Wasserschloss

Früher einmal ein Wasserschloss, sogar mit Keller

Sehr interessant finde ich noch, dass es sich ursprünglich um ein Wasserschloss handelte. Der Wassergraben befand sich früher dort, wo sich heute der Innenhof befindet. Dies war lange Zeit unbekannt, denn die drei sehr ausführlichen und gut recherchierten Schlossbeschreibungen aus Grunewaldwanderführern der Jahre 1894, 1902 und 1927 (siehe Komplett-Abschriften) erwähnen dies nicht!

Wikipedia (Stand 05.01.2013) gibt hierzu folgende Auskunft:

“Über dessen Aussehen sind keine zeitgenössischen Ansichten vorhanden. Lediglich ein Mitte des 17. Jahrhunderts erstellter Grundrissplan, der sogenannte „Renaissanceplan“, die Auswertung 1916 gefundener Bauakten und Ausgrabungen in den 1970er-Jahren sowie eine 1936 von Albert Geyer veröffentlichte Rekonstruktionszeichnung des Gebäudes, geben Auskunft über die Schlossanlage. Die Auswertung des Renaissanceplans und der Bauakten der „Kurmärkisch Brandenburgischen Amtskammer“, dann „Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer“, aus den Jahren 1669 bis 1737, ergaben, dass das Jagdschloss ursprünglich als Wasserschloss angelegt war. Der das Gebäude umgebende Wassergraben wurde bereits 1709 zugeschüttet, wobei das Hofgelände nach der Einebnung ein völlig neues Aussehen bekam. Außerdem erfolgten im 19. Jahrhundert mehrere Absenkungen des Grunewaldsees, um auf den Dahlemer Wiesen Torf stechen zu können, sodass der Wasserspiegel seit der Erbauungszeit des Schlosses bis heute rund 2,80 Meter tiefer liegt.“

Börsch-Supan schrieb 1981 und 1997:

Seite 6: “Wie das Jagdhaus ursprünglich aussah, kann aus Analogien mit anderen Renaissancebauten, Baubefunden, Akten und einem Plan der Anlage aus der Zeit vor 1700 nur ungefähr erschlossen werden. Ein breiter Wassergraben umzog das Schloß. Die Nebengebäude waren durch ihn also nicht geschützt. Eine Zugbrücke führte zum Portal, und zwischen Schloß und Graben befand sich ein Umgang.”

Seite 13: “Im Vestibül wurden bei der Renovierung von 1973 von der ursprünglichen Bausubstanz die beiden in Sandstein gefaßten Schießscharten freigelegt. Von hier aus konnte der das Schloß umziehende Wassergraben bestrichen werden. Von den beiden zugesetzten Türen an den Seitenwänden, …, führte die linke auf den Umgang zwischen Schloß und Wassergraben, die rechte in den Keller unter der östlichen Hälfte des Schlosses. (Der große Saal und das anschließende Zimmer sind nicht unterkellert.)”

Seite 8: “Erst seit 1705, vier Jahre nach der Krönung Friedrichs zum König von Preußen, werden sie (die Baureparaturen) energischer vorangetrieben. Durch die den praktischen Bedarf übersteigende Bautätigkeit an den königlichen Schlössern sollte der Rangerhöhung ein sichtbarer Ausdruck gegeben werden. Man wollte den Beginn einer neuen Ära anzeigen, in der die Macht des Königs den Frieden garantiert. Deswegen verzichtete man in Grunewald auf alles, was dem Renaissancebau einen fortikatorischen Charakter gegeben hatte, vor allem auf den Wassergraben.” – Aus heutiger Sicht ist das sehr schade! – “…Neue Fenster werden gebrochen, die Giebel samt dem Dach abgetragen und die Mauern des zweiten Obergeschosses neu hochgeführt. Mit dem Bauschutt füllt man den Graben zum Teil… 1706 scheinen die Bauarbeiten im wesentlichen zu einem Abschluss gekommen zu sein. Dieses Datum trägt die Wetterfahne auf dem Treppenturm. Ob um diese Zeit auch die drei Angelhäuser am See errichtet wurden, die 1734 als schadhaft erwähnt sind, läßt sich nicht ermitteln…

