Schildhorn

Das Schildhorndenkmal, welches mit seinem Kreuz und Schild über die „Breite See“ hin zur Landzunge „Der Sack“ ausgerichtet ist. Der Name „Schildhorn“ leitet sich laut Wikipedia jedoch nicht aus der „Schildhornsage“ ab, da sich eine erste schriftliche Erwähnung der Halbinsel unter dem Namen Schildhorn bereits im Spandauer Erbregister von 1590 findet – also lange, bevor die Sage 1823 durch Valentin Heinrich Schmidt ihre bekannte Schildhorn-Ausformung erhielt. Darüber hinaus ist der Name u.a. auch auf Landkarten aus den Jahren 1755 und 1790 und 1810 verzeichnet. Die Chronologie der Schildhornsage ist nachfolgend umfassend abgebildet. Ansonsten ist trivial festzustellen, dass die (verlandete) Halbinsel die Form eines „Horns“ hat und sich mit seiner abgerundeten Spitze wie ein „Schild“ gegen die Fließrichtung der Havel stemmt. „Schildhorn“ ist also eine treffende Landmarkenbezeichnung.

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Schildhorn ist auch eine meiner Lieblingsgebiete.

Man kann die Halbinsel wunderbar umlaufen und hat von der Wasserrettungsstation Schildhorn (unterhalb des Denkmals) einen herrlichen Ausblick auf:

Südlich schließt sich der Dachsberg, der Dachsgrund und der Elsgrund an.

Schildhorn war, zusammen mit dem Pichelswerder, insbsondere um und nach der Jahrhundertwende eines der beliebtesten (Dampfer-)Ausflugsziel mit etlichen Lokalitäten. Sehr schön beschrieben unter anderem 1902 von Berdrow (siehe unten in der Chronik). Zu dieser Zeit konnte man auch mit einer Kahnfähre nach Gatow übersetzen. Aber auch zu „West-Berliner-Zeiten“ tobte hier das Ausflugsleben; Dampferstationen, Badestelle, Sportboote, Spielplatz und Lokalitäten, hier es gab dort sogar mal einen Wienerwald.

Heute ist es etwas ruhiger geworden und von den vielen Lokalitäten sind nur zwei übriggeblieben. Zum einen das Wirtshaus Schildhorn, dessen Gebäude noch heute den Charme vergangener Zeiten wiederspiegeln und das in den siebziger Jahren erbaute GEW Seehotel Grunewald. Dann gibt es noch ein Bootshaus und einen Waldspielplatz. Und natürlich das Schildhorndenkmal, die dazugehörige Schildhornsage ist unten umfassend in der Chronik aufgeführt. Die frühere Haupt-Dampferstationan der Havel (Ritzhaupt) ist schon längst abgerissen. Eine Station der Reederei Riedel an der Jürgen Lanke (Gargen Lanke) ist m. W. nicht mehr aktiv in Betrieb. Was es mit der Namensgebung der Jürgen/Gargen Lanke auf sich hat, habe ich bisher noch nicht herausgefunden.

Für meine Familie hat Schildhorn darüber hinaus eine besondere Bedeutung:

  • Während der Berlin Blokade ist mein Vater zusammen mit einem Freund in einer Winternacht 1948/49 bei Schildhorn Brennholzschlagen gegangen, was damals aber verboten war. Zu diesem Zweck sind sie mit einem Kanadier von Boxfelde an der Scharfen Lanke aus nach Schildhorn gerudert. Nun war die Säge jedoch im Winterwald sehr laut, weshalb sie immer nur dann gesägt haben, wenn ein Rosinenbomber über sie hinwegflog und ihr Sägelärm von dem Flugzeugmotorenlärm überlagert wurde. Auf dem Rückweg fing dann die Scharfe Lanke an zuzufrieren, wodurch sie beinahe gesunken wären, weil das scharfe Eis den nur mit Tuch bespannten Rumpf aufgescheuert hatte.
  • 1953 kaufte mein Vater sich dann von der Söhnel-Werft seinen ersten eigenen Kanadier und taufte ihn auf den Namen „Mops„. Einige Monate später steuerte er dann zusammen mit einem Freund die Badestelle an der Schildhornspitze an und lernte dort meine spätere Mutter kennen. Ohne dieses Kennenlernen würde es als also weder mich und somit auch nicht diese Webseite hier geben. In meiner Kindheit haben wir dann mit „Mops“ an den Sommerwochenenden vom Bootshaus Hempler an der Scharfen Lanke aus Badeausfahrten gemacht, sehr oft auch nach Schildhorn. Auch nachdem ich längst erwachsen war, waren meine Eltern noch bis 2003 mit „Mops“ regelmäßig auf der Unterhavel unterwegs. Seit 2003 befindet sich „Mops“ in Berlin in der Binnenschifffahrsabteilung des Deutschen Technikmuseum und kann dort besichtigt werden.

Wenn Sie mal dort sind, würde es mich und auch meine inzwischen verstorbenen Eltern sehr freuen, wenn Sie auch einen Blick auf unseren „Mops“ werfen!

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1893 !

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Die Aufnahme zeigt den heutigen Parkplatz. Das Aufnahmejahr „1883“ ist auf der Aufnahme eingeprägt und auch authentisch, da der Berliner Fotograf Friedrich Albert Schwartz von 1882 – 1887 seinen Firmensitz in der Louisenstraße 23 hatte. Im Hintergrund ist auf dem Gebäude der Name „A. Gierasch“ angebracht. Hierbei handelt es sich um Adolph Eugene Gierasch (1843-1912) und seiner Ehefrau Wilhelmine Gierasch, geborene Lipkow (1840-1923). Ihr Sohn Walter Siegfried Gierasch wurde bei am 24.12.1877 bei Schildhorn geboren, er studierte auf der Harvard University (Class of 1902). Möglicherweise war der US-Schauspieler Stefan Gierasch ein Engelkind. Das abgebildete Gebäude gibt es nicht mehr, an seiner Stelle befindet sich heute das GEW Seehotel Grunewald.

2005

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Lauftrefffoto an der Schildhornspitze vor dem „Breite See„. Gegenüber „Der Sack“ bei Pichelsdorf. Vom dort durchschwamm nach einer Sage „ein Ritter“ auf der Flucht die Havel zum rettenden Schildhorn.

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Chroniken:

1730

Jacob Paul von Grundling, Leben und Taten Markgrafs Albrecht d. Bären, Seite 21 /

Erstnennung der Sage:

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Man hat Nachricht, daß es unweit Potsdam zwischen Markgraf Albrechten und König Prebislaus zum Treffen gekommen ist, in welchem dieser geschlagen worden, daß er mit dem Pferd durch die Havel gesetzt, wie dann der Ort nicht weit von Sacro gezeigt wird, wo der Wendische König Prebislaus durch die Havel die Flucht genomen.

1823

Valentin Heinrich Schmidt, Über die Erwerbung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären, Berlin 1823, S. 45; nach einer Abschrift aus: 1868 Gymnasial-Director W. Schwartz in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams, Theil IV., Seite 283 /

Erstnennung der Sage mit dem Handlungsort Spandau/Pichelsdorf:

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In den Umgebungen Berlins ist ein anmutiges Eiland, von der Havel gebildet, der Pichelsdorfer Werder genannt. Auf dem Berlin entgegengesetzten Ufer liegt hier das zu Spandau gehörige Fischerdorf Pichelsdorf. Man erzählt, daß der letzte Brandenburgische Wendenkönig [dies wäre also, sagt Schmidt, Pribislav] von Albrecht dem Bären bei Spandau geschlagen sei. Der Wendenfürst wäre auf seiner Flucht zu einer schmalen Landzunge bei Pichelsdorf an der Havel, gewöhnlich der Sack genannt, gekommen, die Feinde hätten ihn verfolgt, und er hätte nun das Gelübde gethan, sich zum Christenthum zu bekehren, wenn er sich über die Fluth retten würde, da seine Götter ihn verlassen hätten. Muthig sei er mit dem Pferd in die Havel gesprengt und glücklich hindurch nach einer Landzunge gekommen. Hier habe er für seine Rettung dem Gotte der Christen dedankt und sein Schild auf die Landspitze gelegt, die noch heut zu Tage zum Andenken an den Wendenkönig den Namen „Schildhorn“ führt.

