Stelle den vom Sumpf umgebenen, in 102 Fuß Meereshöhe gelegenen Barschsee enthält. In fast gleicher Breite setzt die Senke sich nach Norden zum Pechsee fort, dessen Umgebung reich an kleinen, eine interessante Flora bergenden Torfpfuhlen ist, und bildet dann nach kurzer Verengung das breite Thal des Teufels- und Postfenns.
1927  Wolter, Sommer, Klotz, Seiten 25 bis 28:

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Stärkere Häufung der abflußlosen Senken und stärkere Neigung des Geländes verrät die Nähe des Pechsees.

Die ganze Nordhälfte des Sees ist verlandet. Der Wasserstand ist gegenwärtig dank der großen Niederschlagsmenge so hoch, daß der verlandete Teil unbetretbar ist. Damit wir möglichst ungestört sind, wollen wir uns an dem weniger begangenen Westhang ein wenig lagern. Am schönsten ist es hier früh am Morgen. Dann läßt sich selten jemand sehen, und man kann ungehindert genießen und träumen. Nur der Fink schmettert sein Liedchen; der Zilpzalp singt seine einförmige Strophe; die kleine Hohltaube, die irgendwo in einer verlassenen Spechthöhle sich angesiedelt hat, läßt sich hören; von dem alten Krähennest dort oben auf der Kiefer tönt der Ruf des jungen Turmfalken. Sonst Schweigen um uns her. Tief unten im Kessel über dem schwarzbraunen Moorschlamm der schwarze Spiegel, in dem die Kiefern noch düsterer dreinschauen als sonst. Nur ein schwaches Kräuseln läuft hin und wieder über das Wasser. Unbeweglich ruhen die Blätter der Seerosen über der dunklen Tiefe, und wenn ihre weißen Nixblumen und die gelben Mummeln  zwischen ihnen sich entfalten, dann breitet sich ein Hauch von Schwermut darüber. – Es ist nicht ganz leicht, sich zu lösen von diesem Anblick , zu lösen aus der träumerischen Stimmung, in die man trotz Sonnenschein und Finkenschlag hineingeraten ist. Immer wieder kehrt das Auge zurück vom hellblauen Himmel droben über den Kronen zum schwarzen Spiegel da unten in seinem grünen Rahmen. Seltsam erst jetzt gewahren wir, daß kein Kranz von Erlen das Ufer säumt, daß keine Weide, keine Birke mit freundlichem Grün für Abwechslung sorgt. Nur die düstere Kiefer ist hier zu Hause, – und auch die bleibt in gemessener Entfernung vom See. Die dünne Decke des Schwingmoores dicht am Ufer vermag noch nicht ihre Last zu tragen, und zu tief liegt der Moorschlamm unter der schwimmenden Decke, als daß ihre Wurzeln dort Fuß fassen könnten. Nur Binsen durchsetzen und festigen den Boden. Erst mehrere Meter vom Ufer entfernt ist die Decke tragfähig genug für die aufwachsenden Bäume und auch dick genug, denn hier ist inzwischen durch üppig wachsende Torfmoose und Wollgräser der Boden so stark aufgehöht worden, daß die waagerecht sich ausbreitenden Wurzeln Halt finden. Ein kümmerliches Leben! In der eng nassen Torfschicht, noch dazu bedeckt von luftabschließenden Moosen, finden  die Wurzeln kaum die nötige Atemluft, – und mit einer so winzigen Menge aufgeschlossener Nährstoffe, wie sie in dem von Humussäuren durchsetzten Torfboden zu finden ist, kann eben nur die bedürfnislose Kiefer auskommen. Doch auch sie zeigt Kümmerwuchs; ihre Äste hängen kraftlos herab. Der äußere Rand des Kessels, hart am Fuße des Abhangs, ist frei von den stark aufhöhenden Moosen und steht infolge seiner tiefen Lage unter Wasser. Binsen bevölkern ihn und warnen und schon von weitem vor der Nässe. Kiefern konnten sich hier nicht entwickeln oder wurden, wenn sie sich einfanden, von dem in einer Reihe trockener Jahre dort aufgeschlossenen Dickicht von Adlerfarn, Brombeeren und Himbeeren bald unterdrückt. Bei später eingetretenem hohen Wasserstande sind auch viele Gewächse  mit ihren Wurzeln völlig unter Wasser geraten und abgestorben. Nur an einer Stelle der Südwestecke können wir das 6 bis 7 m breite Schwingmoor mit einiger Vorsicht betreten, um uns zu überzeugen, daß es tatsächlich auf breitem Schlamm oder (ganz am Rande) auf Wasser schwimmt. Jede Erschütterung der Decke teilt sich dem Wasser mit. Torfmoos, Wollgras und Sonnentau um uns herum – und nach dem freien Wasser hin Binsen, Seggen, Blutauge Comarum, Gilbweiderich Lysimachia u.a. – , einige rasenbildend und ihreRasen nach dem Wasser zu langsam, aber stetig vergrößernd, andere mit ihren Wurzelstöcken dazwischen kriechend und alles verstrickend. Alle abgestorbenen Teile sinken zu Boden, machen die Decke dicker und drücken sie allmählich durch ihr Gewicht weiter nach unten, bis sie einst auf dem Schlamm aufliegen wird. Die Verlandung schreitet hier im Gegensatz zu den meisten anderen Wasseransammlungen im Grunewald ausschließlich vom Lande aus vor. Unmittelbar am inneren Rande der schwimmenden Decke ist bereits eine beträchtliche Wassertiefe.