Die Terrasse hinter dem Schloß wurde unter Wilhelm II. erbaut, nachdem er das baufällige Angelhaus, das auf mehreren Ansichten des späteren 18. und des 19. Jahrhunderts zu sehen ist, hatte abreißen lassen und der Spiegel des Sees gesenkt worden war.“

Links und rechts vom Vestibül befanden sich zu dieser Zeit kleine Anbauten, über welche man vom Vestibül aus auf den Graben und in den Keller gelangen konnte. Diese Anbaute sind heute abgetragen, aber man kann sie in dem oben erwähnten Modell gut erkennen. Heute sind die beiden links- und rechtsseitigen Türen geschlossen bzw. enthalten jeweils hinter einer optisch sehr unpassenden Metalltür (der Ersatz durch eine zeitlich passsende Holztür wäre angebracht) jeweils einen Regalschrank. Über der rechten Metalltür befindet sich das berühmte Kellermeisterrelief (heute “Zecherrelief” genannt) (siehe unten). Den Keller konnte ich bei der Schlossführung am 27.01.2013 leider nicht besichtigen. Dass das Schloss überhaupt über einen Keller verfügt, hat mich überrascht. Denn bei einem Wasserschloss direkt am Grunewaldsee  gelegen, welcher damals auch noch einen beträchtlich höheren Wasserstand hatte, hätte ich dies nicht vermutet und ich frage mich, wie es gelungen ist sicherzustellen, dass der Keller nicht ständig “abgesoffen” war. Eine Vermutung zwar, aber vielleicht war dies auch mit einer der Gründe, weshalb man den Wassergraben später zuschüttete. Also nicht nur die Entfernung eines “fortikatorischen Charakters“, sondern einfach auch praktische Gründe, wie der Wunsch einen trockenen Keller zu haben, von dem nicht ständig der Gesundheit abträgliche Feuchtigkeit nach oben in die Wohnräume steigt, sowie anständige Bewegungsfreiheit im Hof.

Im Jagdzeugmagazin des Jagdschlosses steht auf einer Dauerausstellungs-Schautafel:

“Mitte der 1970er Jahre wurden während umfassender Renovierungsarbeiten im Schloss auch Teile des alten Grabens freigelegt. Mit Ausgrabungen in der Nähe eines Schlosses wird oftmals die Hoffnung auf die Entdeckung verborgener Schätze verbunden … Schätze, die Reichtum bezeugten, wurden damals im Wassergraben kaum gehoben. Von großem Wert waren die Funde aber allemal. Einzigartige Architekturfragmente aus der Zeit der Renaissance, Geschirrscherben von Tellern und Krügen, Reste alter Ofenkacheln sowie altes Fensterglas erlauben Rückschlüsse auf die ursprüngliche Gestalt des Schlosses sowie das Leben am kurfürstlichen Hof in Berlin….”

In der Ausstellungsfestschrift anlässlich der 450 Jahrfeier des Jagdschlosses schreibt Hartwig Schmidt in Band 1 auf den Seiten 9, 20 und 24-26 zu den Ausgrabungen von 1974-79 aufklärend:

“Einleitung: Siegmar Graf zu Dohna beginnt sein 1889-1893 erschienenden dreibändiges Werk über die Kurfürstlichen Schlösser in der Mark Brandenburg mit einer ausführlichen Beschreibung des Schlosses Grunewald und berichtet darin auch von einem bei Restaurierungsarbeiten (um 1885) unter dem Hofpflaster entdeckten Mauerrest, „einem aus mächtigen Eichenstämmen und Steinen konstruierten Fundament.“

Dieses “Fundament”, das parallel zum Schloß über den ganzen Hof verlief, wurde damals als frühere Umfassungsmauer des Schlosses gedeutet, gab aber auch zu Spekulationen Anlaß… doch auf die richtige Lösung, daß man nämlich auf die Böschungsmauer (die sog. Schälungsmauer) des Wassergrabens gestoßen war, der einstmals das ganze Schloß umgab und bis weit in den Hof reichte, kam man nicht. Daß das Schloß am Grunewaldsee ursprünglich als Wasserschloß erbaut worden war, war in Vergessenheit geraten…

1916: Friedrich Backschat

Erst Friedrich Backschat, der 1916 die Bauakten des “Jagdhauses aufm Grünwald” aus der Zeit von 1669 bis 1737 fand und diese 1925 veröffentlichte, trug entscheident dazu bei, das falsche Bild eines Jagdhauses “am” Grunewaldsee zu korrigiere.