 1839

Karl Friedrich von Klöden, Ueber die Entstehung, das Alter und die früheste Geschichte der Städte Berlin und Kölln, Seite 149:

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Einer örtlichen Sage zufolge soll der letzte wendische Beherrscher Brandenburgs in der Nähe von Spandau im Havellande gegen Albrecht den Bären eine Schlacht verloren haben. Dies ist nicht unwahrscheinlich, und kann dann nur auf Jaczo bezogen werden. Dieser kam flüchtend, der Sage zufolge, zwischen Pichelsdorf und Gatow zur Havel. Seine Feinde verfolgten ihn, und er that das Gelübde, sich zum Christenthume zu bekehren, wenn er sich glücklich über den Fluß retten würde, da seine Götter ihn verlassen hatten. Er warf sich mit dem Pferde in die Fluth, und erreichte glücklich die gegenüber gelegene Landzunge, welche sich als Vorgebirge in den Fluß hineinzieht. Hier dankte er dem Gott der Christen für seine Rettung, und legte sein Schild auf die Stelle nieder, welche noch heute zum Andenken an diese That Schildhorn genannt wird. Was dieser Sage Glaubwürdigkeit erhöhet, ist der Umstand, daß Jaczo noch als Beherrscher dieser Gegenden Christ geworden sein muß, da die von ihm aufgefundenen Münzen mit der Inschrift Jacza de Copnic* (*Eine in meinem Besitze befindliche hat die Inschrift: Jakza Koptnik) wenigstens einige derselben, ihn mit einem Kreuze in der Hand darstellen als Zeichen seiner Bekehrung.

1862 Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 1 – Das Schildhorn bei Spandau, Seiten 377 – 382:

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Meine Götter ſind Spott,
Rette du mich, Christengott.
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Spandau ist eine der ältesten Städte der Mark und seine Lokalgeschichte zählt zu den interessanteren. Hier an den Ufern der Havel entschieden sich die Kämpfe zwischen Christen und Wenden, hier faßte die Reformation zuerst festen Fuß in brandenburgischen Landen…
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Aber diese Vorgänge, die theils einen Ruhm der Stadt bilden, theils ihr ein historisch poetisches Interesse leihen, liegen weit zurück und sind erstorben im Bewußtsein der Gegenwart…
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Weder Spandau selbst indeß noch seine Geschichte haben uns heut in die alte Havelfestung geführt, sondern lediglich der Wunsch, einen Ausflug in seine nächste Umgebung zu machen, flußabwärts jenem malerischen Punkte zu, der den Namen „das Schildhorn“ führt.
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Wir schwanken einen Augenblick, ob wir mit Dampf oder Ruder die Fahrt versuchen sollen, und endlich, das Segelboot als gefälliges Auskunftsmittel wählend, treiben wir jetzt mit Strom und Wind, zunächst an Wiesen und Dörfern, dann aber an prächtigen Waldpartien vorüber, dem Ziel unserer Reise zu. Wie unverdient ist der Spott, der unsere märkische Landschaft zu verfolgen pflegt, wenigstens hier! Die breite, blaue Wasserſtraße theilt sich und einigt sich wieder und schafft eine ununterbrochene Kette von Inseln und Seen. Die Eilande selbst wechseln in ihrem Charakter; neben dem fruchtbaren Grasland des einen, auf dem die Häuser und Heerden den Wohlstand seiner Bewohner verrathen, erheben sich die Sandberge einer zweiten und dritten Insel, kahl an ihren Abhängen, aber tannenbedeckt auf ihrer Höhe. Auf- und abwärts gleiten die Elb- und Oberkähne, die noch immer den großen Handel zwischen Ost- und Nordsee vermitteln, und der Wind, plötzlich die Richtung wechselnd, klappt das eben noch vollgebauschte Segel mit dumpfem Schlag an den Mast. Reusen und Netze durchziehen die schmaleren Arme des Stromes und sperren ihn fast; nur vereinzelte Schwäne (die Havel hat deren tauſende) gleiten unaufgehalten ihres Wegs.
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Die rechts gelegenen Ufer sind ziemlich unmalerisch, zur Linken aber auf hohem Plateau, das bald sich rundet und buchtet, bald Landzungen weit in den breiten Strom hinein streckt, erheben sich die prächtigen Tannen des Grunewalds und spannen ihre dunkelgrünen Schirme aus. Die Stämme sind hoch und schlank und alles Unterholz fehlt; so blickt man durch den Rahmen der rothbraunen Stämme bis tief in den Wald hinein und belauscht das Wild, das, gehegt und gepflegt in jenen weiten Jagdrevieren, wie in paradiesischer Sicherheit den Forst durchschreitet und von den vorspringenden Kuppen aus neugierig auf den Fluß und sein Treiben hernieder blickt. Sei es die Pflege, die diesem schönen Walde zu Theil wird, oder sei es die Nähe des Wassers, das mit feuchter Kühle die Nadeln labt und leise Nebel um seine Kronen spinnt, gleichviel, die Tannen erscheinen schöner und edler hier als irgendwo anders und stehen da, als fühlten sie sich als die eingeborenen Herren dieses Landes.
Das heimathliche Volkslied hat diese schönen Havelforsten oft gefeiert, und wer sie jemals wandernd durchzogen hat, der stimmt gern mit ein in die alte Weise:
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Blaue Havel, Grunewald,
Grüß mir alle beide,
Grüß und ſag’, ich käme bald,
Und die Tegler Haide.
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Wir sind mit voller Gunst des Windes eine Stunde gefahren und die letzten Werder- und Inselgruppen liegen hinter uns. Mit halb eingezogenen Segeln biegen wir eben um eine vorspringende Waldecke herum in die volle Stromesbreite hinein, als wir in der Entfernung einer guten Viertelmeile einer Landzunge ansichtig werden, die von der linken Uferſeite her weit in den Fluß hinein ragt und die Hälfte seines Bettes dämmt und absperrt. Die Landzunge ist nicht flach, sondern ein hoher Sanddamm, ein Molo, der auf seinem Rücken niedrige Tannenbäume, an seiner vordersten Spitze aber ein grauschwarzes, wunderliches Bildwerk trägt, das halb an Telegraphenpfosten, halb an Fabrikschornsteine mahnt und doch durch allerhand Schnörkel und Ornamente keinen Zweifel darüber läßt, daß es keines von beiden sei.
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Wir haben uns inzwischen der Landzunge mehr und mehr genähert und die Formen nehmen bestimmtere Gestalt an. Wir erkennen deutlich eine Säule, die in der Mitte ihres Schaftes einen Schild und auf der Höhe des Ganzen ein Kreuz trägt. Unser Boot legt an und wir erklimmen den Damm, der nach vorn hin ziemlich abschüssig in den Fluß fällt. Dieſer Vorsprung, die hohe Sandklippe, auf der wir uns nunmehr befinden, ist das Ziel unserer Reiſe, „das Schildhorn.“ Der Vorgang, der ihm diesen Namen gab, ist der folgende.
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Brennibor (Brandenburg) war endlich nach langer Belagerung von Albrecht dem Bären erstürmt und das Wendenthum, seit lange von der Elbe zurückgedrängt, schien auch das Havelland nicht länger halten zu können. Aber Jaczko, der Wendenfürst, war wenigstens gewillt, die alten Sitze seiner Väter nicht ohne Schwertstreich aufzugeben, und noch einmal sammelte er die Seinen zum Kampf. Bei Spandau kam es zu einer letzten Schlacht. Jaczko unterlag, und hinfliehend am rechten Havelufer, von den siegestrunkenen Deutschen verfolgt, sah er kein anderes Heil mehr, als den Fluß und das jenseitige Ufer. Gegenüber dem jetzigen Schildhorn, wo die weit vorspringende Landzunge die Breite der Havel fast halbirt, gab er seinem Pferd die Sporen und setzte in den Fluß. Aber sein Pferd war matt und müde vom Kampf, und ehe es die rettende Landzunge halb erreicht hatte, empfand sein Reiter die schwindende Kraft des treuen Thiers. Da Angesichts des Todes warf das Herz des Wendenfürsten die alten Heidengötter von sich, und die Hand, die den Schild hielt, hoch gen Himmel erhebend, rief er den Gott der Chriſten an, ihm zu helfen in seiner Noth. Da war es ihm, als faßte eine Hand den erhobenen Schild und hielte ihn mit leiser, aber sicherer Macht über dem Wasser; dem sinkenden Pferde kehrten die Kräfte zurück und der Vorsprung war erreicht. Jaczko hielt, was er gelobt, und wurde Chriſt. Seinen Schild aber, den der Finger Gottes berührt, ließ er dem Ort, wo das Wunder sich vollzogen hatte. Der Schild des Heiden war ihm zum Glaubensschild geworden.
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Dies sind die Elemente, die man zur Hand hatte, als es sich darum handelte, zur Erinnerung an jenen Tag der Bekehrung und zur Festigung und Neubelebung der alten Tradition, auf dem Schauplatz derselben, dem Schildhorn, ein Denkmal zu errichten. Man hat bei Ausführung dieses Planes in nicht gut zu heißender Weise auf den malerischen Effekt Verzicht geleistet. Es wäre ausreichend gewesen, auf hoher griechischer Säule einen Schild aufzurichten und diesen Schild mit einem Kreuz von mäßiger Größe zu krönen. Das würde ein weithin erkenntliches Bild in durchaus bestimmten Umrissen gegeben und „den Sieg des Kreuzes über das Heidenthum“, diesen selbstverständlichen und durchaus berechtigten Gedanken in aller Klarheit dargestellt haben. Archäologischer Uebereifer aber glaubte ein Uebriges thun zu müssen und hat seinen Sieg auf Kosten des guten Geschmacks gefeiert. Man hat den Stamm einer alten knorrigen Eiche in Sandstein nachgebildet und dadurch eine ohnehin schwerverständliche Figur geschaffen; der inmitten des Stammes aufgehängte Schild aber, der wie eine Scheibe an einem Pfosten klebt, schafft, aus der Ferne gesehen, vollends eine durchaus unklare und räthselhafte Figur. Eben so unklar und verworren nimmt das Kreuz sich aus, das den Oberbau der Säule krönt. Etwas Apartes ist gewonnen, nichts Schönes, das der eigenthümlichen Schönheit der Landschaft entspräche. Möglich, daß jene Apartheit Zweck war; sie sichert allerdings dieser Säule einen Eindruck, dessen sie vielleicht entbehrte, wenn sie schöner und mehr im Einklang mit dem Ueblichen wäre.
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Der Sagenschatz der Mark ist arm; das mag es erklären, daß sich unsere heimischen Dichter und Künstler mit Vorliebe der Behandlung eines Stoffes zugewandt haben, der, wenn auch keineswegs ohne Reiz überhaupt, doch schon in seiner Entlegenheit allerhand Schwierigkeiten bietet. Unsere Lokalpoeten sind denn auch meist an dieser Schwierigkeit gescheitert, und die einfache schlichte Ueberlieferung wird der poetischen Version, deren eigene Zuthat schwach ist, gemeinhin und mit vollem Rechte vorgezogen.Eine glücklichere Hand hatten unsere Maler, besonders Professor von Kloeber, einer der Altmeister unserer Kunst. Er malte den Gegenstand zweimal, als ausgeführte Farbenskizze und später in Lebensgröße. Eins der Bilder befindet sich im Schloß. Am rechten Havelufer erblickt man die Gruppe der Kämpfenden; Jaczko schwimmt bereits inmitten der Havel und hat bittend Haupt und Schild erhoben. Ueber ihm schwebt die Gestalt eines Engels und deutet auf den aufragenden Vorsprung, der Rettung verspricht. Die Arbeit ist verdienstlich, wenn auch nicht eben mehr.
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Aber sind auch Kunst und Dichtung bisher umsonſt bemüht gewesen, eine goldene Frucht von dem Baume der alten Tradition zu brechen, die Sage selbst wird fortleben von Mund zu Mund, und jeder, der das Schildhorn besucht und den stillen Zauber auf sich wirken läßt, den die immer wechselnden Bilder von Wald
und Fluß, die weißen Segel über dem Wasser und die „Segler in den Lüften“ hier leiſe zusammenspinnen, der wird, in aufkeimendem romantischen Bedürfniß, sich das Westufer des Flusses plötzlich mit allerhand Gestalten beleben und den Wendenfürſten selbst, den umleuchteten Schild zu seinen Häupten, auf dem gekräuselten Wasser sehen. Ein Lächeln wird dem Traumbild folgen, aber eine dankbare Erinnerung wird ihm bleiben an das märkische Landschaftsbild, das das Schildhorn vor ihm entrellte.“

