Dahlemer Feld

Das “Dahlemer Feld” ist eine hübsche Heidelandschaft mitten im Grunewald. Ganz besonders schön zu belaufen frühmorgens bei Sonnenschein. Egal von wo man kommt, vorher geht es durch den dunklen Wald und dann plötzlich erstrahlt die Sonne und wenn man Glück hat, hängen an den Gräsern noch die funkelnden Tautropfen.

Einfach wunderbar.

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2007: „Das Dahlemer Feld ist eine ca. 30 ha große waldlose Fläche mit einzelnen Bäumen und Sträuchern. Bis Anfang der sechziger Jahre wurde diese Fläche durch die Domäne Dahlem landwirtschaftlich genutzt. Seit 1979 ist sie als erholungswirksame Fläche ausgewiesen.“

Nach dem Kartenmaterial ist das Feld erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, über die Nutzung durch die Domöne Dahlem hat mir Herr Stefan Erxleben 2014 freundlicherweise folgendes mitgeteilt:

Wer hat noch mehr Unterlagen/Bilder über das Dahlemer Feld oder kann als Zeitzeuge Angaben machen? Freue mich über jede Zuschrift. Zur Nutzungsanfrage bekam ich von der Domäne Dahlem folgende Antwort:

Nun zum Feldstück im Grunewald. In unserem Archiv befinden sich leider keinerlei detaillierte Unterlagen zur Nutzung dieses Feldstückes.
Aussagen hierüber hat unser Musemsdirektor, der sich mit diesen Themen in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre beschäftigt hatte, lediglich aus Gesprächen mit Zeitzeugen erhalten. Nach deren Aussage und den Recherchen unseres Direktors wurde das Feldstück bis in die 1950er Jahre und wahrscheinlich noch wenige Jahre darüber hinaus zur Futtergewinnung genutzt. Das Futter war für den auf der Domäne Dahlem bis 1973 gehaltenen Milchviehbestand vorgesehen. Bedingt durch die langen Transport – Wege und die extreme Streulage der wenigen Grünflächen wurden diese dann Mangels Wirtschaftlichkeit Ende der 1950er/ Anfang der 1960er Jahre zugunsten eines wirtschaftlicheren Futterzukaufes aufgegeben. Was genau auf der Fläche angebaut wurde, ob es reine Grün- und Wiesenfläche, Lupinenschläge oder Rübenfelder gewesen sein könnten, wissen wir einfach nicht mehr. Alles Weiter wäre Spekulation.

Jedoch vermute ich, dass sein tatsächlicher Ursprung als „Feld“ auf einen Flugzeugabsturz zurückgehen könnte? So schrieb 1950 Grunewaldforstmeister Alexander Schmook aus seiner Dienstzeit von 1929-33 auf Seite 102:

Zwischen dem Großen Stern und der Saubucht gab es da so eine große eingezäunte Fläche mit Dickungen und Kulturen, – sie ist inzwischen längst niedergebrannt – in die sich nur Holzdiebe und Wildinteressenten gelegentlich verliefen.

Vor Jahren war einmal ein Verkehrsflugzeug darin notgelandet und hatte eine Lücke in die Schonung gerissen, die beim Herausholen der Reste noch vergrößert werden mußte. Die dort zahlreichen Wildkarnickel verhindeten immer wieder erfolgreich eine Wiederaufforstung, so daß sich allmählich der Boden der Blöße mit Gras und Kräuern überzog. Eine Zeit lang wurde das Wild an dieser Stelle gefüttert. Mit den Hafergarben und dem Heu mochte Kleesamen dorthin gelangt sein. jedenfalls wuchs hier, als an der einzigsten Stelle im Grunewaldes, Klee, worauf ich durch „Ausfall aus der Hosentasche“ Seradella hinzufügte.