Der Baukomplex: Direkt am See ließ Joachim das Jagdhaus errichten als Wasserschloss auf einer künstlichen Plattform, deren Mauer die Feuchtigkeit vom Haus fernhalten sollten.

Ausgrabungen 1974-79: Da bisher nichts über den 1705 abgebrochenen Dachaufbau bekannt war und eine zeitgenössische Ansicht des Renaissance-Baus fehlt, wurde beschlossen, eine Grabung im Bereich des alten Wassergrabens durchzuführen, da hier die originalen Renaissance-Bauglieder zu finden sein müßten. Grund für diese Annahmen bot ein in den Bauakten befindlicher Briefwechsel, aus dem sich schließen ließ, daß ein Teil der beim Umbau entfernten Sandsteingewände der Fenster und Türen, der Giebel und Zwerchhäuser in den Wassergraben geworfen worden war. Eine Ordre der Königl. Preuß. Amtskammer an den Amtmann in Spandau vom 09. Juli 1706 geht, nachdem dieser wegen des langsamen Baufortschritts gerügt wird, auf diesen Punkt ein:

“Wannenhero (=deshalb) man Euch hiermit verwarnen und nochmals allen Ernstes anmahnen wollen, dero Bau Euch fleißiger als bisher anzunehmen, selbigen zu besorgen, auch in Zeiten die Anstalt zu machen, daß der Schutt allgemach ab, und über die Brücke hinter die hohe Schelung gebracht, die gantze und halbe Steine ausgesuchet, und zum Nutzen mit verarbeitet , …die Werkstücke aber auf einen Hauffen verwahrlich gelegt, …und alles in gehöriger Ordnung gebracht werde.”

Der Spandauer Amtsschreiber J. S. Zützell rechtfertigte sich mit dem Argument, daß “der vielfältige Schut und Ungemach so ümb den Königl. Hause herumlieget” entstanden sein “weiln von oben alles herrunter geworfen worden” sei – sicherlich beim Abbruch des Daches. Da “wie ich vernehme der Graben geschonet auch ins Künfftige neue Schalungen gemachet werden sollen”, wäre es notwendig, daß der Oberbaudirektor Grünberg einen Platz am See bezeichne, wohin der Schutt “abgekarret werden könte”, doch “wären aber S: Königliche Majestät der allergnädigsten Meinung, daß der Graben vergehen und aufgefüllet werden solte, würde es desto leichterer ins Werck gerichtet werden können.

Im Dezember 1706 war der Graben immer noch nicht ausgeräumt und Zützell fragte noch einmal bei der Kgl. Preuß. Amtskammer in Berlin an, “ob die vor und neben den Hause sich befindenden Graben, wieder aufgeräumet, und so wol in alß aufwendig mit einer neuen Schälung versehen werden, oder aber Zu erweiterung des Platzes außgefüllet werden solten.”