1868 Gymnasial-Director W. Schwartz in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams, Theil IV., Seiten 282 – 287, Auszug:

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Das Schildhorn bei Spandau und der letzte Wendenkönig

…In Pichelsdorf und in den Dörfern an der Havel entlang, wie anderseits in Charlottenburg, dem alten Lietzow, finden sich ihre Spuren. Die Landzunge, auf der wir gestanden, welche das Volk das Schildhorn nennt, der breite Wasserspiegel, welcher sich vor uns ausbreitet, und eine andere Landzunge, welche sich gegenüber von dem Dorfe Pichelsdorf in das Wasser hineinzieht und die man „den Sack“ nennt, sind das Local, an welches sich die Sage anknüpft. Hier soll, heißt es, in den alten Zeiten einmal jemand glücklich mit seinem Pferde hinübergeschwommen sein, um sich seinen Verfolgern zu entziehen. Auf der Flucht kam er nämlich, wird erzählt, an das jenseitige Ufer und gerieth in die Landzunge, so daß seine Verfolger schon triumphierend ausriefen: „Jetzt haben wir ihn im Sack!“ Er aber gab seinem Pferde die Sporen und setzte hinein in die Havel, und sein treues Thier schwamm wirklich die weite, weite Fläche mit ihm hinüber, und glücklich erreichte er den diesseitigen Strand, wo er zum Zeichen seiner Rettung seinen Schild- und Horn an einem Baume aufhängte, weshalb man noch heute diese Stätte „das Schildhorn“, jene Landzunge dort drüben bei Pichelsdorf „den Sack“ nennt. So der allgemeine Inhalt der Sage. Weiter entfaltet sich sich nun zunächst in eigenthümlicher Weise, indem sie den Beweis liefert, wie die Sage stets geschäftig sich immer neu verjüngt und mit der Zeit gleichsam fortrückt…..
Fassen wir also schließlich alle Fäden unserer Untersuchung zu einem Resultat zusammen, … Der blutige Kampf, der also zwei Jahrhunderte von den Deutschen Kaisern, den Herzögen von Sachsen und den Markgrafen der Altmark hier an der Elbe und Havel um diesen Preis gekämpft worden war – hier am Schildhorn hat er seine Entscheidung gefunden ; die Säule, unter der wir uns versammeln, bezeichnet den Wendepunkt in der Geschichte dieses Landes… In diesem Sinne hat König Friedrich Wilhelm IV. dieses Denkmal hier errichtet… In diesem Sinne wollen wir aufschauen zum Schildhorn und in diesem Sinne von ihm scheiden.