Um was für einen Absturz bzw. Notlandung es sich handelte, hatte ich mit Stand 2017 nicht herausgefunden. An dieser Stelle veröffentlichte Überlegungen habe ich wieder gelöscht, denn ich erhielt freundlicherweise von einem Leser, welcher sich seit zwanzig Jahren mit der zivilien Fliegerei beschäftigt, im Jahr 2022 folgende Informationen:

a) 02.05.1930: Preußisches Handelsministreium, Udet U 12 Flamingo, Kennung D-1291:

In der Galerie befinden sich über diesen Absturz/Notlandung zwei Zeitungsmeldungen. Diese Maschine blieb weiterhin in Betrieb und wurde im März 1934 zerstört (Quelle).

b) 28.06.1930: Luft Hansa, Junkers F24, Kennung D-1017:

Es dürfte sich um die Junkers F24 der Lufthansa am 28. Juni 1930 gehandelt haben. Es war ein Postflugzeug welches aus Tempelhof kam und gegen 16:00 Uhr wegen einer Motorstörung in der Nähe des Sportplatzes der Hochschule, in der Nähe des kleinen Stern notlandete und in eine Tannenschonung rollte. Dabei wurde das Fahrgestell und der Propeller zerstört und die Tragfläche beschädigt. Die zweiköpfige Besatzung blieb unverletzt. Das Flugzeug hatte die Zulassung D-1017 mit den Namen „Bayern“ und war ein Umbau aus dem Passagierflugzeug Junkers G24 aus den frühen zwanziger Jahren. … Die Junkers war auf dem Weg von Berlin über Essen nach Amsterdam. … Das Flugzeug wurde von der Feuerwehr Grunewald geborgen. … Das Flugzeug wurde wieder repariert und war dann weiterhin für die Lufthansa im Einsatz.

Über diesen Absturz/Notlandung befinden sich in der Galerie ebenfalls zwei Zeitungsmeldungen.

Auf der Webseite der „Arbeitsgemeinschaft Deutsche Luftfahrthistorik“ ist ein Artikel aus dem Jahr 1980 in der Zeitschrift „Luftfahrt International“ veröffentlicht, welcher zwar nicht den Absturz im Grunewald erwähnt, jedoch ausführlich den Flugzeugtyp F24 beschreibt und wo sich von der „D-1017 Bayern“ (ab 1934 „D-UDOP“) auch drei Fotos, jeweils auf dem Flughafen Tempelhof, befinden: LINK

In der Galerie befinden sich außerdem zahlreichen Lageplankarten und auch ein Luftbild aus dem Jahr 1928. Dieses Luftbild weist aus, dass das spätere Dahlemer Feld (Jagen 90) zu diesem Zeitpunkt bewaldet („mit Dickungen und Kulturen„?) war.

Es muss sich bei der Beschreibung der Absturzstelle(n) (auch) nicht um das heutige „Dahlemer Feld“ handeln, es kann auch ein anderes Jagen gewesen sein. Aber da Herr Schmook schreibt, dass es sich um „eine große eingezäunte Fläche“ gehandelt hat und dort Wildtiere gefüttert wurden, trifft die Beschreibung nicht nur allgemeinörtlich, sondern auch im Besonderen auf einen Teil des Jagen 90 zu, denn mir liegen zwei Karten aus den Jahren

demnach sich dort ein eingezäunter Wildpark/Gehege befand. Demnach wurde es auch Sinn machen, dass die Domäne Dahlem dann eine Fläche erhalten hat, die bereits vorher schon „frei“ war. Die Frage ist hierbei aber auch, ab wann genau die Domäne Dahlem den Jagen 90 überhaupt genutzt hat, bereits vor 1939, wo die Waldflächen des Grunewaldes noch intakt bzw. frei von Kriegseinwirkungen waren, erst ab der Kriegszeit, oder erst danach, wo weitere Teile der Waldflächen zerstört waren und wo die Domäne Dahlem vermutlich überall im Grunewald ein Jagen hätte erhalten können? Da die Domäne aber doch ein Jagen erhalten hat, das sich weit weg befand, vermute ich, dass die Domäne das Jagen 90 dann in der Zeit von ca. nach 1933 – ca. vor 1945 erhalten hat.

  • Ursprünglich umfasse das Dahlemer Feld den gesamten Jagen 90, heute jedoch nur noch den größten Teil davon.
  • In der West-Berliner Zeit gab es dort später ausweislich einen Spielplatz, heute ist davon jedoch nichts mehr erkennbar.
  • Auf dem Feld, sowie auf dem Nachbar-Jagen 91, befinden sich Wetterstationen der TU Berlin. Die Nachttemperaturen auf dem offenen Feld liegen etwa um 8 Grad tiefer als in der Innenstadt.
  • Anzumerken ist noch, dass die eine Hälfte des Jagen 90 um 1910 Teil des Wildparks/Geheges Barschsee/Saubucht war.
  • An der Nord-West-Ecke des Feldes ist ein Findling in den Erdboden eingelassen, welcher die Form eines Hinkelsteins hat. Auf diesem befand sich eine Zeichnung mit einem Wildschein. Leider wurde diese Zeichnung etwa 2007 zerstört. Wer näheres über diesen Stein weiß, woher er stammt, wann und von wem er dort aufgestellt wurde oder von wem die Zeichnung stammt, bitte melden.