Die Entscheidung des Königs, “daß die felder zu besagten Grünwald durch und durch gleich denen rabatten und porters mit Gruse (=Rasensoden) belegt werden sollen”, wurde ihm im Juni 1709 mitgeteilt. Daraufhin wurde der Wassergraben mit Sand und Bauschutt verfüllt, der Hof geplastert und um das Schloß herum Rasenflächen angelegt… Die Schälungsmauer selbst war im Gegensatz zu ihrer Wiedergabe auf dem “Renaissance-Plan” keine Holzkonstruktion, sondern eine massive 80 cm dicke Kalksteinmauer, die im Abstand von ca. 1,50 m vom Haus parallel zu dessen Außenmauern errichtet war. Sie war ebenso tief fundamanetiert wie das Hauptgebäude, doch auf der Grabenseite vom Wasser unterspült und in diese Richtung umgekippt. Die Grabensohle war deutlich an den versinterten Steinen und Schneckenhäusern zu erkennen. Darunter folgte der weiße märkische Sand, auf dem das Schloß errichtet worden ist…. Von der Holzbrücke haben sich nur wenige Reste erhalten,… Die steinernen Auflagerkonsolen am Haus zur Aufnahme der Brückenbalken wurden freigelegt, ebenso die Reste der langen Schälungsmauer, die einstmals die Reste der langen Schälungsmauer, die einstmals den Hof zum Wassergraben trennte…

1976 wurde am südlichen Turm auf der Seeseite des Schlosses gegraben. Hier fanden sich… ganz unerwartet eine steinerne Rinne, die vom Keller zum See führte und zu der ein steinernes Becken im Haus gehörte. Der Turm, der auf dieser Seite des Hauses unterkellert ist, hat an den Außenseiten kräftige Mauervorlagen und eine diagonale Eckversteifung zur Schälungsmauer hinüber. Das Fundament des Hauses war wegen des schwierigen Baugrundes am See massiv verstärkt worden und bestand aus einer 1,40 m dicken Platte aus Ziegelbruch, Kalksteinen und Mörtel, die bis zur Schälungsmauer reichte.

1977 wurde auf der Hofseite, nordöstlich des Eingangsbaus weitergegraben, um den Anschluß zu den Grabungsflächen des Jahres 1975 herzustellen. Dabei wurde der ursprüngliche Kellereingang freigelegt und der Verbindungsgang vom Inneren des Eingangsbaus zu den gewölbten Kellerräumen.”

Seite 42, Kellergeschoß:
“Unter dem östlichen Teil des Schlosses befinden sich drei gewölbte Kellerräume (1.H. 1,75 m), die von außen über eine steile Treppe neben dem Treppenturm zugänglich waren. Der gewölbte Kellerhals ist erhalten geblieben, doch wurde der gedeckte Verbindungsbau zwischen dem Eingangsraum des Schlosses und der Kellerhalstreppe bereits beim Umbau 1706 abgebrochen und ein neuer Zugang an der östlichen Turmseite geschaffen. Die Fundamentmauer, Fußbodenplatten und Treppenstufen des Verbindungshauses wurden bei der Grabung 1977 freigelegt, so daß die Größe des Anbaus rekonstruiert werden kann (Abb. 25).

Genutzt wurden die Kellerräume sicherlich zur Vorratshaltung, zum Lagern der Wein- und Biervorräte, auf die das “Zecher-Relief” hinweist und über deren Zugang es angebracht ist. Im schmalen Eingangsraum befand sich ein 160/50/30 cm großes Sandsteinbecken, das mit einer Rinne in Verbindung stand, die an der Seeseite bis über die Schälungsmauer hinausführte. (Anmerkung Nr. 122: “Das Sandsteinbecken wurde beim Einbau der Heizungsanlage, zwei Rinnenstücke im Bereich des Luftschachtes auf der Seeseite herausgenommen. Der Fußboden wurde ca. 40 cm tiefergelegt, doch zeichnet sich die ehem. Fußbodenhöhe noch an der Wand ab. Die Rinne hat sich auf der Seeseite erhalten.”).

Ob das Ausgußbecken zu einer Badestube gehörte, wie sie Lewy (Max Lewy) für das Schloß Hartenfels beschreibt und wie sie auch im Jagdschloß Grimnitz vorhanden gewesen ist, eine vertäfelte Badestube mit großen und kleinen kupfernen Wannen, Fußkesseln und Schwitzbank, deren Wasser in einem kupfernen Ofen erhitzt wurde, läßt sich nicht mehr feststellen. Ebenso wenig wie die mögliche Nutzung als Mundküche, zu der auch ein Ablaufbecken notwendig gewesen wäre.”