1888

Georg Sello, Potsdam und Sans-Souci, Breslau 1888, Seiten. 150-164, insbes. Seite 154ff.,:

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Ich habe den Text leider noch nicht gelesen. Aber laut Kurt Pomplum, 1964 (s.u.) ist Georg Sello „der Schildhornsage gegenüber sehr kritisch eingestellt und hält sie für eine Erfindung des Schmidt.

1894 Fontane, Seiten 13 – 17:

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Nach 3/4 stündigerWanderung, vom Bahnhof Grunewald ab gerechnet, überschreiten wir halbrechts die Chaussee Wannsee-Pichelsberg-Spandau und steigen dann links den ziemlich steilen Abhang nach dem jetzt zu unseren Füßen liegenden Schildhorn hinunter.

Vor uns liegen die drei Schildhorn-Restaurationen von Wegener (rechts), von Schmidt (in der Mitte) und von Rieger (links). Sämmtliche drei Lokale grenzen mit ihren Gärten an die Havel, gewähren gute Verpflegung, haben Post- und Telephonverbindung mit Spandau und geräumige Stallungen. Kahn- sowie Dampferfahrten nach Gatow (einfaches Wirtshaus), Pichelsberg und Pichelswerder, 10-20 Pf.

Ende der fünziger Jahre standen an Stelle der heutigen drei großen Restaurationen nur dürftige Fischerhäuser und eine Holzwärterbude; letztere stammte noch aus der Zeit, da Schildhornein bedeutender Holzablageplatz für das im Grunewald gefällte Bauholz war. Wegen seiner schönen Lage wurde Schildhorn von Jahr zu Jahr in immer weiterem Umfange das Ziel der Erholung suchender berliner Bürger- und Beamtenfamilien. Mit den Anwachsen der Zahl der Besucher stieg auch die Nachfrage nach Stärkungs- und Erfrischungsmitteln und an die Stelle der früheren Fischerhäuser traten nach und nach die heutigen 3 Lokale. Bemerkenswert ist noch der Umstand, daß die Baulichkeiten zum Theil auf privatem, zum Theil auf gepachtetem forstfiskalischen Grund und Boden errichtet werden mußten, weil die alten Grundstücke zu den Neubauten nicht ausreichten. 
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Treten wir in den Garten eines der Lokale, so bietet sich uns von dort ein äußerst anziehendes Landschaftsbild dar. Rechts schweift das Auge über die weite, seengleiche Havel hinüber nach Pichelswerder, während sich links das Schildhorn molenartig in die blaue Fluth hinaus erstreckt. Auf der Nordspitze dieser kleinen Halbinsel erhebt sich das im Jahre 1845 auf Veranlassung König Friedrich Wilhelm III. errichtete Denkmal, ein von einem Kreuze überragter hoher Sockel in der Form eines Eichenstammes  an dem ein metallener Schild und ein Schwert hängen. Dieser Stätte gilt es unser Besuch.
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Wir gehen rechts, am Rieger’schen Lokal vorbei, fast bis zum Dampfersteg (Havel) hinunter, bis uns ein Wegweiser „Zum Denkmal“ nach rechts, am Rande der Wiese entlang, auf den Bergrücken des Schildhorns und zum Denkmal führt. Von der Schildhornspitze aus können wir rings die ganze Gegend bis Pichelsberg und Pichelswerder, sowie hinüber bis zum jenseitigen Havelufer nach Gatow überblicken. Beim Anblick dieser Wasserlandschaft werden die Helden der Schildhornsage vor unserem geistigen Auge lebendig, und wir fühlen uns in die Zeit vor mehr als 700 Jahren zurückversetzt.
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Wie uns die Geschichte erzählt, hatte 1150 Markgraf Albrecht der Bär nach dem Tode des letzten, mit seiner Gemahlin Petrussia zum Christenthum übergetretenen Brandenburger Wendenfürsten Pribislaw kraft eines Erbvertrages Besitz von dem Havellande genommen. Albrecht war bereits 6 Jahre unbestrittener Herrscher über diese Lande gewesen und befand sich bei Kaiser Barbarossa auf dem Reichstage zu Mainz, als der Liutizenfürst Jaczo von Köpenick, ein Neffe des Pribislaw, welcher Ansprüche auf Brandenburg geltend machte, ein starkes Heer sammelte und die Stadt in seine Gewalt brachte. Auf die Kunde von der Eroberung Brandenburgs eilte Albrecht in die Mark zurück und schloß bald darauf mit Unterstützung des Erzbischofs Wichmannvon Magdeburg die Stadt sowohl von der Land- als auch von der Wasserseite ein. Schon mancher tapfere Deutsche, darunter ein Schwestersohn Albrechts des Bären, Werner von Beltheim, war ein Opfer der Belagerung geworden, als endlich am 11. Juli 1157 die Burg erstürmt werden konnte. Jaczo floh mit seinem Heere, an der Havel entlang, ostwärts , während Albrecht ihn hartnäckig verfolgte. Zwischen Gatow und Gr. Glienicke kam es am 14. Juli 1157 zu einer mehrtägigen Entscheidungsschlacht, die mit der vollständigen Niederlage Jaczo’s endigte.
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An diese blutige Schlacht knüpft sich nun die erst in diesem Jahrhundert aufgenommene und von Valentin H. Schmidt (Anmerkung: Valentin Heinrich Schmidt (1756–1838), Direktor des Köllnischen Gymnasiums in Berlin), zuerst mitgetheilte Schildhornsage an, welche uns in ergreifender Weise die Flucht und die wunderbare Rettung des Wendenfürsten erzählt. Jaczo, hart bedrängt von seinen Feinden, gerieth flüchtend auf die Pichelsdorfer Landzunge, dem sogenannten Sack. Schon ertönte dicht hinter ihm das Siegesgeschrei seiner Verfolger, welche wähnten, ein Entrinnen sei dem Wendenfürsten nicht mehr möglich, als Jaczo seinem edlen Roße die Sporen gab, sich mit seinem Pferde von der Anhöhe in die Fluthen der Havel stürzte und schwimmend das jenseitige Ufer zu erreichen strebte.
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Wohl trug ihn rührig sein treues Pferd,
Er rang mit markigen Armen,
Erflehte, von Schild und Harnisch beschwert,
Der heidnischen Götter Erbarmen.
Und schon war des Stromes Mitte erstrebt,
Als Schrecken und Furcht ihm die Seele durchbebt.
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Jäh unter ihm sank sein Roß in die Fluth. –
Da packte ihn wildes Entsetzen,
Zur hellen Verzweiflung wurde sein Muth
Und sein Vertrauen in die Götzen;
Sie halfen ihm nicht; und in zagender Brust
Ward ihm des Heidenthums Ohnmacht bewußt.
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In Jaczos Seele stieg leuchtend auf
Ein Ahnen vom heiligen Weben
Des Gottes, dem im ewigen Weltenlauf
Die gläubige Menschheit ergeben.
Und der in der Seele Umnachtung sein Spott,
Nun rief er zu ihm, dem Christengott.
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Er schwur im Herzen den heiligen Eid,
Wenn jetzt aus des Todes Nöthen,
Durch Himmelshuld seine Seele befreit,
Zum Christenthume zu treten. –
Und sieh! im Gelübde war neu ihn erwacht
Die Kraft, die dem Reuigen Rettung erbracht. –
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Er grüßte das Land, und dankerfüllt
Pries Gott er für seine Erhörung;
An einen Baumstamm hing Horn er und Schild,
Zum Zeichen seiner Bekehrung. –
Die wendische Mark wurde deutsches Land;
Der Ort von Stund an Schildhorn genannt.*
(aus: „Mark Brandenburg in Sage und Lied“ von Fritz Eichberg (geb. 05.08.1864, gest. 08.02.1918), Berlin 1894)
*Im Königl. Schlosse zu Berlin befindet sich ein Bild von Professor Klöber, welches die der Schildhornsage zu Grunde liegende Begebenheit darstellt.
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Albrecht der Bär aber, sowie auch später dessen Nachfolger blieben seitdem in ununterbrochenem Besitze Brandenburgs. Das alte so oft eroberte und oft an die Wenden verlorene Brennabor blieb nunmehr für immer deutsch und vom Harlunger Berge bei Brandenburg leuchtete fortan statt des dreiköpfigen Triglaw das Kreuz in die wieder deutsch gewordenen Lande.
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Schildhorn zu besuchen empfiehlt sich auch für den Winter, da der Weg vom Bahnhof Grunewald nach Schildhorn selbst bei hohem Schnee seitens der Schildhornwirthe passierbar gehalten wird. Abgesehen davon, daß der winterliche Wald mit den schneebedeckten Zweigen der Bäume herrliche Landschaftsbilder bietet, die jeden Naturfreund veranlassen müßten, sich den Grunewald in seinem schmucken Winterkleide zu betrachten, bietet sich auf der Havel bei Schildhorn schon nach gelindem Froste eine prächtige Eisbahn. Die sogenannte Anglerbucht (auch Gargen Lanke genannt), jenes Stück der Havel zwischen der Schildhornspitze und den Restaurationen friert leicht zu. Ueber die Bucht sich hinaus zu wagen, ist nicht ratsam, da dort wegen der starken Strömung sich selten sicheres Eis bildet. In der Nähe der Restaurationen wird das Eis gefegt; die Benutzung der Eisbahn ist frei. Auf den sogenannten Piekschlitten, welche von den Verleihern auf der Eisbahn angeboten werden, kann man sich selbst, ohne fremde Hülfe, mit großer Schnelligkeit über die Eisfläche fahren. Diese Schlitten sind in Stuhlform hergestellt und haben unter den Holzkufen noch besondere, schmale Stahlschienen; außerdem gehören zu jedem Schlitten zwei lange Stäbe mit eisernen Spitzen (Pieken), mittels derer man sich fortbewegt.
1902 Berdrow, Seiten 94 – 100:

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Der Grunewald und der Berliner – Eine Wasserfahrt nach Schildhorn (Auszug):

Ein strahlender Sommermorgen mit Hundstageshitze, Sonntag überdies, ist über Berlin aufgegangen. Intra muros droht es entsetzlich zu werden, und was Beine hat, flüchtet ins Freie. Ein solcher Tag bringt die bewährten Prinzipien zu Fall, und so besuchen wir denn heute, unserer Ueberzeugung zum Trotz, den Grunewald einmal am Sonntag. Er ist Sonn- und Feiertags nicht schön; aber wir wollen heute nicht ihn, wir wollen seine Gäste sehen.

Nachdem wir bis Spandau die Bahn benutzt, besteigen wir an der Charlottenburger Brücke den schon ungeduldig keuchenden Haveldampfer. Er ist „besetzt“ – der Kenner weiß, was das Wort an solchem Tage bedeutet: das Hinterdeck hat mit Kind und Kegel der Orchesterverein „Kleine Pauke“ eingenommen; am Bugspriet hat der Gesangsverein „Trillerflöte“ sein Wigwam aufgeschlagen; in der Mitte herrschte ein Gewimmel von weißer, rosa und himmelblauer Unschuld, und aus den Kajüten schaut’s Kopf an Kopf, der reine Viehwagen, wie ein Sarkast bemerkt. Dennoch ist alles eitel Luft und Freude.

Ein letztes Glockensignal, ein langgezogener Pfiff – und ächzend und stampfend setzt das überfüllte Fahrzeug sich stromabwärts in Bewegung. Anlagen, grünbebuschte Ufer, Häuser und Gärtchen gleiten vorüber, auf dem bewegten Wasserspiegel tanzen die Sonnenlichter neckend, blendend und durch den Sinn schwirrt ein Verschen des liebevollen Schilderers märkischer Lande und Leute, unseres unvergeßlichen Theodor Fontane:

Blaue Havel, Grunewald,
Grüß mir alle beide,
Grüß und sag, ich käme bald;
Und die Tegler Heide!

Bald sind der Burgwall und der Kietz, zwei Erinnerungen an Spandaus erste Jugendtage, erreicht. Letzterer wurde bis 1815 von den Kietzfischern, den Nachkommen der unter besonderem Schutz des andesherrn und der Spandauer Vogtei stehenden Wenden, bewohnt. Da er aber in der Schußlinie der Festungskanonen lag und bei den Belagerungen der Stadt mehrmals zerstört worden war, mußten die Bewohner nach dem Tiefwerder übersiedeln, wo ihnen 1916-1818 ein neues Dorf erbaut wurde. Die zwischen der Havel und dem zugewachsenem Faulen See gelegene Ortschaft hat sich in den letzten Jahren stark modernisiert, während das ein Endchen weiter abwärts auf dem rechten Ufer liegende Pichelsdorf noch immer jenes altertümliche, den Städter so traut und anheimelnd berührende Aussehen bietet. Alte Gebräuche wie das “Antuten” des Weihnachtsfestes und die Anfertigung eigenartiger, mit Binsenmark und Flittern beklebter Ostereier waren bis vor kurzem noch hier üblich.

Nun erheben sich zur Linken die Höhen von Pichelswerder. Vom Waldrand herüber grüßen ein paar mächtige Eichenriesen, darunter ein Stamm von sieben Metern Umfang, sicherlich der stärkste in weitem Umkreise, und gesund, kerngesund, während sein viel bekannterer Bruder am Stößensee im Restaurant Wilhelmshöhe nur noch eine mit Klammern und Schrauben aufrecht erhaltene Ruine darstellt. „Wie alt mag so´n Bäumlein wohl sein, Karl?“ ruft ein Wißbegieriger laut durch die unaufhörlich hin und her schwirrende Unterhaltung. „Na, der hat sein tausendjähriges Jubiläum hinter sich, Aujust, det kannste jloben,“ entgegnene überzeugt sein Freund Häsele (?). „Meinst Du wirklich, Karl? Denn könnt´ er ja den alten Fritzen noch erlebt haben!“ ruft August erstaunt. „Hat er ooch, da kannste Gift druf nehmen!“

„Erlauben Sie, meine Herren,“ mischt sich ein dritter bescheiden in die Unterhaltung, „voll so schlimm ist die Sache wohl nicht. Man überschätzt bei diesen schönen alten Bäumen das Alter gewöhnlich sehr, und es dürfte im ganzen Grunewald kaum eine Eiche stehen, die über 500 Jahre alt ist. Diese hier wird also  nicht einmal in die Zeit Albrechts des Bären oder seines Zeitgenossen Jaczo zurückreichen.“

„Jaczo, Jaczo! Det war ja woll der olle Wendenkönig, den se in Schildhorn ’n Denkmal jestiftet haben?“

„Ganz recht! und drüben sehen Sie die Pichelsdorfer Spitze oder den sogenannten „Sack“, da, beim Schloßpark, wo sich Jaczo  über die Havel gerettet hat.“

„Erklären Sie uns den Rummel doch mal, Herr Professor! Ick habe woll noch so’n Animus, aber der richtige Zusammenhang fehlt.“

„Sehr gern meine Herrn! Bemerke aber ausdrücklich, daß das Ganze mehr Sage als Geschichte ist und in zahlreichen Variationen (*Fußnote 14) erzählt wird. Die ausführlichste derselben ist wohl folgende:

Marggraf Albrecht der Bär lag mit dem Wendenfürsten Jaczo in heißer Fede. Auf dem Potsdamer Werder wurde die ganze Streitmacht des Markgrafen zusammengezogen, um den Angriff des Feindes zu erwarten. Jaczo hatte eine bildhübsche Tochter, Idra, die hatte Gero, der zu Albrecht stand, zur Gattin erkoren. An der Havel wurde die Entscheidungsschlacht geschlagen, die zu Ungunsten der Wenden ausfiel. Wild flohen sie vor den Scharen Albrechts, und auch Jaczo, der mutige Fürst, stürzte davon in wilder Flucht. Wo die Havel unweit von Pichelsberge eine größere Breite einnimt, da warf sich Jaczo, als er sich von dem grimmen Feinde verfolgt sah, in den Fluß. Nach hartem Kampfe mit den Wellen erreichte er mit seinen treuen Roß das jenseitige Ufer. Der heidnische Wendenfürst war gerettet. Idra, seine Tochter, empfing ihn freudestrahlend am anderen Ufer. Ein Priester aus Albrechts Heeresgefolge trat hinzu, und von ihm verlangte Jaczo die Taufe, die Aufnahme in den Christenbund, „Euer Gott hat mich gerettet, ihm will ich danken“ – also sprach er. Und da legte er an der Stelle, wo er das Land wiedergefunden, Schild, Schwert und Horn, zum Zeichen, daß die Macht der heidnischen Wenden in den Marken vernichtet war, nieder. Von jener Stunde an hieß die Stelle am Havelufer Schildhorn, und König Friedrich Wilhelm IV. ließ 1844 auf Schildhorn eine Denksäule errichten.“

„Sollte so’n Gaul wirklich von hier nach Schildhorn schwimmen können, noch dazu mit einem Reiter drauf?“ läßt sich Käseke zweifelnd vernehmen.
„Ja, das weiß ich nicht,“ entgegnete der „Professor“ achselzuckend, „das müssten die Herrn mit Pferdeverstand entscheiden; die Entfernung kann ich Ihnen angeben, sie beträgt ziemlich genau 800 Meter. Aber – noch eine Frage, Preisfrage! Was hängt an der Schildhornsäule?“
Allgemeines Schweigen. „Na was soll dranhängen,“ bricht August endlich los, „’n Schild und ’n Horn!“

„Wohl Dein Nachtwächterhorn, Aujust?“ höhnt sein guter Freund; „denkst Du, die Jenerals sind früher mit Signaltrompeten ‚rumjejondelt, wie heute mit’n Weltfeldmarschallstab? Ick denke mir, da hängt’n Schild und ’n Degen dran.“

„Fehlgeschossen, mein Lieber; aber waren die Herrschaften denn noch nie auf Schildhorn?“

„Selbstredend, Herr Professor!“

„Na, da sehen Sie die hellen Berliner! Das Horn und das Schwert spukt nicht bloß in Ihren Köpfen, sondern sogar in Büchern und Zeitungen. Aber am Denkmal hängt nichts weiter als ein Schild, und das mit recht; den —„

Der Dampfer hat eben die Gemünde passiert und steuert auf Schildhorn zu, da setzt, die Unterhaltung jäh verschlingend, mit allen Arm- und Lungenkräften die „Kleine Pauke“ ein: „Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion!“ Die Ueberrumpelung ruft allgemeine Bewegung hervor, doch sind die dadurch hervorgerufenen Gefühle sehr gemischter Natur. Am aufgeregtesten sind die Anhänger der „Trillerflöte“, deren musikalisches Gewissen durch die Ueberfülle von Dissonanzen in seinen Tiefen aufgewühlt wird und sich in entrüsteten Ausrufen, unter denen „Pfui Deibel!“ und „Verfluchte … erei!“ das Pianissimo bilden, Luft macht. Hohnlächelnd blicken die glücklichen Musikanten vom erhöhten Achterdeck auf die entsetzte Menge und blasen und pauken, was das Zeug hält. Zum Glück ist’s bis Schildhorn keine Meile mehr; der mitleidige Kapitän läßt Dampf geben und in wenigen Minuten hält das Fahrzeug an der Landungsbrücke.

Alles stürzt von Bord, das übliche Gedränge entsteht und verläuft ohne weitere Zwischenfall; nur eine kleine Konfektionsdame wird in dem Ansturm über Bord gerissen und nimmt ein warmes Bad in der Gargen Lanke. Sie schreit nicht einmal übermäßig. Dann entfernt sich der Dampfer, nun alleiniger Besitz der „Pauker“, und noch lange hört man aus der Ferne, wie bei abziehendem Gewitter, ein dumpf grollendes „Bum bum bum!“  —  „Bum!“  — „Bum!“- „B-b-!“

In den Schildhornlokalen herrscht schon reges Treiben. Hunderte sind zu Fuß und zu Rad, in Kremsern oder andere Vehikeln angekommen und laben sich an Bier, Kaffee und den mitgebrachten Vorräten. Dann gehts in den Wald, wo ebenfalls schon zechende und schmausende Zirkel lagern, und das Spielen beginnt:

Ein zwei drei, das letzte Paar herbei! Drittenabschlagen, Schwarzer Mann und ähnliche harmlose Sachen, während die jüngsten Jahrgänge sich in allerlei Sport wie Baumklettern, Hosenzerreißen, Purzelbaumschlagen, Schmetterlingjagen und Wettrennen versuchen oder heimtückische Attentate auf die in den Kobern und Kremserverschlägen befindlichen, für den Nachmittagskaffee bestimmten Kuchenvorräte machen. Von der Anglerbucht aus werden in Kähnen oder auf dem Wasservelociped Ruder- und Schwimmpartien unternommen, die reizende Gelegenheit zur Anknüpfung, Festigung und Erledigung zarter Herzensbündnisse bieten. Ueberhaupt – wenn er Verdienste um die Menschheit hat, der alte Grunewald, so gehört dieser zu seinen vornehmsten: er macht die in der Großstadtluft eintrocknenden und verstaubten Herzen wieder frisch, jung und frei, und mancher zehrt noch wochenlang an der süßen Erinnerung der seligen Stunden, die er auf dem moosigen Grunde im Waldesschatten genossen.

Beim Denkmal, dem uns unsere Schritte unwillkührlich nahe geführt haben, treffen wir unsere Bekannten vom Dampfer, die Trillerflötisten, wieder. Sie suchen nach einem der Entfaltung ihrer Fährigkeiten günstigen Plätzchen. Endlich ist es entdeckt, und nach langwierigen Verhandlungen über das erste Lied wird endlich der Ton gepackt und das uralte „Wer hat dich, du schöner Wald“ flott hinausgeschmettert. Einige kleine Entgleisungen abgerechnet, geht die Sache zur Zufriedenheit der zahlreichen, mit ihrem Beifall nicht kargenden Zuhörer von statten, und nun folgt Lied auf Lied, bis der im Schweiß seines Angesichts auf dem Holzstoß arbeitende Dirigent abwinkt. „Kinder, det habt ihr jut jemacht!“ ruft begeistert ein dicker Budiker, „erlaube mir, die Herren zu een kleenet Achtel einzuladen!“ – „Gieb lieber gleich ’ne Vierteltonne, Dicker!“ – „Schön kömmt mir auch nicht drauf an!“ ruft der Kunstfreund und marschiert, Arm in Arm mit dem Herrn Musikdirektor, unter den Klängen des Liedes „Wir sind die Sänger von Finsterwalde“ an der Spitze des Vereins ins Lokal zurück.

Hier hat zum Entzücken der weiblichen Jugend endlich der Tanz begonnen. Drei Künstler, ein Violinenvirtuos, ein Hoboist und der Klavierspieler, bilden die sonntäglich verstärkte Kapelle und schmettern die neuesten Erzeugnisse der Tansmuse mit einer bewunderungswürdigen, durch die Aussicht auf zahllose Groschen belebten Verse und Ausdauer durch den Saal, der bald von hüpfenden und sich herumwirbelnden Pärchen wimmelt. Zu tanzen versteht der Berliner, nicht nur mit Schwung und Begeisterung, sondern, wie die Ausführungen des Menuett-Walzers, der Washington-Post oder des Rheinländers beweist, auch mit Geist und Grazie. Es ist ein Vergnügen, zuzusehen. Und die jungen Damen sind so genügsam. Zaudern die Herren zu lange, zuzugreifen, so fassen sie sich, wie immer in der Mehrzahl, gegenseitig um die Taille und drehen sich munter herum. Unermüdlich, bis der sinkende Abend die fürsorglichen Mütter zum Aufbruch mahnt, wird das Tanzbein geschwungen, kaum gönnt man sich die nötigen Pausen zum Essen und Trinken…

Dann richtet die Erzählung ihren Blick auf das Geschehen am Stammtisch des „Grunewaldclubs „Kranke Leber“… weiterlesen.