Kulturbiotop Dahlemer Feld

Im Jahr 2012 wurde zunächst das halbe Feld eingezäunt. Später dann auch die andere Hälfte, wobei der Sandweg in der Mitte blieb. Wechselhaft werden heute im Sommer dort Schafe, bzw. auch Ziegen, gehalten. Die Begründung dafür wird auf einem Hinweisschild erklärt:

So weit, so gut. Das Dahlemer Feld gilt rechtlich als Biotop, so heißt es in § 20 des im Berliner Naturschutzgesetzes vom 29.05.2013: „Das Land Berlin schafft einen Biotopverbund, der mindestens 15 Prozent der Landesfläche umfasst […] Die oberste Behörde für Naturschutz und Landschaftspflege ermittelt die zur Funktionssicherung und Erreichung der Gesamtgröße geeigneten und erforderlichen Bestandteile des Biotopverbunds und stellt diesen im Landschaftsprogramm dar.

Auf der einen Seite ist das sehr gut und hat auch etwas sehr Nettes, kann doch der Stadtmensch dort Tiere sehen und ich selbst habe dort meinem jungen Hund an Schafe und Ziegen gewöhnt, so dass er völlig entspannt bleibt, wenn wir andernorts auf diese Tiere treffen, was uns in der Regel auch immer freut. Auf der anderen Seite ist aber leider so, dass der die Zäune optisch unschön sind und schaut man sich die beiden Feldflächen an, so sind die Böden bis zur Grasnarbe und alle Sträucher und Bäume bis in Kopfhöhe der Tiere kahlgefressen, so dass meine schöne Einleitung aus dem Jahre 2005 so leider nicht mehr zutrifft. Muss das wirklich so sein?

Mir gibt ein Absatz in dem Buch „Der Wald“ von Peter Wohlleben zu denken, Seiten 139-142:

Was ist eigentlich schützenswert….