Die Tiefe des Moores ist am Nordufer mit 3 m, am Westufer mit 8 m, am Südufer mit 4 m und am Ostufer mit 6 m festgestellt worden. Die geringe Tiefe im Norden macht es erklärlich, daß gerade hier die Verlandung schnell vor sich gegangen ist und ein Fenn entstand. Von hier aus schiebt sich auch jetzt noch der Verlandungsgürtel am schnellsten vor. Die äußere Randzone des kleinen Moores wird fast ausschließlich vom Pfeifengras Molinia gebildet. Auf der durch das lebhafte Wachstum der Torfmoose erhöhten Mitte stehen dicht gedrängt Kiefern verschiedenen Alters; alle aber sind Zwerge und Krüppel gegen die Kiefern ringsum. Sie können uns einen Anhaltspunkt dafür geben, wieviel Jahre verflossen sind, seit das Schwingmoor tragfähig wurde. Eine Reihe trockener Jahre brachte im Verein mit der starken Beschattung durch den sich kräftigenden Baumbestand diesen Teil des Moores fast zum Absterben. Man konnte leidlich trockenen Fußes hindurchgehen. Die Moosdecke sank zusammen. Ungewöhnlich reiche Niederschläge haben genügt, das Moor unter Wasser zu setzten. Die Moose, die sonst das Wasser in sich aufsaugten, fehlen. Blankes Wasser steht zwischen den Bäumen und bewirkt ihr allmähliches Absterben. Ein Blick in die braun werdenen Kronen läßt uns ihr Schicksal bei Fortbestehen des hohen Wasserstandes ahnen. Viele werden sterben; die Moosdecke unter ihnen und mit ihr das Hochmoor werden zu neuen Leben erwachen.

Vom Pechsee aus streicht unser Grunewaldgraben weiter durch die Saubucht zum stark verlandeten Barssee und schließlich östlich um den Havelberg herum zur “Großen Steinlanke”. Von der frisch-fröhlichen Sauhatz, die hier in früheren, glanzvollen Zeiten ihren Anfang nahm, wird im Abschnitt über die Tierwelt erzählt.

1967

Hans Protz, Der Pechofen im Grunewald am Pechsee in Berlin, Auffindung von Überresten mittelalterlicher  Teerschwellerei, Berliner Blätter für Vor- und Frühgeschichte, Band 11, Sonderdruck – Auszüge – :

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Seite 154: Urkundlich wird der Pechsee erstmalig im Jahr 1472 erwähnt. Es heißt dort „Mit namen den Parssehe, den plotzen sehe, den Teuffelssee und P e c k s e e   , in der Teltawischen heide gelegen“ Gleich der erste Versuch, in der Nähe des Pechsees ähnliche Anzeichen eines aus Ton gebauten doppelwandigen Teerofens wie am Tegeler Fließ zu finden, hatte im Oktober 1966 Erfolg. Um eine kleine und nur ganz leichte Bodenerhöhung wurden einige Probenuntersuchungen unter der spärlichen Grasnarbe vorgenommen.

Seite 156: Zu diesen an sich schon beweiskräftigen Funden kamen nun im Dezember 1966 Keramikscherben von im Betrieb der Teerschwelerei benutzten Gefäßen als Beweismaterial hinzu. Auch Scherben von Gefäßen zum häuslichen Gebrauch lagen im Boden. Alle diese Keramik stammt von zwei kleinen untersuchten Flächen von zusammen ca. 3 Quadratmeter Größe. Diese vom vermuteten Teerofen einige Meter entfernt liegenden Flächen befinden sich wie es scheint an einer Stelle der Teerweiterverarbeitung durch Einkochen. Die Scherben lagen dicht unter dem Grasboden zum Teil schon im Wurzelwerk desselben.

Seite 163: Unter Vorbehalt weiterer Erkenntnisse über die Weiterentwicklung der frühdeutschen Irdenware in der Mark Brandenburg, ist die bisher vom Teerofen am Pechsee gefundene Keramik „um 1300“ zu datieren. Bei einer systematischen Grabung bestände meines Erachtens an dieser Teerofenstelle die Aussicht, noch im Zusammenhang befindliche Überreste vorzufinden.