1910 ca.

Der von Emil Beringer von ca. 1909-14 erbauteJaczoturm“ in der „Jaczoschlucht“ als romantische Erinnerung an die Schildhornsage.

Bau des Jaczoturms auf dem heutigen Grundstück Gatower Straße 199:

1927 Wolter/Sommer/Klotz, Seiten 150/151:

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Um etwas schneller voran zu kommen, gehen wir jetzt ohne Aufenhahlt (Anm.: von Pichelswerder kommend) auf der Havelchaussee nach Schildhorn. – Die Sage, die sich an diese Stätte knüpft, ist zu bekannt, um hier wiederholt zu werden. Die Denksäule, die an sie erinnert, ließ Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1844 errichten. Schon wenige Schritte auf der Halbinsel zeigen uns, daß sie aus demselben Material aufgebaut ist wie die angrenzende Grunewaldlandschaft, aus demselben Material wie der Nordteil des Pichelswerder. Schildhorn wie Pichelswerder wurden in alten Zeiten durch die Havelwasser von den Grunewaldhöhen abgetrennt und blieben als Inseln stehen. Erst seitdem der Wasserspiegel der Havel gefallen ist, ist die Insel durch Verlandnung wieder mit dem Ufer verbunden worden. Die Verbindungsstelle zeigt noch überall Moorboden, und nur die Wege sind infolge von Aufschüttungen trocken.
1930 ca. Schildhorn Restaurant Hans Ritzhaupt, Werbebroschüre:

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  • Schildhorn
    an einer der schönsten Stellen unserer Havel gelegen, fern vom Straßenlärm, ist heute in zunehmendem Maße das Ziel aller derjenigen, die frohe Erholung in noch unverdorbener ländlicher Natur suchen. Von Osten her ist der Ort geschützt durch die Havelbucht einrahmenden Berge, von Westen her durch die bewaldete Landzunge, die die Denksäule trägt, von der die umstehend abgedruckte Sage erzählt. Zumal vom Haus
  • Hans Ritzhaupt
    aus bietet dieses prächtige Stück märkischer Erde, die seeartige Erweiterung der Havel mit ihrer weiten Wasserfläche immer von neuem fesselnde, mit der Jahreszeit in Farben wechselnde Fernblicke auf den Pichelswerder, auf Pichelsdorf, auf Gatow und die bewaldeten umrahmenden Ufer, sowie auf die von Segelbooten und Dampfern reichbelebte Havel.
  • Auch im Winter
    ist Schildhorn ein sehr gern gesuchter Aufenthalt aller Naturfreunde und Wintersportler, die sich in dem bergigen Gelände, sowie auf den ausgedehnten Eisflächen dem Stil-, Eis und Rodelsport widmen können. Durch seine gemütlichen, stets gut geheizten Innenräume wird das Haus Ritzhaupt auch in der kalten Jahreszeit gern aufgesucht.
  • Für den verwöhnten Gaumen
    ist hier bestens gesorgt. Die mit den modernsten technischen Neuheiten eingerichtete Küche bietet alles, was das Herz begehrt, in erstklassiger Ausführung. Nur Weine erster Häuser werden geführt, außerdem hiesige und auswärtige Biere. Jeder wird nach einmaligem Besuch ein dauerhafter Freund der seit sechzig Jahren bestehenden herrlich gelegenen Gaststätte Hans Ritzhaupt.
  • Wie komme ich nach Schildhorn?

    • Straßenbahn und Omnibus
      geben Gelegenheit, auch wochentags nach getaner Arbeit einige Stunden wohlverdiente Ruhe im Haus Ritzhaupt zu finden. Die Straßenbahn fährt bis zur Stößenseebrücke, von wo aus ein wundervoller Spaziergang in 25 Minuten nach Schildhorn Haus Ritzhaupt führt. Der Omnibus aber, der vom Bahnhof Zoo kommt, fährt unmittelbar bis vor die Gaststätte.
    • Privatautomobilie und Motorräder
      erreichen über eine gut gepflegte Straße das haus Ritzhaupt, das über einen Parkplatz für 200 Wagen verfügt. – Die wohl in der Umgegend von Berlin einzigdastehende Ausspannung bietet Reit- und Wagenpferden Unterkunft.
  • Die Schildhornsage
    Nach dem Frieden zu Frankfurt am Main wurde Albrecht der Bär im Jahre 1142 mit der Mark Brandenburg belehnt. Er widmete sich mit rastlosem Eifer der Kolonisation dieses Landes und der Bekehrung der Heiden zum Christentum. Nach dem Tode des Wendenfürsten Pribislaw im Jahre 1150 gelangte er in Besitz Brandenburgs und des Havellandes. Aber schon bald mußte er sich wieder gegen die Wenden rüsten. Jazko von Köpenick, ein Vasall und Verwandter Pribislaws erklärte sich nicht damit einverstanden, daß Albrecht der Bär die Länder Pribislaws erhielt; er begann den Krieg gegen Albrecht und eroberte 1157 die Mark Brandenburg. Bald aber gelang es Albrecht, ihn wieder zu vertreiben. An diese Vertreibung schließt sich folgende Sage.
    Auf der Flucht soll Jazko, verfolgt von Feinden, auf den der Halbinsel Schildhorn gegenüber gelegenen Bergen von Weinmeisterhorn an die Havel gekommen sein. Da er keine andere Rettung mehr zu erwarten hatte, gelobte er, falls er glücklich ans jenseitige Ufer käme, die Lehre des Christentums anzunehmen. Mutig sei er darauf in die Fluten gesprengt und habe glücklich das jenseitige Ufer erreicht, wo seine Tochter und ein Bischof seiner harrten. Er habe sich sogleich taufen lassen. Zum Zeichen dafür soll er an einer Eiche seinen Schild und sein Horn aufgehängt haben.

    Diesen Umstand soll die Landzunge ihren Namen verdanken. An der Stelle der Eiche erhebt sich das unter Friedrich Wilhelm IV. 1845 errichtete Schildhorndenkmal, wie es die Abbildung auf der ersten Seite dieses Prosbektes darstellt.

1938 Verlag Spandauer Zeitung – Die Havel unser Heimatfluß:
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Die Sage von Schildhorn

Dem Pichelswerder gegenüber liegt „Schildhorn“, früher eine Havelinsel, die aber durch Verlandungen mit dem Havelufer eine Halbinsel wurde.

Die Sage hat Schildhorn zu einer historischen Stätte gestempelt. Als Ende des Jahres 1150 der Wendenfürst Pribislaw, der Albrecht den Bären infolge kinderloser Ehe zum alleinigen Erben eingesetzt hatte, in Brandenburg gestorben war, entbrannte noch einmal der Widerstand der Wenden, die von dem Neffen Pribislaws, dem Wendenfürsten „Jaczo von Copnic“ (Köpenick) geführt wurden. Nach heißen Kämpfen fiel Brandenburg am 11. Juni 1157 Albrecht dem Bären zu, um fortan deutscher Besitz zu bleiben.Jaczo, dem daran gelegen war, daß Sumpfgebiet der Nuthe wieder zu gewinnen, entfloh über Poztupimi (Potsdam), um in den Waldungen bei Spandau den ersten Schutz zu finden. Doch die Deutschen folgten ihm zu Wasser und zu Lande. Bei Nedlitz hatten sich die Wenden in den Königswall, der auch unter dem Namen „Römerschanze“ bekannt ist, verschanzt. Sie wurden umzingelt und hatten keine andere Wahl, als über den schmalen Landrücken zwischen dem Gatower und Glienicker See und dann das rechte Havelufer aufwärts über das bergige Plateau nach Gatow zu fliehen.