Spoiler
Eine echte Naturlandschaft kann meiner Meinung nach nur das Gegenteil einer Kulturlandschaft sein. Bei uns wären das demnach …. reiner Urwald. Bei einer anderen Auslegung des Naturbegriffs bekommen wir ein Problem. Was ist beispielsweise mit Brasilien? Auf vielen einstigen Regenwaldflächen breiten sich Graslandschaften aus, die von völlig anderen Arten besiedelt werden. Das kann regional durchaus einen Anstieg der Biodiversität bedeuten und dennoch köme niemand auf den Gedanken, dies auch noch zu fördern. Würden die Brasilianer so etwas als Naturschutz bezeichnen, so ernteten sie in Europa nur Kopfschütteln.
Bei der bisher üblichen Verwendung des Begriffs Naturschutz ist es kein Wunder, dass die Wiege der deutschen Naturschutzgebiete in der Lüneburger Heide liegt. Die idyllische Landschaft mit ihren Wachholderbüschen, den Heidekrautpolstern und dem einsamen Schäfer, der seine Herde bewacht – gibt es ein schöneres Sinnbild für unberührte Natur?
Das Gelände wurde 1921 als einen der ersten in Deutschland unter Schutz gestellt. Und es ist ein Maßstab für die Art der Fürsorge geworden, die wir der Umwelt zuteilwerden lassen.
Die Lüneburger Heide war, wie jedes trockene Fleckchen Land in Mitteleuropa, einst ein alter Laubwald. Schon vor Jahrtausenden holzten ihn unsere Vorfahren ab, um Ackerflächen zu gewinnen. Immer wieder  konnten Buchen und Eichen Fuß fassen, bis damit vor etwa 1 000 Jahren endgültig Schluss war und der Mensch gesiegt hatte. Lange währte die Freude an der Landwirtschaft allerdings nicht, denn mangels künstlichen Düngers waren die Böden schnell ausgelaugt, so dass sie nicht mehr für den Getreideanbau taugten. Daraufhin breitete sich die Heide aus, die nur noch als Schafweide taugte. Und da Stroh Mangelware war, rissen die Bauern die kleinen Sträucher aus und nutzen sie als Einstreu in den Viehställen. Dieser Raubbau an Nährstoffen und Humus zerstörten die Flächen endgültig und die kargen, trostlosen Landschaften waren lange Zeit ein Bild des Elends. Viel schlimmer konnte man in vorindustrieller keine Umweltzerstörung betreiben. Im 20. Jahrhundert änderte sich jedoch die Wahrnehmung und die Bevölkerung der wachsenden Ballungsgebiete empfand die Heide als romantische Natur. Die Sehnsucht nach der heilen Welt gipfelte in dem Heimatfilm „Grün ist die Heide“ (1932 / 1951 / 1972) in welchem vor der Kulisse des Lüneburger Naturschutzgebietes Förster, Wilderer und Gutsbesitzer aufeinandertreffen.
Und was macht die Natur mit diesem Kleinod? Sie will es einfach wieder zu Wald werden lassen, was der natürliche Werdegang der meisten Ökosysteme Mitteleuropas wäre. Am Anfang siedeln sich Bäume an, die mit ihren Samen schnell große Strecken überbrücken können. Birken, Weiden und Zitterpappeln erobern das Terrain. Sie gehen sehr verschwenderisch mit dem Licht um, sodass unter ihren lockeren Kronen in den nächsten Jahrzehnten Eichen, vor allem aber Buchen nachrücken können – beziehungsweise könnten. Den die Naturschützer halten die Heide für so erhaltenswert, dass sie sie mit allen Mitteln verteidigen, und zwar überall, nicht nur in Lüneburg. Die harmloseste Waffe ist noch der Schäfer mit seinen Schafen. Die hungrigen Tiere fressen mit Vorliebe an den jungen Bäumchen, ähnlich den Rehen und Hirschen im Wald. Birken und Weiden werden so noch als einjährige Bäume beseitigt.
(… weiter werden dann weitere drastische Maßnahmen beschrieben, wie die Humusbildung in der Lüneburger Heide verhindert werden soll, was in Bezug auf das Dahlemer Feld jedoch keine Rolle spielt …)
Ersetzen sie Heide durch Weinberge, Magerwiesen oder Streuobstbestände. In all diesen Landschaften wird der Wald gewaltsam an der Rückkehr gehindert. Nicht dass ich das alles kategorisch ablehnen würde. Alte Kulturformen sind schützenswert, genauso wie etwa denkmalgeschützte Häuser im Freilichtmuseum. Auch ich finde es romantisch, alte Zeiten wieder aufleben zu lassen. Was mich stört, ist die in meinen Augen irreführende Benutzung des Begriffs Natur bzw. Naturschutz. Wäre die Lüneburger Heide als Kulturschutzgebiet deklariert, so wüsste jeder Besucher, dass hier eine historische Nutzungsform wiederbelebt wird. Allerdings würde dann auch deutlich, wie wenig Fläche wir tatsächlich ohne jegliche Manipulation belassen.

In diesem Sinne müssen Sie sich, lieber Besucher des Dahlemer Feldes, vor Augen führen, dass die Haltung von Schafen und die Konservierung  eines Biotops hier nichts anderes bedeutet, als die natürlich Waldbildung zu verhindern und das vor dem Hintergrund, dass wegen des Klimawandels im Rahmen der GruneWaldPflege massiv Bäume, insbesondere Kiefern, gefällt werden, weil die Berliner Forsten einen bestimmten (Laub)Mischwald schaffen möchten. Hier aber wird die Bildung von Wald verhindert. Und nicht nur das, es wird damit eine sich aufheizende, trockene und nicht wasserbindende Freifläche  künstlich angelegt, und das leider auch vor der Historie, dass es sich bei dem Dahlemer Feld nicht einmal um eine traditionelle, jahrhundertealte Kulturlandschaft handelt, sondern erst um ein Produkt der Neuzeit, als Folge der Anlage einer Gärtnerei (1952 / 1953), oder aber möglicherweise sogar als Folge eines Flugzeugabsturzes, oder ganz genau genommen, weil dort Wildtiere gefüttert und Herrn Schmook zufällig einige Samen Seradella aus der Hosentasche gefallen sind.

Warum ist es dem Land Berlin nicht möglich, das Feld einfach sich selbst zu überlassen und ihm zu erlauben zu einem Wald zu werden?

Uwe Gerber, 2005 – 2017