Seite 166: Durch diese Funde im Waldboden ist ebenfalls eindeutig bewiesen, daß der Gewässername   P e c h – S e e   durch eine 650 Jahre währende Überlieferung von dem dort betriebenen Gewerbe der Pechbrenner noch heute Kunde tut.

1974 Wille, Seite 45-47:

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Als im Herbst 1966 in der Nähe des Pechsees eine alte Teerschwelle entdeckt wurde und die darauf sich anschließenden archäologischen Untersuchungen Keramikreste zutage förderten, konnte eine weitere Aussage über die frühgeschichtliche Besiedlung innerhalb des Grunewaldes getroffen werden. Analog den Fundstellen am Grunewald- und Teufelssee sowie am Postfenn und am Pichelsberg datierte man den freielegten Teerofen in das 13. Jahrhundert. Damit kann man nach vorsichtigen Schätzungen annehmen, daß es sich hier um slawische Altsiedlungsgebiete handelt, die später im Zuge der Askanierherrschaft und der durch diese eingeleiteten deutschen Ostbesiedlung teilweise weitergeführt bzw. kurz nach der Übernahme ihrer ungünstigen Lage wegen aufgegeben wurden. Nähere Angaben über die natürlichen Gewässer in dem riesigen Waldgelände sind aus jener Zeit nicht vorhanden…. – Erläuterungen zu den Besitzverhältnissen lasse ich hier weg – Die geologische Struktur dieser Landschaft … ist gekennzeichnet durch Höhenrücken und Bergkuppen, von denen viele kleine, aber tiefe Talkessel rings umschlossen werden. An den Stellen, an denen diese Talkessel bis unter den Grundwasserspiegel hinabreichen, treten nun Seen zutage. Solche Erscheinungen findet man u. a. am Pechsee (0,29 ha Fläche und max. 1,50 m Tiefe) und am Barssee (1,20 ha Fläche, dagegen nur nach Niederschlägen geringfügig bespannt)… Bei den Grunewaldmooren, die wir hier als Moorseen bezeichnen wollen, handelt es sich nicht um „Hochmoore“, wie jahrzehntelang fälschlicherweise behauptet wurde, sondern um sogenannte „oligotrophe Moore“, also Moore auf nährstoffarmen Grund… Als um 1900 durch intensive Bebauung und Kanalisierung der Grunewaldgebiete das Grundwasser künstlich gesenkt wurde, gerieten die Moorseen in akute Gefahr…
2011 Fundstück „Thors Hammer“
2017

Hier noch einige Links zu den offiziellen Seiten der Senatsverwaltung für Umweltschutz, zu den Berliner Forsten, beim „Waldklimapfad“ mit leicht ironischen Anmerkungen von mir, und zum Tourismuskonzept des Bezirks Steglitz-Zehlendorf, betroffen sind hiervon insbesondere der Pechsee und der Waldteich „Das Auge Gottes“:

  • Berliner Waldbaurichtlinie mit Unterseiten
  • Mischwaldprogramm
  • Waldprodukte
    – Brennholz
  • Ausstellung und „Waldklimapfad„, als neue Form des Grunewald-Tourismus zum Nachdenken:
    Eröffung der Ausstellung am 13.04.2017
    Angegliedert als Sonderstandort der IGA Berlin 2017 – Internationale Gartenausstellung („GruneWaldGarten“).
    – Mit großem Parkplatz; auch für Reisebusse geeignet.
    – Lassen Sie sich von der Bezeichnung „Pfad“ nicht verwirren, es ist ein teils befestigter Rundweg mit kleinen Aussichtsplattformen in der hügeligen Geländefirmation des Karlsberges und des NSG Saubucht/Barschsee/Pechsee/Waldteich.
    – Wunderbare Aussicht vom Grunewaldturm auf den Grunewald und nach Gatow/Kladow und auf die Berliner Unterhavel.
    – Wunderbare Aussicht auch von den Dachsbergen und vom Havelhöhenweg auf die Havel.
    – Speisen und Getränke im Restaurant Grunewaldturm und im Waldhaus am Grunewaldturm (mit Minigolf) und im Restaurant auf der Insel Lindwerder (kleine Fähre).
    – Pack die Badehose ein: Das herrliche Havelufer lädt an der Lieper Bucht und an der Badestelle Grunewaldturm zum Sonnenbaden ein.
  • Tourismuskonzept Steglitz-Zehlendorf, weil „Naturerlebnisse und damit verbundener Tourismus international und bundesweit hohe Zuwachsraten verzeichnen„, denn: „Der Bezirk hat hier Tourismuspotenziale, die zu wenig bekannt, zu wenig beworben und zu wenig strukturell erschlossen sind. Zu nennen sind der Fahrradtourismus, Wassererlebnisse und Wanderungen...“.
    Strategiekonzept Tourismus Steglitz-Zehlendorf 2016
    Radtourismuskonzept Steglitz-Zehlendorf 2015
    Wassererleben Konzept Steglitz-Zehlendorf 2016

 

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