Zwei Tage tobte hier der Kampf. Von dem deutschen Reitervolk in die Enge getrieben, muste Jaczo die Flucht ergreifen; von den Seinen getrennt, jagte er auf seinem Pferde davon, bis er sich unverhofft auf einer Landzunge zwischen Gatow und Pichelsdorf befand und somit ihm jeder Rückweg abgeschnitten war. In höchster Lebensnot sprengte er im nachgsandten Regen der Pfeile und Speere den steilen Uferrand hinab in die Havelflut.

Mitten in der Strömung fühlte er, daß sein Pferd dem Sinken nahe war und in Todesnot rief er, wie die Sage berichtet, den Christengott um Rettung an. Nach schwerem Kampfe mit den Wellen erreichte er das Ufer in Schildhorn, wo er als ein Zeichen seiner Errettung seinen Schild an eine Eiche hing.

Friedrich Wilhelm IV., der feinsinnige Erhalter so mancher Zeugen alter Vergangenheit, ließ hier am blauen Havelstrom, der alten ehemaligen Grenze zwischen der Mark Brandenburg und der Provinz Liutizien, im Jahre 1845 von Stüler eine Denksäule aufstellen, einen knorrigen, aus Sandstein gehauenen Eichenstamm. Darüber ragt das Christenkreuz, und darunter hängt das runde Wappenschild:

„Und erinnert dich, o Wandrer,
An den Wechsel aller Dinge,
An die Kämpfe grauer Vorzeit,
An die Völker früh’rer Tage,
An den letzten Wendenkönig.“

1954 Das von Friedrich August Stüler 1845 entworfene und im Krieg zerstörte Denkmal wurde wieder hergestellt.
1959 ca. Schildhorn Restaurant Ritzhaupt (seit 1899), Werbepostkarte (ähnlicher Text wie von ca. 1930):
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Die Schildhornsage

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Im Jahre 1142 wurde Albrecht der Bär nach dem Frieden zu Frankfurt a.M. mit der Mark Brandenburg belehnt. Mit großem Eifer betrieb er die Kolonisation dieses Landes und widmete sich der Bekehrung der Heiden zum Christentum. In den Besitz Brandenburgs und des Havellandes gelangte er nach dem Tode des Wendenfürsten Pribislaw im Jahre 1150, mußte sich aber bald wieder gegen die Wenden rüsten. Ein Versall und Verwandter Pribislaws, Jazko von Köpenick, erklärte sich nicht damit einverstanden, daß Albrecht der Bär die Länder Pribislwas erhielt; er begann den Krieg gegen Albrecht und eroberte 1157 die Mark Brandenburg. Es gelang Albrecht aber, ihn bald wieder zu vertreiben. An diese Vertreibung schließt sich die Sage:
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Jazko soll auf der Flucht, von Feinden verfolgt, auf den Bergen von Weinmeisterhorn (gegenüber der Halbinsel Schildhorn) an die Havel gekommen sein. Weil für ihn keine andere Rettung mehr zu erwarten war, gelobte er, dem Christentum beizutreten, wenn er das jenseitige Ufer erreicht. Darauf sei er mutig in die Fluten gesprengt und ist glücklich ans jenseitige Ufer gelangt, wo seine Tochter und ein Bischof seiner harrten. Sogleich habe er sich taufen lassen und soll zum Zeichen dafür seinen Schild und sein Horn an einer Eiche aufgehängt haben.
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Nach dieser Sage erhielt die Landzunge ihren Namen. Im Jahre 1845 errichtete Friedrich Wilhelm IV. an der Stelle der Eiche das Schildhorndenkmal, wie es die umseitige Abbildung zeigt.“
1964 Kurt Pomplum – Berlins alte Sagen – Erstausgabe, Seiten 46-48:

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„Das Dorf Pichelsdorf bei Spandau, bei dem die Havel einen großen See bildet, ist eines der ältesten in der ganzen Gegend; denn die Einwohner erzählen, daß es bereits zu jenen Zeiten vorhanden gewesen sei, als die Leute noch in der Erde wohnten.Dicht am Einfluß in den genannten See bildet die Havel mit demselben eine sich ziemlich weit hin streckende Landzunge, die an ihrem äußersten Ende steil zum Wasser abfällt. Bis zu diesem Punkte soll einmal in alten Kriegszeiten ein von seinen Feinden verfolgter Ritter gekommen sein. Bei seiner eiligen Flucht hatte er aber nicht bemerkt, daß sich ihm kein Ausgang darbot, und die Feinde riefen daher bereits triumphierend: „Nun haben wir ihn wie in einem Sack“, woher auch dies Stück Landes den Namen „der Sack“ erhalten hat. Aber der Ritter ließ den Mut nicht sinken und versuchte noch das letzte Mittel der Rettung: er gab seinem Rosse die Sporen und stürzte sich mit ihm in den See. Das wackere Tier strengte alle Kraft an und brachte seinen Herren glücklich an eine drüben in den See hineinragende Spitze. Da hängte der Ritter zum ewigen Andenken an den gefahrvollen Ritt Schild und Sperr an eine Eiche auf, und darum heißt die Landzunge bis auf den heutigen Tag das Schildhorn.

Seite 77/78 – Zur Chronik der Sage:
Die Sage erscheint zuerst bei Jacob Paul v. Grundling, Leben und Taten Markgrafs Albrecht d. Bären, 1730, S. 21, nennt aber als Schauplatz Sakrow bei Potsdam sowie Pribislav und Albrecht den Bären als Kontrahenten. Bekmann und Buchholz folgten Grundling. Beckmann (I, 984) schreibt: „Hiernächst gehet sie [die Havel] unweit Potsdam auf Sakro, den Ort, da Prebislaus der Wendische König nach der Schlacht mit Alberto Urso mit seinem Pferd durch die Havel soll gesetzet haben“.Auf Jaczo und das Schildhorn bezogen, findet sich die Sage zuerst bei Valentin Heinrich Schmidt, Über die Erwerbung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären, Berlin 1823, S. 45.Georg Sello, Potsdam und Sans-Souci, Breslau 1888, S. 150-164, insbes. S. 154ff., ist der Schildhornsage gegenüber sehr kritisch eingestellt und hält sie für eine Erfindung des Schmidt.

Auch Theodor Fontane befaßte sich in der Erstausgabe seiner „Wanderungen“ (S. 377-382) mit dem Schildhorn, hat das Kapitel aber in den späteren Auflagen weggelassen.

Ein zweites Schildhorn-Denkmal in Spandau-Weinmeisterhöhe, Gatower Straße 227, ist weithin unbekannt, weil es auf eingezäuntem und der Allgemeinheit nicht zugänglichem Gelände der Berliner Stadtentwässerung steht. Ein 1914 von dem Vorbesitzer des Grundstücks errichteter, zinnengeschmückter Rundturm trägt ein Relief mit der Inschrift: Has per fauces Jaczo, princeps Slavorum, ab Alberto Urso pulsus ad Havelam evasit Anno Domini MCLVII (Durch diese Schlucht wurde Jaczo, der Wendenfürst, 1157 von Albrecht den Bären verfolgt und in die Havel getrieben).“ – Siehe Jaczoturm/Jaczoschlucht
2002-
2003
Tagesspiegel (20.12.) – Weil sich die Unternehmen die Weihnachtsfeiern sparen, stehen viele Wirte vor der Pleite
Tagesspiegel (24.04.) – Trauriges Ende für das Wirtshaus Schildhorn
Tagesspiegel (31.05.) – Wirtshaus Schildhorn an der Havel öffnet unter Schweizer Regie
2004 Berliner Zeitung (19.06.) – Neuen Spielplatz auf Schildhorn
2012 Tagesspiegel (10.06.) – Schwimmen wie ein Slawenfürst

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GALERIE Schildhorn

GALERIE Schildhorndenkmal

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